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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Finanzminister Theo Waigel von der CSU starkgemacht. Aller Euro-Vision zum Trotz wusste Waigel, dass er den Wählern zu Hause die Währungsunion nur würde schmackhaft machen können, wenn das Europageld zumindest den Anschein erweckte, ähnlich stabil zu sein wie die D-Mark.
    Als Starttermin der europäischen Währung hatte der Vertrag von Maastricht den Zeitraum von Anfang 1997 bis Anfang 1999 festgelegt. Doch je näher der Termin rückte, desto stärker wurden bei den Regierungen die Bedenken, dass haushälterische Sorglosigkeit in einzelnen Ländern die Glaubwürdigkeit der gesamten Währung untergraben könnte. Deshalb legte der von Deutschland angeführte Block der Hartwährungsländer nach: Zwei der Maastricht-Kriterien, die Verschuldungs- und die Defizitobergrenze, sollten nicht nur Voraussetzung für die Zulassung zur Währungsunion sein. Sie sollten von allen Eurostaaten dauerhaft eingehalten werden müssen. Bei Nichtbeachtung drohten Strafzahlungen, die – zumindest theoretisch – recht empfindlich ausfallen konnten. Dieser 1996 beschlossene Stabilitäts- und Wachstumspakt war als eine Art Grundgesetz für die Währungsunion gedacht und sollte dem Manko entgegenwirken, dass dem Euro, anders als zum Beispiel dem amerikanischen Dollar, keine gemeinsame Finanzpolitik zugrunde liegt. Wenn der Euro schon kein stabiles Rückgrat ähnlicher Wirtschaftsstrukturen hatte, sollte er zumindest ein Außenskelett aus klaren Regeln bekommen.
    In den Neunzigerjahren schienen die ökonomischen Daten an allen Fronten zu bestätigen, dass Europas Volkswirtschaften konvergierten. Während Deutschland nach dem Wiedervereinigungsboom eine bleierne Zeit der Quasi-Stagnation erlebte (nicht zuletzt infolge des von Kohl zu hoch angesetzten Umtauschkurses von Ost- zu West-Mark), legten die Ökonomien am Rand fast schon mit dem Tempo asiatischer Emerging Markets zu: Die Lohn- und Preisniveaus in Europa glichen sich an, ebenso die Pro-Kopf-Einkommen. Noch wichtiger aber war, dass auch die Inflationsraten konvergierten. Das Konzept der Stabilität schien sich auch in Ländern durchzusetzen, die früher als liederliche Haushälter verschrien waren: Italien, Spanien, zuletzt sogar Griechenland gelang es, den gefräßigen Drachen Geldentwertung niederzuringen.
    Damit war den Gegnern des Euro ein wichtiges Argument aus der Hand geschlagen: Je homogener der europäische Wirtschaftsraum war, desto größer die Chance, dass die gemeinsame Währung ohne weitere Interventionen oder Geldtransfers würde funktionieren können. Noch mehr Zahlungen nach Brüssel wären vor allem den Deutschen sehr schwer zu vermitteln gewesen. Die Bundesbürger stöhnten zu dem Zeitpunkt bereits unter den finanziellen Lasten, die der Aufbau der neuen Bundesländer ihnen abverlangte, und ahnten überdies, dass die sich abzeichnende Aufnahme neuer EU-Mitgliedsstaaten im Osten nicht zum Nulltarif zu haben sein würde.
Mahner und Zweifler
    Trotz der insgesamt positiven Stimmung mangelt es in den Jahren vor der Einführung der Einheitswährung nicht an Warnsignalen: Um die Konvergenzkriterien zu erfüllen, griffen viele Regierungen tief in die fiskalische oder statistische Trickkiste. Frankreich nutzte Einmalerlöse aus der Privatisierung von Staatsunternehmen, um seine Neuverschuldung unter drei Prozent zu drücken, Italien führte für das entscheidende Jahr eine Sondersteuer ein, die allerdings voll rückzahlbar war und den Staatshaushalt unter dem Strich also keinen Deut sanierte. Aber auch Deutschland hatte große Mühe, die selbst propagierten Stabilitätskriterien zu erreichen. Kurz vor dem für den 1. Januar 1999 angesetzten Start der Währungsunion forderten 155 deutschsprachige Ökonomen die nunmehr nach Berlin umgezogene Bundesregierung auf, den Start des Euro-Projekts wegen solcher Ungereimtheiten zu verschieben. Die Politik beschwichtigte und versicherte, dass der Euro nur Vorteile haben würde. Das war eine gewagte Behauptung. Und es war auch ein gewagtes Experiment, in das die Politiker Europa führten.
    Entsprechend groß war die Spannung vor der Aufnahme des Handels mit der neuen Währung. Anders als Politiker, die ihre Lieblingsprojekte mit rosigen Worten zu schmücken verstehen, sprechen Devisenhändler eine unverblümte Sprache: Über vorhandene oder mangelnde Substanz einer Wirtschaftspolitik

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