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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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war.
    Die Kritik an der Goldwährung geht indessen noch weiter: Sogar in normalen Zeiten sei ein Edelmetallstandard nicht anpassungsfähig genug. Warum solle man die Geldmenge von den Unwägbarkeiten der Goldproduktion abhängig machen? Wozu sich diesen zusätzlichen Risikofaktor ins Haus holen, wo Geldpolitik ohnehin schon komplex ist?
    Wie gesehen, lag die Förderung des gelben Metalls in den vergangenen Jahren relativ konstant bei 2400 bis 2600 Tonnen im Jahr. 66 Allerdings darf man nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass es niemals Angebotsschocks in die eine oder die andere Richtung geben kann. In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen, in denen deutlich weniger Gold geschürft wurde als in den Jahren zuvor. So in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Wächst die Menge der erzeugten Güter und Dienstleistungen schneller als die des Goldes, ruft das die Gefahr einer Geldknappheit hervor. Hiergegen lässt sich jedoch einwenden, dass milde Deflation nichts Schlechtes sein muss. Wenn die Verbraucherpreise nur leicht fallen, können sich Regierungen und Erzeuger darauf einstellen. Für die Konsumenten sind billiger werdende Produkte eher ein Grund zur Freude als zum Grollen. Nur eine abrupte und einschneidende Geldverknappung wie in der Großen Depression hätte fatale Folgen. Solange die Notenbanken kooperierten und sich gegenseitig über Engpässe hinweghalfen, konnte das jedoch immer verhindert werden. Der klassische Goldstandard im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hinderte Ökonomien wie Deutschland, Großbritannien und die USA nicht daran, zu expandieren und das Realeinkommen pro Kopf auszuweiten – und das bei einer wachsenden Bevölkerung.
    Theoretisch ebenso schädlich wäre auch eine starke Ausweitung der Edelmetallproduktion. Werden keine Gegenmaßnahmen ergriffen, bedeutet ein Mehr an Gold in einem Goldstandard ein Mehr an Geld, auch in Perioden, in denen die zusätzliche Liquidität nicht gebraucht wird. Das wiederum ist gleichbedeutend mit Inflationsgefahren. Allerdings müssen selbst Edelmetallskeptiker einräumen, dass Fälle ausufernder Geldentwertung häufiger in Papierwährungssystemen anzutreffen sind als im Edelmetallstandard.
    Theoretisch sollte sich die Edelmetallproduktion im Paradigma des Goldstandards sogar selbst regulieren. Besteht in einer deflationären Phase eine hohe unbefriedigte Nachfrage nach Goldgeld, so haben die Minen einen starken Anreiz, ihre Edelmetallproduktion auszuweiten. In der Inflation wiederum sinkt der Bedarf an zusätzlichem Gold: Die Bergwerke drosseln ihre Förderung. Diese Ausgleichsmechanismen funktionieren in der Realität zwar nie so gut wie in der Theorie, da es bei der Reduzierung und Ausweitung des Goldausstoßes zu einer zeitlichen Verzögerung kommt. Sie zeigen aber, dass der Goldstandard keineswegs so starr ist, wie von seinen Gegnern immer wieder behauptet wird. Darüber hinaus könnte dem gelben Metall Silber zur Seite gestellt werden, sodass sich eine flexiblere Bimetall-Währung ergäbe.
    Das vielleicht größte ökonomische Hindernis zur Wiedererrichtung eines internationalen Goldstandards ist die schiere Menge des Geldes, die er abdecken müsste. In einem echten Edelmetallsystem, das den Namen verdient, ist Geld gleichbedeutend mit Gold oder, unter Umständen, Silber. Banknoten oder elektronische Euros auf dem Girokonto wären nur so etwas wie ein einfacher zu handhabender Platzhalter für den metallenen Sachwert, der irgendwo in einem sicheren Tresor deponiert ist. Es würde daher nicht genügen, zum Beispiel die Euroland-Geldmenge M3 zu einem minimalen Teil mit Barren und Münzen zu unterlegen, etwa zu zwei oder drei Prozent. Echtes Goldgeld müsste zu mindestens 40 Prozent mit Edelmetall gedeckt sein. Beim aktuellen Marktpreis reicht das von den Ländern der Währungsunion gehortete Gold aber lediglich aus, um eine Geldmenge von 455 Milliarden Euro zu 100 Prozent zu unterlegen. Die breite Geldmenge M3 liegt in der Eurozone hingegen bei fast 9,7 Billionen Euro, wäre also nicht einmal zu fünf Prozent gedeckt.
    Diese Lücke ließe sich auf zeweierlei Weise schließen: entweder, indem die Geldmenge radikal beschnitten wird, oder, indem der Goldpreis enorm steigt. Beides würde mit einem extremen Anpassungsschock einhergehen. Besonders Ersteres wäre für die Regierungen vollkommen untragbar:

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