Weltkrieg der Waehrungen
Ersparnisse verloren. Zum zweiten Mal innerhalb von nur 25 Jahren wurde das staatlich garantierte Wertaufbewahrungsmittel für nichtig erklärt. Wieder hatte eine Generation umsonst gespart. Auch die Wirkung der D-Mark auf die Wirtschaft war zunächst zwiespältig. Unmittelbar auf die Einführung des neuen Geldes folgte eine Phase hoher Inflation. Im zweiten Halbjahr 1948 verteuerten sich Waren und Dienstleistungen um 18,9 Prozent. Zwar gingen die Preise danach unter anderem wegen der verbesserten Versorgungslage zwei Jahre lang zurück. Im Jahr 1951 stiegen sie aber wieder heftig an, nämlich um 7,5 Prozent. Auch im internationalen Kontext galt die D-Mark nicht als besonders starke Währung.
Wie auch hätte die D-Mark stark sein können? Der neue deutsche Staat verfügte anfangs über keine Devisenreserven, mit denen er das eigene Geld hätte stützen können. Der Haushalt war zerrüttet, die industrielle Substanz des Landes schwer beschädigt. Dem wahnwitzigen Kampf um die militärische Vorherrschaft in Europa war auch der deutsche Goldschatz zum Opfer gefallen. Alles in allem deutete Anfang der Fünfzigerjahre kaum etwas darauf hin, dass die D-Mark einst zur Leitwährung Europas avancieren könnte.
Doch langsam konnte die deutsche Finanzpolitik Vertrauen zurückgewinnen. Die Inflation des Jahres 1951 blieb die Ausnahme. Für den Rest der Fünfzigerjahre stieg die Teuerungsrate in der Bundesrepublik nur ein einziges Mal, nämlich 1956, auf über zwei Prozent. Allerdings war der Preisauftrieb auch anderswo in der westlichen Welt nicht besonders stark â das bewirkte die Verankerung des Bretton-Woods-Systems in den Goldreserven der USA. Bei näherem Hinsehen war die Inflationsbilanz der Amerikaner in den Fünfzigerjahren sogar günstiger als die der Westdeutschen. Gleichwohl zeigten die hiesigen Zentralbanker jetzt, dass sie es besser machen konnten als ihre Vorgänger in der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Vieles lag noch im Argen in der jungen Bonner Republik, aber was die Währung anging, schienen die Deutschen alles richtig zu machen.
Die Bundesbank
Das Jahr 1957 bildet eine Wasserscheide in der neueren Geschichte des deutschen Geldes. Es war das Gründungsjahr jener Institution, die über den Wert der Deutschen Mark wachte und zum Symbol der wiedergewonnenen deutschen Stärke wurde, der Bundesbank. Die Bundesbank war eine sehr ungewöhnliche deutsche Einrichtung. Regierung und Parlament des westlichen deutschen Teilstaats sahen sich durch zahlreiche Bündnisverpflichtungen eingeschränkt, etwa die militärische Einbindung in die nordatlantische Allianz und die ökonomische Verflechtung mit Frankreich und den Benelux-Staaten im Rahmen der Montanunion. Darüber hinaus mussten sie in der Konsensdemokratie des jungen Staates mannigfache innenpolitische Rücksichten nehmen. Seit 1955 konnte sich die Bundesrepublik als souveräner Staat bezeichnen, gleichwohl blieben viele alliierte Hoheitsrechte und sonstige Einschränkungen der Souveränität bestehen, aus denen der Vier-Mächte-Status Berlins als das augenfälligste Beispiel herausragt. Die Zentralbank dagegen konnte im Vergleich dazu ausgesprochen frei agieren. Diese Freiheiten wusste die Bundesbank wohlbringend einzusetzen.
Die Deutsche Bundesbank ist acht Jahre jünger als die Bundesrepublik und neun Jahre jünger als die D-Mark. Sie wurde 1957 ins Leben gerufen, nachdem die junge Republik ihre Souveränität erhalten hatte. Die Vorgängerorganisation, die Bank deutscher Länder, war der Vorkriegsarchitektur der US-Notenbank nachempfunden worden: Autonomen Landeszentralbanken stand eine relativ schwache Zentrale in Frankfurt am Main gegenüber. Die Reform von 1957 beseitigte die institutionellen Ãberbleibsel aus der Zeit des Besatzungsstatuts. Die Bundesbank war nicht in allen Fragen unabhängig, aber der Regierung eben nicht weisungsgebunden. Vor allem stattete die Reform die Bundesbank mit einem klaren Auftrag aus: Preisstabilität. So eindeutig wie sonst wohl nirgends auf der Welt war stabiles Geld die Mission dieser Institution.
Dieser Auftrag war einfach und zugleich schwer zu erfüllen: einfach, weil er sich an einem quantifizierbaren Kriterium messen lieà (der Teuerungsrate), und schwer, weil die Politik der harten Mark unweigerlich mit anderen Interessen kollidieren musste: Exporteure sind prinzipiell darauf bedacht, dass
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