Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
Kopf in den Nacken und fing an, wie verrückt abzurocken.
»Take my hand, and we’ll make it, I swea-ear! Whow-oh, livin’ on a prayer!«
Das Verrückte daran war: Patrick war wirklich gut. Sogar sehr, sehr gut. Ich war absolut beeindruckt. »Wow! Du solltest es mal bei Amerika sucht den Superstar versuchen!«
Er lächelte und warf mir ein unsichtbares Mikrofon zu. »Wagen wir ein Duett?«
Ich gab mein Bestes, aber nach ungefähr fünf Sekunden Gekreische bekamen wir beide einen hysterischen Lachanfall. Patrick hatte mein einziges Manko entdeckt, aber was soll’s. Das Lachen tat gut. Besser gesagt: Ich fühlte mich fantastisch.
Alles ist jetzt wieder in Ordnung. Alles wird gut.
Patrick lächelte mich an, und ich lächelte zurück.
Brie?, hörte ich ihn flüstern. Erinnerst du dich …
»Hey!«, rief ich, als wir am Bauernmarkt vorbeifuhren. Verwirrt schaute ich über die Schulter zurück. »Dad, was machst du denn? Du hättest doch hier abbiegen müssen.«
Fährt er etwa auf einer anderen Strecke nach Hause? Seltsam.
Wir rasten den Highway entlang und fuhren an einer vertrauten Straße nach der anderen vorbei.
Vielleicht will er für Mom noch irgendwo Blumen kaufen oder so?
Als wir an eine rote Ampel kamen, schaltete Dad den Blinker ein.
»Dad, warum biegst du hier ab?«
Er wartete zwei vorbeifahrende Autos ab und bog dann links auf den Parkplatz des Hilton Hotels ein.
Was will er denn im Hilton?
Dad parkte, löste den Sicherheitsgurt und stieg aus.
Was zum Teufel hat er vor?
Patrick wagte keine Vermutung. Er war genauso ahnungslos wie ich.
Wir folgten Dad durch die Hotellobby mit den freundlichen Pagen und den mächtigen Kronleuchtern und künstlichen Palmen. Dann stiegen wir neben ihm in den Aufzug und fuhren in den elften Stock hinauf.
Elf, meine Glückszahl.
Wir folgten ihm den langen, mit Teppichboden ausgelegten Gang entlang. Bis er vor Zimmer 1108 hielt. Er klopfte zweimal. Ich hörte, wie jemand von innen aufschloss. Die Tür ging auf.
Eine Frau stand auf der Schwelle.
Ich erstarrte.
Nein.
Blondes, kurzes Haar. Hellblaue Augen.
Nein.
»Daniel.«
»Sarah.«
Mrs. Brenner?
Mir stockte der Atem. Meine Lehrerin. Meine Nachbarin. Die beste Freundin meiner Mutter.
Dad stellte seinen Aktenkoffer ab. Löste seine Krawatte. Bevor ich begriffen hatte, was da vor sich ging, brach er schluchzend zusammen. Er weinte erst leise, dann immer lauter, bis er vollkommen aufgelöst in ihre Arme sank.
Nein, bitte. Bitte nicht.
»Unglaublich«, flüsterte Patrick.
O mein Gott, mir wird schlecht.
Und dann umarmten sie sich.
Und küssten sich.
Und dann rannte ich den Gang zurück, ohne mich nochmals
umzuschauen.
17
shot through the heart,
and you are to blame
In meinen Kopf drehte sich alles. Ich wusste nicht genau, was ich tat oder wohin ich lief oder wie viel Uhr es war – ich wusste nicht einmal, welches Jahr g erade war. Alles, was ich wusste, war, dass man mich belogen hatte. Meine ganze Welt, mein ganzes Leben, mein ganzes Sein fühlten sich an wie ein einziger Witz, der überhaupt nicht komisch war.
Wenn deine Eltern – zwei Menschen, die sich so vollkommen und ganz und gar lieben, dass jeder, der sie sieht, weiß, dass sie füreinander bestimmt sind – wenn nicht einmal SIE es auf die Reihe bringen, wie in aller Welt soll dann ein Mädchen wie ich weiterhin an Dinge wie Liebe, Familie und »für immer« glauben?
Ich war so schrecklich wütend. Wütend auf Dad, dass er alles kaputt gemacht hatte. Wütend auf Mrs. Brenner, dass sie meine ganze Familie zerstört hatte. Wütend auf Jakob, der in mein glückliches, sorgloses Leben gekommen war, ohne dass ich ihn je darum gebeten hatte. Sogar auf Patrick war ich wütend, weil er mich zurückgebracht hatte und ich das alles mit ansehen musste. Ich konnte ihn nicht einmal anschauen, so wütend war ich.
In meiner ganzen Ich-habe-gerade-meinen-Dad-mit-einer-anderen-Frau-erwischt-Wut hatte ich mich offenbar vom Hilton direkt ins Zentrum von Half Moon Bay gebeamt. Dabei hatte ich nicht einmal eine Sturzlandung hingelegt, was ziemlich erstaunlich war. Zu dumm, dass ich nicht in der Stimmung war, um damit anzugeben.
»Willst du darüber reden?«, fragte Patrick, nachdem er mich gefunden hatte.
»Nö.«
Kurz. Höflich. Auf den Punkt gebracht.
Auf der anderen Seite der Hauptstraße summte ein alter Hippie einen Song von Neil Young, den ich wiedererkannte. Es war einer von Dads Lieblingssongs.
Because I’m still in love with you, I
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