Weißglut
die andere Seite des Bettes zu krabbeln, aber wieder packte er sie an den Haaren und riss sie zurück. Er setzte die Messerspitze an ihre Wange und lachte, als sie völlig erstarrte.
»Dacht ich’s mir doch, dass du dann still bleiben würdest. Du möchtest doch nicht, dass deinem hübschen Gesicht was passiert, oder?« Er stieß ihre Knie auseinander und stellte sich zwischen ihre Schenkel, sodass seine Hüfte direkt vor ihrem Gesicht schwebte. »Du hast ein verflucht freches Mundwerk, aber ich wüsste schon, wie ich es stopfen könnte.«
»Dafür müsstest du mich umbringen.«
»Keine schlechte Idee.«
Genau in diesem Moment sprang die Klimaanlage mit ihrem üblichen Klappern und Rattern wieder an. Das plötzliche Geräusch ließ ihn zusammenzucken, und er drehte erschrocken den Kopf zur Seite. Als er begriffen hatte, woher der Lärm kam, war er sichtbar erleichtert, aber es hatte ihm trotzdem Angst gemacht. Er ließ ihre Haare los und trat nervös einen Schritt zurück.
»Ich würde die Situation ja liebend gern ausnutzen, aber ich war schon zu lange hier.« Er griff nach der Bibel und schüttelte sie vor ihrem Gesicht. »Sag Sheriff Harper, er soll seine Bibel lesen. Das Kapitel mit Kain und Abel. Und gib dir Mühe, wenn du mit ihm redest, denn wenn ich vor Gericht kommen sollte, weil ich einen Hoyle getötet haben soll, dann kann ich genauso gut wirklich einen kaltmachen.«
Er zog die Messerklinge über ihre Brustwarze. »Und ich hatte schon immer eine Schwäche für Rotschöpfe.«
Sie wartete bereits mit Sheriff Harper und Deputy Scott in Reds Büro, als Beck eintraf. Genau wie sie sah er ziemlich mitgenommen aus.
Sie hatte die Streikposten gesehen, als sie an der Gießerei vorbeigefahren war, allerdings hatte der Anblick sie nicht überrascht, nachdem sie am Abend zuvor mit Clark Daly telefoniert hatte. Er hatte sie kurz nach ihrer Rückkehr aus New Orleans angerufen. Da war er im Pausenraum des Werkes gewesen und hatte das Handy eines Kollegen benutzt. Seine Stimme hatte ganz aufgeregt geklungen, weil sie schon solche Fortschritte gemacht hatten.
»Ich habe ein paar von Huffs Handlangern ausfindig gemacht und die Männer gewarnt aufzupassen, was sie in ihrer Nähe sagen, weil es sofort an Huff weitergetragen würde.« Außerdem, erzählte er, würden ein paar Männer, denen er vertraute, alles tun, dass Billy Pauliks Unfall nicht in Vergessenheit geriete.
»Nielson hat seine Streikposten geschickt. Huff hat eine Ansprache gehalten, aber damit hat er uns längst nicht so eingeschüchtert, wie er gehofft hatte. Es sieht gar nicht so schlecht aus, Sayre. Ich gebe dir so bald wie möglich den neuesten Stand der Dinge durch.«
Er hatte sich richtig aufgekratzt angehört. In seiner Stimme hatte eine Zuversicht gelegen, die es gerechtfertigt erscheinen ließ, ihn mit einer so wichtige Sache betraut zu haben. Seither hatte sie keine weiteren Meldungen erhalten, aber offenbar war die Unzufriedenheit unter den Arbeitern während der Nacht noch gewachsen, ungeachtet aller Versuche Huffs, sie im Keim zu ersticken. Heute waren bereits einige von Huffs Angestellten unter den Streikposten.
Das erklärte auch Becks übermüdetes Gesicht, als er in Reds Büro trat und grimmig einen guten Morgen wünschte.
Sie wünschten ihm im Chor ebenfalls einen guten Morgen, obwohl keiner so klang, als würde er es ernst meinen. Beck setzte sich auf den freien Stuhl neben ihrem, direkt vor Reds Schreibtisch. Wayne Scott blieb stehen.
»Wie ist die Lage drüben im Werk?«, fragte der Sheriff.
»Heiß.«
»Angeblich sollen es heute bis zu vierzig Grad werden«, bemerkte Scott, und Sayre fragte sich, ob er tatsächlich glaubte, dass Beck von den Tagestemperaturen gesprochen hatte.
Beck ignorierte ihn und beantwortete Reds Frage ausführlicher. »Als heute Morgen um sieben die Frühschicht antrat, waren bereits ein paar Dutzend Streikposten da, um sie zu begrüßen. Ein paar von unseren Männern haben ihre Flugblätter mitgenommen, und manche haben sich den Streikenden sogar angeschlossen, was die Arbeiter, die zu Hoyle halten, zur Weißglut treibt.
Die Gemüter kochen über. Ich weiß nicht, wie lange wir den Deckel noch draufhalten können. Ich hänge ständig am Telefon, um Nielson zu erreichen, der die Lage vielleicht entspannen könnte, aber er ruft nicht zurück.« Dann wandte er sich unvermittelt an Sayre und fragte: »Hast du von ihm gehört?«
Es war ihr erster Augenkontakt, seit er in den Raum getreten war,
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