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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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abzulesen, und er war noch nicht fertig. Er informierte den Rektor, dass sich der Gesundheitszustand der beiden Patienten – Slough und Vine – verschlechtert hatte. Jute setzte sich wieder. Die Eltern seien bereits verständigt, sagte der Doktor, aber er nahm an, die Schule interessiere das auch. Natürlich, beteuerte Jute. Man musste ihm zugutehalten, dass er ein paar Sekunden aufrichtiges Mitgefühl empfand, bevor er auflegte und sich überlegte, was, zum Teufel, er tun sollte.
    Wenn die beiden auch starben, dann hatte die Schule drei tote Schüler zu beklagen.
    Gott, das würde landesweit Schlagzeilen machen.
    Jute ging zu dem Wandkalender. Lieber Gott – er hatte heute Abend ein Dinner in London, mit dem Schulvorstand. Die vierteljährliche Finanzbesprechung mit den Buchhaltern sollte um sechs Uhr beginnen (sein Wagen dürfte bald hier sein), anschließend aßen sie gemeinsam zu Abend. Ausgerechnet heute! Er nahm den Plastikordner mit der Vierteljahresbilanz vom Schreibtisch. Sie erschien ihm im Augenblick vollkommen bedeutungslos. Allerdings, überlegte er, ist dies vielleicht eine gute Gelegenheit. Ja, es könnte ein Glückstreffer sein … denn falls sich die Situation in der Schule zum Schlechteren entwickelte – und davon war auszugehen –, würde er die Unterstützung des Vorstands brauchen. Er musste zeigen, dass er dieSituation, an der er keinerlei Schuld trug, mit Klarheit und Elan meisterte. Richtig. Er würde jetzt gleich die wichtigsten Vorstandsmitglieder –  Hovey, Gorensen, Brothers und Jeffery – anrufen und auf die Neuigkeiten vorbereiten. Beim Dinner konnte er dann die Dinge in den richtigen Kontext bringen  … Jute kritzelte Stichworte auf ein Blatt Papier. Er rief Margaret herein und bat sie um die Handynummern der vier. Nach den Telefonaten würde er duschen, sich umziehen und für die Schlacht rüsten. Ihm blieb gerade genug Zeit – für all das.
    Stunden später, als sich Colin Jutes Auto durch den Verkehr am Piccadilly zum Cavalry und Guards Club schlängelte, kehrten Horden von Harrowianern in ihre Häuser zurück.
    Sie stiegen in Gruppen die Böschung vor dem Speisesaal hinauf und plapperten aufgeregt. Jeder Beobachter hätte angenommen, dass sich die Schüler nach langen Ferien zum ersten Mal wiedersahen und sich jede Menge zu erzählen hatten. Aber in diesem Fall war keine längere Trennung die Ursache für die Kameraderie, sondern vielmehr die Nervenanspannung. Die Dankbarkeit, dass sie bisher überlebt hatten und die Schule nicht geschlossen worden war; auch wenn sich die Katastrophe morgen möglicherweise ausweitete, war es eher unwahrscheinlich, dass sich heute noch etwas tat. Sie hatten ein paar unbeaufsichtigte Stunden vor sich, in denen sie sich abreagieren konnten. Die Jungs aus der Abschlussklasse rechneten nach, wie viel von ihrem Bierkontingent sie noch übrig hatten. Die Kleinen machten Inventur von ihren Süßigkeiten. So etwas wie Übermut kurz vor dem Weltuntergang machte sich breit. Sie würden heute ihren Spaßhaben, auch wenn es der letzte gemeinsame Abend sein sollte.
    Es gab Ausnahmen. Vier Schüler schauten auf ihre Uhren und wichen den neugierigen Blicken ihrer Altersgenossen aus, als sie in ihre Zimmer gingen. Diese Jungs – alle aus der Abschlussklasse – wurden in den Gemeinschaftsräumen nicht vermisst. Sie waren keine Stimmungskanonen. Eilends tauschten sie ihre grauen Hosen gegen die gestreiften, zogen die schwarzen Seidenwesten über die weißen Hemden mit schwarzen Krawatten und schlüpften in ihre Gehröcke. Zu guter Letzt fuhren sie sich noch einmal mit dem Kamm durch die Haare. Dann machten sie sich aus verschiedenen Richtungen auf den Weg zum Gebäude der Altphilologie  – zum Treffen des Essay Club.
    Father Peter begleitete Fawkes. Der Kaplan hatte eine Aktentasche bei sich, in der sich ein kleines Heftchen mit dem Siegel der Diözese von Worcester, ein Gebetbuch, eine Flasche mit Wasser und ein Fichtenzweig befanden, den Father Peter am Morgen bei seinem Sechs-Uhr-Jogging von einem Baum gebrochen hatte.
    Fawkes’ gerade Haltung verriet beinahe Selbstachtung. Nachdem er in aller Herrgottsfrühe die Ginflasche in seiner Wohnung gefunden hatte, war er als Sieger eines erbitterten inneren Kampfes hervorgegangen  – sein Herz hämmerte vor Verlangen, als stünde eine nackte Frau vor ihm und würde sich bereitwillig anbieten. Doch er hatte dem Drang widerstanden und den Gin mit – halb angewidert, halb bedauernd  –

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