Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal
Sententor hatte mich in seiner Gewalt.
„ Wir wollen nichts überstürzen, Commander! “ meldete sich der erste Weißkittel erneut zu Wort. „Lassen Sie Ihre Gedanken ruhig fließen - nur bewahren Sie uns vor allzu vielen Abschweifungen. Bleiben Sie stets bei der Sache! Sie sind also zu dieser Verlobung gegangen, obwohl Sie sich sagen mußten, daß sie nicht Rechtens war. “
Ich war naß vor Schweiß. Ich wußte, daß ich früher oder später zum Verräter werden mußte, und konnte dies doch nicht verhindern.
„Die Verlobung, Commander!“ mahnte der Weißkittel. „Die Verlobung!“
Captain Romen hatte sich, was seine Verlobung mit Ko Ai anging, nicht lumpen lassen. Nahezu das gesamte Fliegende Personal war geladen, deren Ehefrauen beziehungsweise Freundinnen, die hübschesten und nettesten unter unseren Sekretärinnen und Hostessen
- und, natürlich, ein schier unübersehbarer Haufen von Freunden und Bekannten. Der zum VEGA-Kasino gehörende Festsaal, der im allgemeinen nur geöffnet wurde, wenn wichtige auswärtige Delegationen zu Tisch gebeten werden mußten, quoll über.
Auch das VOR-Team, dem Ko Ai angehörte, war eingeladen, doch dies hatte kommentarlos abgesagt: ein deutliches Zeichen, daß diese grenzenüberspringende Verbindung nicht seine Billigung besaß.
Obwohl Ko Ai davon getroffen sein mußte, ließ sie sich die Kränkung nicht anmerken. Seite an Seite mit Captain Romen begrüßte sie die Gäste.
„Willkommen, Ruth. Willkommen, Sir.“ Captain Romen strahlte. „Ich hoffe, Sir, Ihr musikfeindliches Ohr fühlt sich nicht gar zu beleidigt.“
Eine zwölfköpfige Zigeunerkapelle, in den farbenfrohen, schmucken Gewändern der Pußta, spielte auf.
„Nun“, entgegnete ich, „wenigstens Sie haben es verstanden, Ihre Landsleute um sich zu versammeln.“
Captain Romens Augen verschleierten sich.
„Sir, wir Zigeuner sind ein sterbendes Volk. Man muß sich beeilen, die Feste zu feiern, wie sie fallen. Davon abgesehen, haben Sie recht -all das sind gute Freunde von mir, und was Sie, Sir, in Erstaunen versetzen müßte: nicht einer von ihnen ist Berufsmusiker.“
„Ach!“ sagte ich, da mir nichts Passenderes einfiel.
„Ja“, bestätigte Captain Romen. „Da gibt es Ärzte, Schriftsteller, Philosophen, Architekten - und zwei oder drei Spitzbuben.“ Captain Romen legte einen Arm um meine Schulter und drückte sie. „Mark“, sagte er so leise, daß es außer mir niemand hörte, „ich bin froh, daß Sie gekommen sind.“
„Und ich“, erwiderte ich gleichfalls leise, „wünsche Ihnen und Ko Ai von Herzen Glück, Grischa.“
Es kam sonst nie vor, daß wir einander beim Vornamen nannten. Unsere Freundschaft war auf andere Fundamente gestellt, deren wichtigstes der gemeinsame Dienst an Bord war.
Laut sagte Captain Romen: „Lassen Sie den Champagner nicht warm werden, Sir! Es wäre eine Sünde.“
Bald nach Ruth und mir erschien auch John Harris zum Gratulieren: eine Geste, die ihm hoch anzurechnen war. In gewisser Weise sprang er damit über seinen eigenen Schatten. Nach zwei, drei Glas Champagner wirkte er geradezu heiter und gelöst - doch dann besann er sich, warf einen Blick auf die Uhr, entschuldigte sich mit einer unaufschiebbaren Konferenz und zog sich zurück.
Die Konferenz war keine Finte. Er wäre - so kam es mir vor - gern länger geblieben.
Die Zigeunerweisen waren einschmeichelnd und weich. Ich mußte lächeln, als ich sah, wie Ruths Füße wippten. Der Rhythmus ging ins Blut.
Und noch etwas ging ins Blut. Der finnische Architekt des VEGA-Zentrums hatte es verstanden, die gläserne Kuppel der Festhalle so zu schleifen, daß sie wie eine überdimensionale Lupe wirkte: der funkelnde Sternenhimmel war zum Greifen nah. Ein rötlicher Kometenschweif huschte darüber hinweg und verlor sich in der Unendlichkeit. Eines unserer Schiffe war gestartet. Intersolar benötigte Nachschub.
Auch Ruth hatte den Start bemerkt; sie sagte zu Ko Ai:
„Wissen Sie überhaupt, worauf Sie sich einlassen? Der Tag wird kommen, an dem Sie zu diesen Sternen voller Eifersucht aufblicken werden.“
Ko Ais Blick wanderte hinüber zu Captain Romen, bevor sie antwortete:
„Vielleicht. Aber es ist immer noch besser, Grischa mit den Sternen zu teilen, als ohne ihn leben zu müssen.“
Ruth lachte.
„Auf die gleiche Weise pflege ich mich zu trösten, wenn Mark unterwegs ist.“
„Sie haben nie versucht, ihn anzubinden?“
„Nein, nie.“ Ruth schüttelte ihr rotes Haar. „Er liebt seinen
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