Weltkrieg der Waehrungen
Eine Reduzierung der Geldmenge käme einer politisch herbeigeführten groÃen Deflation gleich. Jeder moderne Staat würde an den damit einhergehenden Massenprotesten zerbrechen. Es bleibt die Option, den Unzenpreis auf weit über 10 000 Dollar je Unze steigen zu lassen, damit eine 40-Prozent-Deckung erreicht werden kann â vorausgesetzt natürlich, dass sich die Geldmenge nicht weiter aufbläht.
Alles in allem steht auÃer Zweifel, dass der Goldstandard kein perfektes Währungsregime ist. Letztlich wäre die Verankerung des Geldes in Edelmetall eine Behelfskonstruktion. Eine disziplinierte Notenbank, die sich verlässlich an (ehrgeizige) Inflationsziele hält, bräuchte Gold als Krücke für die Preisstabilität nicht. Die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren unter Fachleuten wie Laien wieder stärker über den Edelmetallstandard diskutiert wird, zeigt gleichwohl, dass vielen Menschen das augenblickliche Papiergeld-System als Problem erscheint.
Die wesentlichen Argumente pro Edelmetall drehen sich alle darum, dass ein Edelmetallstandard der Menge des geschöpften Geldes Schranken auferlegt. Die Notenbank kann nicht frei darüber entscheiden, wie viele Dollars, Pfund oder Euros sie produziert. Es gehört zum Selbstverständnis von Alan Greenspan, dass er die Federal Reserve zu einer Institution gemacht hat, deren Politik den Goldstandard nachahmt, ohne dessen Beschränkungen zu unterliegen. Heute wird man bestreiten, dass diese Selbstbeweihräucherung Greenspans auch nur in Ansätzen gerechtfertigt war. Während seiner Amtszeit blieb zwar die allgemeine Preisentwicklung unauffällig, gleichzeitig wuchsen in der New Economy und am Immobilienmarkt jedoch maligne Verzerrungen heran. Die Voraussetzungen dafür hatte der Magier der Märkte mit seiner sorglosen Geldpolitik gelegt.
Zu Beginn der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts traut der Fed kaum noch jemand die Disziplin zu, ein edelmetallbasiertes Geld zu simulieren. Der Fed nicht â und anderen westlichen Notenbanken ebenso wenig. Zu groà sind die Finanznöte der Staaten, als dass die Währungshüter nicht im Verdacht stünden, eine geldwertgefährdende Komplizenschaft mit den Regierungen anzustreben. Es ist seine Leichtigkeit, die das Papiergeld gerade in dieser Situation so attraktiv macht. Schulden in einer Edelmetallwährung sind, insbesondere für Defizit-Staaten, »schwere« Schulden. Sie lassen sich nicht einfach »weginflationieren«, wie es mit Geld aus der Druckerpresse gleichsam auf Knopfdruck möglich ist. Doch die Leichtigkeit des Papiergeldes birgt enorme Gefahren, sie könnte für Sparer schon bald unerträglich werden.
Glänzender Staatsfeind
Die Frage nach dem Goldstandard ist eine eminent politische. Auch wenn es paradox klingt: Ebenso wie Milliarden Menschen ein Interesse daran haben, dass ihr Geld die Kaufkraft behält, haben die hochverschuldeten Regierungen ein Interesse daran, dass die Währung nicht allzu stabil bleibt. Für den einzelnen Bürger sind steigende Preise mindestens ein Ãrgernis, wenn sie nicht gar seinen Wohlstand bedrohen. Für den Fiskus hingegen bedeuten sie ein Mehr an Einnahmen, sie lassen die Steuerquellen kräftig sprudeln. Zwar gibt es auch für den Staat Grenzen, jenseits derer die Geldentwertung keinen Nutzen mehr hat und beginnt, wie eine ätzende Säure an den Institutionen zu nagen â das war im Deutschland des Jahres 1923 der Fall, häufig in Südamerika und ansatzweise auch in den USA der Siebzigerjahre. Grundsätzlich aber gilt: Es gibt keinen gröÃeren NutznieÃer der Inflation als den gröÃten Schuldner von allen, den Staat.
Da die Verschuldung ein Fait accompli ist, ein nicht mehr zu änderndes Faktum, wird es keine hartnäckigeren Gegner einer Wiedereinführung des Goldstandards geben als die Regierungen. Wer mit mehr als 50 Billionen Dollar in der Kreide steht â auf dieses Volumen schätzen Ãkonomen die Staatsverschuldung der Industrienationen im Jahr 2011 â, kann alles gebrauchen, nur kein hartes Geld. Denn dann würden auch Zinsen und Tilgung der Kredite tonnenschwer und unverrückbar auf den Haushalten lasten. Ein Goldstandard könnte die Bürde der Schulden ins Unerträgliche steigern. Je abhängiger eine Notenbank daher von der Regierung (und damit indirekt von Interessengruppen) ist, desto vehementer wird sie sich
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