Weiter weg
aber auch!», blaffte er zurück –, und ich sagte, Leute wie wir fürchteten uns so sehr davor, die Kontrolle zu lockern, dass wir uns manchmal nur dazu bewegen könnten, uns zu öffnen und zu ändern, indem wir uns in tiefes Elend und an den Rand der Selbstzerstörung brächten. Ich sagte, er habe seine Medikamente deshalb abgesetzt, weil er erwachsen werden und ein besseres Leben haben wolle. Ich sagte, seine besten Werke lägen bestimmt noch vor ihm. Worauf er sagte: «Die Geschichte gefällt mir. Tust du mir den Gefallen und rufst mich alle vier, fünf Tage an und erzählst sie mir noch mal?»
Leider gab es nur noch eine Gelegenheit, ihm die Geschichte zu erzählen, und da hörte er sie schon nicht mehr. Er durchlitt scheußliche Ängste und Qualen, die ihn von einer Minute auf die andere überfielen. Als ich ihn danach anzurufen versuchte, nahm er gar nicht mehr ab und reagierte auch nicht auf Nachrichten. Er war in den Schacht der unendlichen Traurigkeit hinabgestiegen, von Geschichten nicht mehr zu erreichen, und er hat es nicht mehr herausgeschafft. Aber er hatte eine wunderschöne, sehnsuchtsvolle Unschuld, und er hat es versucht.
(Übersetzt von Eike Schönfeld)
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Der chinesische Papageitaucher
Der Papageitaucher war ein Weihnachtsgeschenk von meinem Bruder Bob. Er steckte in einer unbeschrifteten Plastikhülle und sollte wohl eine Art Puppe oder Plüschtier sein. Er hatte einen flauschigen Körper und einen großen, orangefarbenen Schnabel, der danach schrie, gedrückt zu werden, und seine Augen saßen in schwarzen Felldreiecken, was ihm eine gewisse Trauer, Sorge oder beginnende Missbilligung verlieh. Der Vogel sprach mich sofort an. Ich stattete ihn mit einer komischen Stimme und Persönlichkeit aus und belustigte damit die Kalifornierin, mit der ich zusammenlebe. Ich schickte Bob einen begeisterten Dankesbrief, auf den hin er mir mitteilte, der Papageitaucher sei kein Spielzeug, sondern ein Golfzubehör. Er hatte ihn im Proshop vom Bandon Dunes gekauft, einem Golfhotel im Südwesten Oregons, um mich daran zu erinnern, wie viel Freude ich mit Golfspielen und Vogelbeobachten in Oregon haben könnte, wo er lebt. Der Papageitaucher war eine Golfschlägerhaube.
Mein Problem mit Golf ist, dass mir, obwohl ich es aus Geselligkeitsgründen ein-, zweimal im Jahr spiele, fast alles daran missfällt. Der Sinn dieses Spiels scheint mir in der methodischen Einschläferung arbeitstagsgroßer Zeitbrocken wohlhabender weißer Männer zu bestehen. Golf frisst Land, säuft Wasser, vertreibt Wildtiere, fördert Zersiedelung. Mir missfällt die Selbstgefälligkeit der Etikette, die aufgeblasene Ehrfurcht der Fernsehkommentatoren. Vor allem missfällt mir, wie schlecht ich Golf spiele. Rückwärts gelesen wird aus Golf «flog», was im Englischen prügeln, (Zeit) totschlagen heißt.
Immerhin besitze ich einen Satz billiger Schläger, aber es war ausgeschlossen, meinen Papageitaucher auf einen draufzustülpen. Die Kalifornierin pflegte ihn jeden Abend im Bett an sich zu drücken. Überhaupt hatte der Papageitaucher sich schnell zu einem kleinen Mitglied der Hausgemeinschaft gemausert. Draußen, in der Welt der Natur, litten die echten Papageitaucher (wie viele andere Seevögel) stark unter der Überfischung der Ozeane und der Verschlechterung ihrer Nistplätze, doch von New York aus konnte Natur etwas Kaltes und Abstraktes, nicht unbedingt Liebenswertes sein. Das Spielzeug war plüschig und konkret.
In Jane Smileys großartigem Roman Die Grönland-Saga findet sich die Geschichte von einem altnordischen Bauern, der ein Eisbärjunges bei sich aufnimmt und wie einen Sohn großzieht. Zwar lernt der Bär Lesen, aber er bleibt eben doch ein Bär und hat den gewaltigen Appetit eines Bären, und nach und nach frisst er alle Schafe des Bauern auf. Der Bauer weiß, dass er den Bären loswerden muss, aber er bringt es nicht über sich, weil der Bär (dem Refrain der Geschichte zufolge) so ein schönes weiches Fell und so schöne dunkle Augen hat. Für Smiley ist der Bär die Metapher für eine destruktive Leidenschaft, zu angenehm, als dass man ihr widerstehen könnte. Aber die Geschichte funktioniert auch als schlichte Warnung vor sentimentaler Vergötterung. Der Homo sapiens ist dasjenige Tier, das entgegen dem rauen Naturgesetz glauben will, andere Tiere seien Teil seiner Familie. Ich kann ziemlich gute ethische Argumente für unsere Verantwortung gegenüber anderen Arten anführen, und dennoch
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