Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal
Das Schiff setzte zur Landung an.
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, Grischa!“ sagte ich. „Und wenn mein Plan überhaupt Aussicht haben soll auf Erfolg, dann bin ich auf Ihre aktive Mithilfe angewiesen. Sie müßten mir dieses Schiff vom Halse schaffen.“
Captain Romens Lippen waren schmal. „Indem ich es ramme, Sir?“ „Indem Sie die Jagd in die Länge ziehen, Captain. Könnten Sie für Ko Ai und mich drei, vier Stunden herausholen?“
Captain Romen kniff die Augen zusammen.
„Eins von unseren Polizeischiffen, wenn mich nicht alles täuscht. Die alte Alpha-Klasse. Nicht allzu schnell, nicht allzu wendig.“ Er mußte Augen haben wie ein Adler. „Nun, ich müßte mich in Erdnähe halten, Sir. Es könnte klappen.“
„Dann hauen Sie ab!“ sagte ich. „Es muß hinter Ihnen her sein, bevor die Verstärkung auftaucht.“
Captain Romen warf Ko Ai einen fragenden Blick zu. Sie nickte. „Tu’s, Grischa! Zum Sterben ist es immer noch früh genug…“ Captain Romen riß sie in seine Arme, küßte sie, winkte mir noch einmal zu und rannte hinüber zur Diana.
Ich faßte Ko Ai bei der Hand.
„Kommen Sie! Er wird gleich abheben.“
Wir waren noch nicht allzuweit gekommen, als unter unseren Füßen plötzlich die Erde zu beben begann. Ein Sturmwind fuhr durch die Bäume. Die Luft vibrierte und dröhnte.
Ich hob den Kopf.
Die Diana war aus ihrem Versteck hervorgebrochen und zog mit dumpfem Röhren über uns hinweg. Für eine Weile verlor ich sie aus den Augen, dann kam sie über dem Strand wieder in Sicht. Sie hielt Kurs auf Espiritu Santo.
Und noch etwas anderes sah ich. Das Polizeischiff unterbrach das Landemanöver. Es beschrieb einen Halbkreis und stürmte dann, Feuer und Qualm hinter sich lassend, hinter der Diana her.
Guter Gott, hilf! dachte ich.
Laut jedoch sagte ich zu Ko Ai:
„Jetzt! Wir müssen uns beeilen!“
Wir rannten und rutschten hinab zum Strand und bestiegen den Scout .
16.
Kap Hoorn, der südlichste Punkt des lateinamerikanischen Kontinents: noch vor rund hundert Jahren hatte ein britischer Einhandsegler namens Chichester diesen unseligen Felsen ein letztes Mal ins Gespräch gebracht. In jener Zeit waren die Erinnerungen an die Segelschiffepoche noch lebendig gewesen; der erste zaghafte Schritt eines Menschen auf den Mond hatte soeben erst stattgefunden, und dem Bewußtsein der damals Lebenden stand das 19. Jahrhundert noch näher als das heraufziehende 21. Jedes Schulkind hätte noch zu sagen gewußt, was es mit diesem Kap Hoorn auf sich hatte, das sich wie ein Keil zwischen die beiden großen Ozeane, den Pazifik und den Atlantik, schiebt. Kap Hoorn: das war der größte Schiffahrtsfriedhof aller Zeiten. Die Zahl der hier gestrandeten, gekenterten, mit Mann und Maus gesunkenen Segler ist Legion.
Die Uhren waren weitergegangen, und auf dem früher nur mit respektvollem Schaudern erwähnten Felsen erhob sich der Welt modernstes TV-Studio: das große Senderelais der Stella-TV, in dem alle Übertragungen der zur Stella-TV gehörenden Landesstudios auf der Erde und auf der Venus zusammenflossen, um danach erneut zur weiteren Ausstrahlung auf die zuständigen Satelliten verteilt zu werden. Der Standort - im Schnittpunkt der Ozeane - war dafür geradezu ideal.
Kap Hoorn hatte sein Gesicht verändert und seinen Schrecken verloren, und es hatte längst aufgehört, der einsamste Stein auf dieser Erde zu sein. Walter Hildebrandt, der dort beschäftigt war, benötigte von Acapulco bis zu seinem Arbeitsplatz eine knappe Stunde - und das mit einer Himmelsmühle, die wahrlich nicht zu den schnellsten zählte. Eine knappe Stunde: die brauchte auch ich in Metropolis, wenn ich mich, was gelegentlich vorkam, mit einem gewöhnlichen Taxi von meiner Wohnung zur VEGA fahren ließ.
Eines freilich war vor Kap Hoorn unverändert geblieben: das Wetter.
Was ein Sturm in dieser Region bedeutet, bekamen Ko Ai und ich zu spüren, als der Felsen selbst noch lange nicht in Sicht war. Die Wellenberge mochten achtzehn oder auch zwanzig Meter hoch sein. Der Sturm riß den Schaum von ihren Kämmen und trieb ihn als einen undurchdringlichen Vorhang vor sich her. Der Gischt schlug und trommelte gegen die gläserne Kuppel des Cockpits. Ich sah mich genötigt, mit der Fahrt herunterzugehen.
Ko Ais Blicke ruhten auf der Uhr.
Ich wußte, woran sie dachte - auch wenn sie es nicht aussprach.
Die Zeit arbeitete gegen meinen Plan.
Captain Romen war gewiß ein hervorragender Pilot - aber eine Diana blieb eine
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