Weltkrieg der Waehrungen
als alles, wozu sie das »Spardiktat« der Troika aus Währungsfonds, EU und EZB bisher gezwungen hat. Dennoch kann genau das passieren. Dennoch könnten sie sich dafür entscheiden, dieses Risiko einzugehen. Schmerzlicher als das blitzartige Verdampfen von Kaufkraft bei einem Exit könnte für sie nämlich der Verlust von nationaler Würde und Stolz sein, und als solchen stellten nicht wenige Politiker im Land die von auÃen erzwungenen Reformen dar.
Die Misere, in der das Mittelmeerland steckt, ist ihrerseits der Endpunkt eines langen Weges, einer ökonomischen Sackgasse, in welche die Eliten ihre Nationen geführt haben. Es waren Minister und Premiers, die ihrem Volk einen Wohlstand vorgaukelten, den die griechische Volkswirtschaft nicht hergab. Statt auf Kraft war diese falsche Prosperität auf Pump errichtet, auf einem Treibsand aus geborgtem Geld. Auf die ihnen eigene brutale Weise erzwingen die Kapitalmärkte eine Abwicklung dieses Politik- und SozialÂmodells, das auf fortschreitender Kreditfinanzierung basiert.
Griechenland ist ein Extrembeispiel dafür, was passiert, wenn Wirtschaft und Währung nicht zueinander passen. Es ist ein Extrembeispiel, aber kein isolierter Fall. Auch Portugal ist in die Abwärtsspirale aus erodierender Wettbewerbsfähigkeit, überhöhtem Wechselkurs und steigender Kreditabhängigkeit geraten. Diesen Nationen sollte niemand im In- und Ausland einen Verbleib im Euro-Verbund garantieren. Zwar locken langfristig die Vorteile leichterer Geldaufnahme an den Kapitalmärkten, niedrige Transaktionskosten und all die anderen Annehmlichkeiten, die mit der Mitgliedschaft in einem groÃen Währungsraum einhergehen. Zugleich aber könnten die erforderlichen Anpassungsforderungen weit gröÃer sein als das, was Griechen oder Portugiesen noch an Zumutungen zu ertragen bereit sind.
Alle Eurostaaten werden ihre Ãkonomien an diese Währung anpassen müssen, die sie sich teilen. Abgesehen von Griechenland und Portugal gilt das vor allem für Irland, Italien und Spanien, eine Gruppe von Nationen, die immerhin rund ein Drittel der Euroland-Ãkonomie stellen. Mit ihren wenig innovativen Industrien, inflexiblen Arbeitsmärkten und überhöhten Kostenstrukturen sind sie nicht stark genug für eine Hartwährung, wie sie der Euro allen Unkenrufen zum Trotz ist. All jene, die das bezweifeln, seien darauf hingewiesen, dass die durchschnittliche Euroland-Inflationsrate immer noch niedriger liegt als in den letzten zwölf Jahren der D-Mark. Auch steht der Euro zur Leitwährung Dollar heute höher als bei seiner Einführung 1999. Deutsche, Ãsterreicher, Niederländer, Finnen empfinden das stabile Geld als Segen, für viele Südländer ist es eher ein Fluch.
Am Rand der Eurozone haben Währung und Volkswirtschaft nie zueinander gefunden. Die Peripherieländer tun sich schwer damit, dass sie nicht mehr die Option haben, den Wechselkurs als Ventil nutzen, um der teurer werdenden Produktion zu Hause entgegenzuwirken. In der Vor-Euro-Zeit war das einfacher. Damals konnten sie ihre Konkurrenzfähigkeit über die Währung justieren. Andere ökonomische Koordinaten müssten die Funktion übernehmen: die Löhne, das Maà an Bürokratie, die Effizienz der Verwaltung, die Standortfreundlichkeit.
Niemand wird bestreiten, dass die Peripheriestaaten der Eurozone auf Reformkurs sind: Spanien hat sein Handelsdefizit deutlich reduziert und sich bereits vor dem Fiskalpakt zur Einführung einer Schuldenbremse bekannt. Griechenland und die iberischen Länder, zuletzt (nach Berlusconi) auch Italien, haben begonnen, ihre Arbeitsmärkte zu entkrusten. Steuern sollen effizienter eingetrieben werden. Es bestreitet aber auch niemand, dass die Defizitländer einen weiten Weg vor sich haben. Denn während Europa schlief â oder zumindest ein Teil Europas â ist die Weltwirtschaft rasant vorangeschritten. Ãberall erheben sich Wettbewerber, die vor zehn Jahren noch niemand recht auf dem Radarschirm hatte. Südkorea mit seinen 50 Millionen Einwohnern kann heute drei Weltmarken (Samsung, LG und Hyundai) aufbieten â wie viele Weltmarken hat Spanien mit in etwa der gleichen Einwohnerzahl?
Auch die Ãberschussländer â allen voran Deutschland â müssen sich daran gewöhnen, dass der Ruf, etwas zu ändern, nicht verstummt. Sie werden bedrängt, auch von internationalen
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