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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Private oder die meisten Unternehmen steigert die Regierung ihre Einkünfte proportional zum allgemeinen Preisniveau. Der Verdacht steht im Raum, dass es der Staat mit der Geldwertstabilität in Zukunft nicht mehr so genau nehmen könnte wie in den zurückliegenden 30 Jahren. Die schwere Vertrauenskrise, die mit der Finanzkrise einherging, ist keineswegs überwunden, sondern von den Banken auf die staatlichen Institutionen übergegangen. Aufgrund ihrer besonderen Struktur, als Ort, an dem zwei tektonische Platten der Geld-Mentalität aufeinandertreffen, ist die Europäische Währungsunion das Epizentrum des ersten schweren Bebens. Es wird jedoch mit Sicherheit nicht die letzte Erschütterung gewesen sein, auf die wir uns einstellen müssen.
    Der Vertrauensverlust wirft die Frage auf, ob die künftige Rolle des Goldes nicht darüber hinausgehen könnte, ein sekundäres Wertaufbewahrungsmittel für Privatpersonen und Notenbanken zu sein. Wenn die von Höchststand zu Höchststand eilende Staatsschuld und die lockere Geldpolitik den Wert der Währungen unterminieren, wäre es dann nicht eine Überlegung wert, das »unkaputtbare« Edelmetall als Wertanker in das internationale Devisengefüge zurückzuholen? Niemand Geringeres als Weltbank-Präsident Robert Zoellick hat das Ende 2010 in einem Zeitungsartikel angeregt. Sollte also, um den Wert von Euro, Dollar, Franken und anderen Währungen zu erhalten, der Versuch unternommen werden, einen neuen internationalen Goldstandard zu errichten?
Der Ebenezer Scrooge der Währungswelt
    Unter Ökonomen und zumal Geldpolitikern steht der Goldstandard in einem schlechten Ruf. Die akademische Mehrheitsmeinung geht dahin, dass die Bindung der Geldmenge an die Edelmetallbestände Notenbanken zu unflexibel macht, um auf Konjunkturschwankungen oder gar extreme Ereignisse zu reagieren. Das mache ihn geradezu gefährlich. Die Forderung nach Wiedereinführung von Goldgeld, so drückte es ein Kritiker einmal aus, sei schlicht »verrückt«.
    Der prototypische Vorwurf lautet, die Goldparität habe nach dem Crash von 1929 eine die Wirtschaft stützende Reaktion der Notenbanken verhindert und die Große Depression mit verursacht. Zumindest bei oberflächlicher Betrachtung hat die Edelmetall-Fixierung tatsächlich einen Anteil am katastrophalen Entgleisen der Weltwirtschaft Anfang der Dreißigerjahre.
    Mitten im Abschwung, im Herbst 1931, hob die Federal Reserve den Leitzins von 1,5 auf 3,5 Prozent an, obwohl die Verbraucherpreise zu diesem Zeitpunkt schon um sieben Prozent gefallen, die Industrieproduktion um ein Viertel geschrumpft, Tausende Firmen pleitegegangen und die Arbeitslosigkeit auf 20 Prozent hochgeschossen war. Trotz der sich verschärfenden Krise war die Federal Reserve, ganz dem damaligen Paradigma verhaftet, darauf bedacht, nicht zu viel Gold ins Ausland abfließen zu lassen. Genau dies wäre jedoch die Folge gewesen, hätte sie die Zinsen gesenkt. Die nationalen Notenbanken rangelten um Gold, und besonders begierig, Edelmetall ins Land zu locken, waren die stolzen, auf ihren Rang bedachten Franzosen. Daher behielten die amerikanischen Währungshüter selbst im konjunkturellen Absturz eine relativ restriktive Geldpolitik bei. Die Folgen waren fatal.
    Kritiker werfen dem Goldstandard daher vor, er verwandele Währungshüter in Ebenbilder von Ebenezer Scrooge, in kaltherzige Geizkrägen, denen das Schicksal von Menschen, die ihren Job oder ihren Laden verlieren, gleichgültig ist, solange der Wert des Geldes nur erhalten bleibt.
    Die wenigen Verteidiger des Goldstandards halten dagegen, nicht die Barren in ihren Tresoren hätten die Fed zu ihrer fatalen Fehlentscheidung verleitet, sondern das Fehlen einer internationalen Kooperation. In der Tat war der Hauptunterschied zwischen 2008 und 1929 der, dass sich Notenbanker und Finanzminister nach dem Lehman-Desaster eng abstimmten, nach der Großen Depression aber nicht. Hätten die Währungshüter auch damals kooperiert, wäre die fatale Zinserhöhung vom Herbst 1931 wahrscheinlich nicht nötig gewesen. Wenn also das Personal von Fed, Bank of England, Banque de France und Reichsbank Anfang der Dreißigerjahre dem prototypischen Geizkragen Ebenezer Scrooge aus Charles Dickens’ Weihnachtserzählung glich, dann nicht unbedingt wegen des Goldstandards, sondern weil es die Ära des Wirtschaftnationalismus

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