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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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den Schnaps, machte den Strich auf seinen Bierdeckel und setzte sich. Diesmal aber nicht an seinen Tisch, sondern an einen anderen. Eine Unterhaltung von Tisch zu Tisch sozusagen.
    »Ich denk, Sie sind Polizist?«
    »Erstens bin ich bei der Mordkommission. Aber so weit sind wir noch nicht. Und zweitens ist er der Wirt. Ihm gehört doch das Wirtshaus.«
    »Soll das heißen, dass der das darf?«
    »SindS’ froh, dass Sie noch eine Arbeit haben. Es gibt viele, die haben überhaupt keine Chance mehr. Mehr, als Sie ahnen.«
    »Der Mann will auf seine Frau nicht mehr zurückgreifen. Und zahlen will er natürlich auch nichts dafür. Aber ich bin jetzt selbst in einem Alter, wo ich auf der Kippe steh. Ich bin Ende vierzig, Herr Kommissar. Bald bin ich auch eine, auf die keiner mehr zurückgreift. Was dann?«
    »Dann kommt’s drauf an.«
    »Auf was?«
    »Auf den Zufall. Ich bin wie gesagt von der Mordkommission. Ich kann Ihnen das alles nur aus meiner Warte beantworten, und so weit sind wir noch nicht. Aber gesetzt den Fall, dass der Wirt Sie ausrangiert, was er ja früher oder später tun wird, dann gibt’s viele Möglichkeiten. Das hängt dann davon ab, wie ausweglos Ihre persönliche Situation ansonsten ist, wie verzweifelt Sie sind und wie viel Wut in Ihnen steckt. Das kann man jetzt alles noch nicht sagen. Aber das kommt noch.«
    »Was soll jetzt das heißen?«
    »Es ist überhaupt nicht gesagt, dass Sie sich dann den Wirt vorknöpfen, obwohl er ja sozusagen der Verursacher Ihrer Wut ist. Ich hab mal einen Fall gehabt, da hat ein junger Mann ein Maderl abgekragelt, die war siebzehn Jahre alt und die hat er überhaupt nicht gekannt. Der hat nicht mal gewusst, warum. Ich hab ihn ganz direkt gefragt: Warum hast du das Maderl erwürgt? Und wissenS’, was der gesagt hat? › Ich bin immer schon ein bisserl energisch gewesen. ‹ Der war völlig ahnungslos. Viele Mörder sind völlig ahnungslos.«
    »Das versteh ich jetzt nicht.«
    »Ganz einfach. Am Abend davor hat dem seine Freundin mit ihm Schluss gemacht. Weil er ihr zu eifersüchtig war, immer geschimpft hat, wenn sie mit anderen rumgemacht hat, und solche Sachen. Da hat er noch nicht reagiert. Erst am nächsten Tag hat er reagiert. Also es ist überhaupt noch nicht gesagt, dass Sie den Wirt abkrageln, wenn er Sie ausrangiert, nachdem er Sie dermaßen gedemütigt hat. Das kann auch ein zufälliger Bekannter sein, der dann dran glauben muss. Oder ein Unbekannter, der Ihnen grad über den Weg läuft.«
    Sie sprang augenblicklich von ihrem Stuhl auf.
    »Ja, glauben Sie etwa, dass ich… in mir steckt doch keine Mörderin!«
    »Das sagen alle. Das hab ich schon so oft gehört, diesen Satz. Damit könnenS’ mich nicht mehr beeindrucken.«
    »Sie sind ja betrunken!«
    »Ich bin seit über zwanzig Jahren im Dienst. Ob betrunken oder nicht, das spielt bei mir schon lang keine Rolle mehr. Zahlen.«
    Sie schnappte sich den Bierdeckel.
    »Sieben Bier und elf Obstler… macht achtundvierzig Euro.«
    »Fuffzig. Stimmt so.«
    »Danke.«

13
    Es ist schwer zu sagen, ob sie Kreuzeders Einsamkeit kurzfristig versüßen wollte oder ihre eigene oder ob es die pure Verzweiflung war oder alles zusammen. Vielleicht war ihr auch alles egal. Jedenfalls hinkte die Kellnerin in dieser Nacht hinter ihm her, als er vom Wirtshaus zu seinem Auto wankte. Das Pflaster war von einem kurzen Regenschauer noch nass, und die Fenster der Häuser waren dunkel. Es roch nach frisch gewaschenem Staub, und die Bichler lamentierte.
    »Der Helmut ist im Bett ein Egoist. Wenn ich auf mein Zimmer geh, dann taucht er dort irgendwann auf, und dann muss ich ihm zu Willen sein. Der macht kurzen Prozess mit mir und verzieht sich gleich wieder, und zwar grußlos.«
    »Das ist mir wurscht.«
    »Es gibt keine Kavaliere mehr. Überhaupt keine. Wenn Sie ein Kavalier wären, dann tätenS’ mir jetzt Ihre Hilfe anbieten.«
    »Ich bin kein Samariter.«
    »Es geht nur drum, dass er mal ein leeres Bett vorfindet, wenn er in mein Zimmer kommt.«
    »Daher weht der Wind.«
    »Wenn Sie nicht so ungepflegt wären, dann täten Sie für mich in Frage kommen. Als Alternative, mein ich. Oder sind Sie auch ein Egoist im Bett?«
    »Ich will vor allem meine Ruh und sonst gar nichts.«
    »Momentan bräucht ich nämlich ausnahmsweise jemand, der eine freundliche Ader hat und gut zu mir ist. So jemand such ich schon lang vergebens. Ich will jetzt nicht in meinem Zimmer sein, wenn der Helmut kommt, das ist alles.«
    »Ich hab nur ein Bett,

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