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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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hingegen freigebig Dollar zur Verfügung stellen, müsste das zwangsläufig Zweifel am Wert der Leitwährung nähren. All die vielen Dollars wären in Krisenzeiten, also gerade, wenn es darauf ankommt, kaum noch in Gold umtauschbar – schon gar nicht zu einem Kurs von 35 Dollar je Unze, wie im Bretton-Woods-System festgeschrieben. Auf den Punkt gebracht fragte Triffin gemäß dem inzwischen nach ihm benannten Dilemma: Kann eine mit Gold unterlegte Währung gleichzeitig stabil sein und den Erfordernissen einer wachsenden Weltwirtschaft genügen? Seine Antwort war klar: Nein.
    Doch die Überlegungen des an der Yale-Universität lehrenden Professors waren graue Theorie; auch wenn es sich Triffin nach der Entdeckung »seines« Dilemmas zur Lebensaufgabe machte, vor dessen Folgen zu warnen. Die bunte Realität bemaß die Akzeptanz des Dollar nicht allein nach ökonomischen Parametern, sondern ebenso sehr nach ideologisch-politischen Allianzen und militärischen Sicherheitserwägungen, die dem Greenback sehr zugutekamen. Und tatsächlich: Den Bedenken zum Trotz sah es so aus, als würde die neue Finanzordnung der Weltwirtschaft die dringend benötigte Gelegenheit zur Erholung bieten. Es war die Zeit der Konsolidierung, eine wahrhaft goldene Ära.
Die Ruhe von Bretton Woods
    Monetär betrachtet erschien den Zeitgenossen das erste »lange« Jahrzehnt (von 1949 bis 1962) des Bretton-Woods-Systems als äußerst ruhige Ära. Wohltuend hob sich der monetäre Friede dieser Zeit von dem Tohuwabohu der Vorkriegsjahrzehnte ab. Das lag sicher nicht am internationalen Umfeld: Geopolitisch waren die Fünfziger- und frühen Sechzigerjahre reich an Spannungen und Konflikten. Kaum war die Anti-Hitler-Koalition zwischen den USA und der Sowjetunion zerbrochen, kam es 1950 auf der koreanischen Halbinsel zum ersten gefährlichen Stellvertreterkrieg des Kalten Krieges. Fortan rangen die beiden Supermächte um die Verteidigung oder Ausweitung ihrer Interessensphären, was dadurch nicht erleichtert wurde, dass das Ende der Vierzigerjahre kommunistisch gewordene China ebenfalls mitreden wollte. Die Kette der militärischen Konfrontationen und Beinahe-Konfrontationen riss nicht ab. In der Kuba-Krise von 1962 standen die Blöcke sogar kurz vor einem atomaren Schlagabtausch. Daneben kam es zu Aufständen innerhalb des östlichen Machtbereichs, die das Potenzial hatten, das internationale System zu destabilisieren (etwa 1953 der Arbeiteraufstand in der DDR oder 1956 der Volksaufstand in Ungarn). Ein zusätzlicher permanenter Unruheherd waren die überseeischen Besitzungen der europäischen Kolonialmächte. Die quälende Auflösung dieser Imperien, die teilweise in Jahrhunderten zusammenerobert worden waren, und deren Idee in den Köpfen der europäischen Eliten noch sehr lebendig war, führte sogar zwischen den westlichen Mächten zu Friktionen.
    Gemessen an dieser explosiven geopolitischen Mixtur, erwies sich das Devisensystem als erstaunlich robust. Zwar mussten gelegentliche Anpassungen der Wechselkurse vorgenommen werden. Doch im Zentrum des Systems stand unverrückbar wie die Sonne der Dollar, der wirklich als »so gut wie Gold« gelten konnte. Auffällig war vor allem das Fehlen großer Finanzkrisen, wie sie in den Zwanziger- und Dreißigerjahren zur Geißel der Kapitalmärkte geworden waren und wie sie auch später wieder vermehrt auftreten würden. Für Aktionäre, die allerdings selbst im kapitalistischen Kernland USA nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausmachten, war es geradezu ein goldenes Zeitalter. Der Dow Jones Index konnte seinen Wert in den Jahren zwischen 1949 und 1962 mehr als verdreifachen.
    Doch nicht nur Aktionäre, auch Sparer und Rentiers (die in den Zwanzigerjahren in vielen Staaten der Erde qua Inflation enteignet worden waren) erlebten mit der Zeit ein Revival. Für viele überraschend verlief die Preisentwicklung in der westlichen Welt in geregelten Bahnen. Nur direkt im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Phase der starken Inflation, und noch einmal als Reaktion auf den Koreakrieg Anfang der Fünfziger. Danach verzeichneten alle großen westlichen Industrieländer eine sehr maßvolle Geldentwertung. In den drei Jahrzehnten vor dem Zusammenbruch des Systems starrer Wechselkurse stiegen die Preise in den wichtigsten Industrieländern um durchschnittlich 2,6

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