Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus
zurückkehrte, und er verwies mich auf eine unvermutet eingetretene Veränderung der Situation.
Es war etwas eingetreten, womit ich in keiner Weise gerechnet hatte, wahrscheinlich beeinflusst von der in meinem Unterbewusstsein weiterschwelenden Erinnerung an die unseligen Auseinandersetzungen zwischen dem Piloten und dem schwarzhäutigen 1. Bordingenieur. So sehr ich davon überzeugt gewesen wäre, dass Captain van Kerk für Lieutenant Xuma nicht einen Finger gerührt hätte, so sehr muss ich wohl auch vom Gegenteil überzeugt gewesen sein, sonst hätte ich es nicht einfach vergessen können, dass sich außer der Astro-Physikerin auch noch der Lieutenant auf dem Vorfeld befand.
Auch Lieutenant Xuma war einigermaßen glimpflich davongekommen, was bedeutete, dass er, wie ich später erfuhr, lediglich ein paar Prellungen davongetragen hatte.
Er begann gerade, in das Innere des Kraters hineinzusteigen, der Captain van Kerk zu verschlingen drohte. Aber es war nicht dies allein, was ich sah. Es entging meiner plötzlich geschärften Aufmerksamkeit nicht, dass Lieutenant Xuma auf der abschüssigen Bahn seine Mühe und Not damit hatte, nicht ins Rutschen zu kommen. Dunkles Gestein bröckelte unter seinen schweren Schuhen und unter dem Zugriff seiner handschuhbekleideten Hände.
In meinem Leben bin ich Zeuge vieler waghalsiger Rettungsaktionen auf der Erde und im Raum gewesen; diese übertraf alle anderen. Nach menschlichem Ermessen konnte es nicht ausbleiben, dass Lieutenant Xuma das Schicksal des Piloten teilen würde. Nicht nur die außerordentliche Brüchigkeit des Gesteins bedrohte das Gelingen seines Unternehmens; in zumindest gleichem Maße mutete er seinem Organismus eine Überbelastung zu, die nicht ohne Folgen bleiben konnte – auf diesem verdammten Planeten, der jeden Schritt zu einem Akt physischer und psychischer Überwindung machte. Jeder nachdenkende Mensch hätte auf das Eintreffen weiterer Helfer gewartet und sich sodann bei seinem Abstieg durch eine Leine abgesichert. Aber er hätte damit auch in Kauf genommen, zu spät zu kommen.
»Sir, rufen Sie ihn zurück!« Auch Lieutenant Stroganow schien das Hoffnungslose dieses Unternehmens erkannt zu haben. »Er bringt sich doch nur mit um!«
In diesem Augenblick gab das Gestein unter Lieutenant Xuma nach; ich sah noch, wie er ins Rutschen geriet; dann nahm mir aufwallender Staub die Sicht.
Ich griff nach der Leine, die Lieutenant Koskinen für mich bereithielt, und da hörte ich Lieutenant Mercier in der Funkkabine rufen: »Er schafft es, Sir! Er schafft es!«
Der Staub hatte sich bereits wieder verflüchtigt, und was ich nun erkannte, zählt zu jenen Bildern, die sich einem unverlierbar einprägen.
Lieutenant Xuma hatte seinen Sturz abgefangen und streckte nun, indem er die linke Hand in das morsche Gestein krallte, Captain van Kerk die rechte Hand entgegen.
Ich habe nie erfahren, was in Captain van Kerk vorging, als er, den sicheren Tod vor Augen, mit seiner weißen Hand die meines schwarzen 1. Bordingenieurs ergriff, die für ihn das Überleben bedeutete. Wir haben später nicht darüber gesprochen. Ich kann nur von den Auswirkungen dieses Tages berichten; eine dieser Auswirkungen besteht darin, dass Captain – inzwischen Colonel – van Kerk wie jeder andere von uns mit gemischten Besatzungen fliegt.
Um 08.30 Uhr Metropoliszeit, mit einer Verspätung von fünfzehn Minuten zum Plan, hob die Hermes vom Uranus ab, um die Heimreise zur Erde anzutreten. Noch vor dem Erreichen der G-Zeit gab ich über Bordlautsprecher der Besatzung einschließlich Captain Gottwald den Wortlaut meiner Eintragung ins Bordbuch bekannt:
7. Dezember 2072. Commander Ernest D. Scott erliegt den Folgen der unmenschlichen Strapazen und findet seine letzte Ruhestätte auf dem Planeten Uranus, der dem Großteil seiner Besatzung zum Schicksal wurde. Delta IX wird, da unreparabel, durch Sprengung zerstört.
Es war das erste Mal, dass ich mich bei einer Eintragung in das Bordbuch nicht streng an die Wahrheit hielt, doch übernehme ich auch heute noch die Verantwortung dafür.
Ich meldete ein Gespräch mit VEGA-Center an, gab den voraussichtlichen Termin unserer Ankunft bekannt und bat, Ruth O’Hara davon zu verständigen. VEGA-Center bestätigte und wies mich an, meinen Funkcomputer auf den Code 34-11/56 einzustellen, da Anlass zum Verdacht bestehe, dass den VOR die Entschlüsselung des alten VEGA-Codes gelungen sei.
Unmittelbar vor der G-Zeit warf ich einen letzten Blick
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