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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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halben Stunde
meine neuen Fähigkeiten blockiert hat. Bloß, dass sie sie jetzt nicht mehr blockiert. Nicht mehr, seit jemand anders in Adrian gefahren ist.
    Der struppige Haufen ist noch sechs oder sieben Meter entfernt und stürzt auf uns zu.
    »Tem, Liebster«, sagt Adrian. »Ich glaube, du kannst jetzt handeln. Am besten so schnell wie möglich. Aber lass Madame d’O in Ruhe. Ich muss mit ihr reden.«
    Das Bewusstsein des Mädchens ist unzugänglich. Mit den anderen - ihren Betreuern, dem Professore, den Muskelgestalten und spezialisierten Adepten und auch einem Typen namens Kleist, der von weiter hinten heraneilt - werde ich locker fertig. Sie halten sich auf einmal alle für Touristen und schlendern in verschiedene Richtungen davon, um die schönen Aussichten zu genießen. Den gleichen Streich spiele ich den Mitgliedern der Interventionseinheiten, die Befehl erhalten haben, sofort umzukehren, und dabei sind, sich auf der Rialtobrücke zu versammeln. Die Gruppe im Boot - das soeben auf dem Canal Grande knapp vor der Brücke das Tempolimit überschreitet und eine Welle von Rufen und Hupgeräuschen hinter sich herzieht - beschließt einstimmig, sich auf Burano ein Eis zu gönnen. Allerdings wird sie sowieso in wenigen Minuten in der Nähe des Bahnhofs von einer Polizeipatrouille aufgehalten werden.
    Inzwischen haben alle Expédience-Agenten mit widerwillig verdutztem Gesicht ihre Waffen aus der Tasche gezogen und sie zwischen Daumen und Finger haltend entsorgt. Vier Taser und sechs Pistolen sind in den Kanälen bei all den anderen Geheimnissen gelandet, die die Wellen im Lauf der Jahrhunderte verborgen haben. Das gesamte Fragre des Ortes ist auf einmal deutlich entspannter.
    Nachdem Madame d’Ortolan ihre Verwirrung überwunden
hat, brüllt sie wütend ihre Leute an, die mit großen Augen und grinsend davonflanieren, ohne auf sie zu achten. »Mr. Kleist! Loscelles! Mr. Kleist! «
    Nur Bisquitine bleibt ungerührt und beobachtet zerstreut, wie die Leute um sie herum verschwinden. »Zwielichtige Geschichte.« Sinnierend bohrt sie in der Nase. »Ham wohl was anderes zu tun mit ihren Schuhn.«
    So habe ich Zeit, mich an Adrian zu wenden. »Mrs. M?«
    Sie lässt Adrian nicken. »In der Tat. Hallo Tem. Bin froh, dass du dich so entschieden hast. Willkommen an Bord.«
    »Du kannst in jemanden springen, der schon mal transportiert wurde?«
    Sie breitete Adrians Arme aus. »Wie du siehst. Zumindest, wenn er mir seinen ersten Wechsel zu verdanken hat. Guter Trick, was? Ich habe meine Talente weiterentwickelt. Aber du offenbar auch. Gratulation.«
    »Die Leute auf der Liste?«
    »In Sicherheit. Hab sie alle noch rechtzeitig erreicht.« Sie zwinkert mir zu. »Du schuldest mir was.«
    »Und was jetzt?«
    »Jetzt musst du leider gehen, mein Liebster.« Sie zieht die Stahlkassette aus der Jacke, die Adrian mitgebracht hat. »Nimm das und verschwinde, Tem. Und damit meine ich gründlich, ganz weit weg, spurlos.« Sie beobachtet Madame d’Ortolan, die nach kurzer Unentschlossenheit das Wort an das Mädchen in dem weißen Bademantel richtet und sich wieder in Bewegung setzt. Sie dreht sich zurück zu mir. »Egal, was hier passiert, du musst weg. Selbst wenn die Guten das Ruder im Konzern übernehmen, ist es möglich, dass sie dich suchen, um dein Gehirn zu zerpflücken und rauszufinden, wie du ohne Septus springen kannst. Oder aber sie bringen dich einfach um.« Lächelnd deutet
sie auf die Kassette. »Das brauchst du bald nicht mehr.« Erneut huscht ihr Blick zu Madame d’Ortolan, die eine Gruppe lachender Chinesinnen wegschieben muss, um zu uns zu gelangen. »Also los jetzt.« Sie drückt mir die Kassette in die Hand. »Du hast getan, was du konntest. Jetzt bin ich an der Reihe. Hoffentlich sehen wir uns wieder.« Kurz drückt sie mir einen Finger auf die Lippen, dann wendet sie sich zu Madame d’Ortolan um.

MRS. MULVERHILL
    Die wütende Frau in dem orangefarbenen Jumpsuit aus Velours tritt auf den Mann in der hellbraunen Jacke zu, ohne das Gewühl von Passanten zu beachten. Das Mädchen in dem weißen Frotteemantel folgt ihr unentschlossen und bohrt dabei mit dem einzigen Fingernagel in der Nase, den sie in der Stunde, seit sie von diesem Körper Besitz ergriffen hat, noch nicht abgebrochen hat. Sie seufzt. »Hab Hunger.« Sie findet etwas in ihrer Nase und isst es. Erfolg! Fest und salzig.
    Madame d’Ortolan bleibt so knapp vor Mrs. Mulverhill stehen, dass die veloursumhüllten Brüste und der Bauch ihrer gegenwärtigen

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