Weltkrieg der Waehrungen
auÃergewöhnliche und unerwartete Erfolg maÃgeblich zugeschrieben wurde. Zwischen 1967, als sich die Vereinigten Staaten immer tiefer in den unseligen Vietnamkrieg verstrickten, und dem Jahr 1990, als die Deutschen ihre Einheit wiedererlangten, hatte die Bundesbank nur zweimal eine höhere Inflationsrate zu vermelden als die Fed. Ganz zu schweigen von den langfristigen Teuerungsraten, die für südeuropäische Weichwährungsländer wie Griechenland oder Italien typisch waren. Unter den groÃen Währungen des Kontinents war die D-Mark zu einer »class of its own«, zu einer Klasse für sich geworden. Bereits in den Siebzigerjahren, nur 30 Jahre nach ihrer Einführung, galt sie unumstritten als die (inoffizielle) Leitwährung Europas. Umstritten war hingegen, ob diese Ausnahmeposition von Deutscher Mark und Bundesbank der Europäischen Gemeinschaft guttaten.
Frühe Visionen
Trotz der groÃen Mentalitätsunterschiede und der nationalen Egoismen, die Europas Geldpolitiker trennten, hatten Verwegene schon früh mit dem Gedanken gespielt, die zunehmende Integration mit einer gemeinsamen Währung zu krönen. In den Fünfzigerjahren wurden erste Ãberlegungen für ein Europageld entwickelt. Ein Gedanke war, die Verflechtung der westeuropäischen Ãkonomien zu erleichtern, ein anderer, ihre Wettbewerbsfähigkeit international zu steigern. In Zeiten eines politisch und ökonomisch verzwergenden Europas, das im Ost-West-Konflikt unter die Räder zu geraten drohte, hatte die Idee eine innere Logik. Der Gedanke einer kontinentalen Währung war selbst in den Fünfzigerjahren nicht ganz neu. Die Wurzeln reichten tiefer in die Geschichte.
Bereits Dekaden zuvor hatte es Träume von einem gemeinsamen europäischen Zahlungsmittel gegeben. Im 19. Jahrhundert hatte sich der französische Schriftsteller Victor Hugo für die damals utopische Idee eines gemeinsamen Geldes ausgesprochen. Ende der Zwanzigerjahre war es der deutsche AuÃenminister Gustav Stresemann, der einen Vorstoà in Richtung einer einheitlichen Währung wagte. Vor dem Völkerbund in Genf fragte er: »Wo bleibt in Europa die europäische Münze?« Wäre seine Vision aufgegriffen worden, hätte die ökonomische Integration des geschundenen Kontinents Jahrzehnte früher beginnen können. Doch die Zeiten waren denkbar ungünstig: Stresemann sprach die Worte am 9. September 1929. Sechs Wochen später riss der Crash an der Wall Street die globale Wirtschaft in die Tiefe. Die folgende GroÃe Depression, der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland und dann der Zweite Weltkrieg machten alle Aussichten auf eine gemeinsame Währung der Europäer auf lange Zeit zunichte.
Erst knapp 30 Jahre später erhielt Stresemanns Vision eine irdische Dimension: Die Montanunion und wenige Jahre später die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) schlossen die Volkswirtschaften Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Italiens, Luxemburgs und der Niederlande eng zusammen. Die 1958 in Kraft getretenen Römischen Verträge, das Gründungsdokument der EWG, sahen erstmals eine Abstimmung der Währungspolitik in den sechs Mitgliedstaaten vor. Freilich sollte die Absichtserklärung nicht überbewertet werden. Zu der Zeit waren sämtliche Währungen über das Bretton-Woods-System auf den amerikanischen Dollar bezogen, der seinerseits in einem festen Verhältnis zum Gold stand. Ein Dollar entsprach 1/35 Unze. Von gelegentlichen Anpassungen abgesehen, war das System starr und theoretisch auf die Ewigkeit ausgelegt. Mittels fester Wechselkurse simulierte es eine globale Einheitswährung, die praktisch in der gesamten kapitalistischen Welt gültig war. Währungen wie das Pfund, der Franc oder die D-Mark repräsentierten gewissermaÃen lokale Adjutanten des Dollar. Nach den Wirren der Zwanziger- und DreiÃigerjahre sah die herrschende Lehrmeinung der Ãkonomen in festen Wechselkursen den besten Garanten für einen florierenden internationalen Handel. Die überwältigende Stärke des Dollar als Währung der gröÃten Industrie- und Militärmacht, gleichzeitig auch der gröÃten Gläubigernation, gab der Ordnung von Bretton Woods anfänglich ausreichend Stabilität. In den Sechzigerjahren jedoch löste sich diese Verlässlichkeit auf. Durch die Defizitpolitik Washingtons verlor der Wertanker Dollar seinen Halt. Damit
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