Weltraumpartisanen 12: Alarm für die Erde
unsere Füße uns trugen, die Schlucht entlang, überquerten einen Wasserlauf, rannten in eine andere Schlucht hinein und warfen uns in Deckung.
Die Minuten gingen dahin. Die Qualmwolke wuchs und wuchs. Auf einmal fegte mit ohrenbetäubendem Knall ein Sturmwind über unsere eingezogenen Köpfe hinweg: der restliche Treibstoff war in die Luft geflogen.
Langsam, müde, mit schmerzenden Gliedern erhob ich mich und wischte mir den Staub vom Visier. Die Welt nahm Gestalt an: eine enge, schattige, mit Dornbüschen bestandene Schlucht; darüber schwarzbrauner, kahler Fels -, und noch höher ein geradezu unglaublich tiefblauer Himmel.
Man hätte glauben können, in einem Nebengelaß des Paradieses zu sein - wenn die verdammte Erinnerung nicht gewesen wäre, die einen nicht vergessen ließ, daß unter diesem tiefblauen Himmel der Pest- 118 -hauch des Todes lag.
Man mußte schon genauer hinsehen, um die Signale zu erkennen: die Dornbüsche ließen die Blätter hängen, und die Paviane, die sich auf einer der Felsleisten behaglich sonnten, waren zur letzten Ruhe erstarrt.
„Sir“, bemerkte neben mir Lieutenant Xuma, „knapper als wir ist noch keiner davongekommen.“
Mehr sagte er nicht. Wozu auch? In diesen dürren Worten war alles enthalten: die Angst, die Verzweiflung und das Aufatmen - und auch der Stolz des Dabeigewesenen.
Lieutenant Stroganow rührte mich an. „Sir…“
Er hatte eine Hand über das Helmvisier gelegt und blickte in die Richtung des noch immer aufsteigenden Qualmes: dorthin, wo unser Dingi verschwelte.
Es gab doch noch Leben in diesen Bergen.
Über der Schlucht kreiste ein einsamer Geier.
Die Sonne blendete mich. Auch ich beschattete meine Augen.
Der Geier trug ein zottiges Löwenfell und ritt auf einem dieser in den VOR hergestellten Skyridern, die bei uns die Bezeichnung Firechair trugen. Deutlich erkannte ich ein schwarzes, mit weißer Farbe überschmiertes Gesicht.
Der Geier war ein Fliegender Löwe. Ich sagte:
„Besser, wir ziehen uns zurück. Vermeiden Sie jede auffällige Bewegung.“
Nach vier Stunden angestrengten Fußmarsches, der uns immer tiefer hineinführte in die zerklüftete Welt der Berge, uns jedoch unserem Ziel - einer höheren, plateauförmigen Erhebung - ständig nähergebracht hatte, endete unser Versuch eines unbemerkten Rückzuges.
Er endete, als wir, aus einer der unzähligen Schluchten kommend, hinaustraten auf eine vom Abendlicht besonnte Lichtung.
Ich ordnete eine Ruhepause an.
Lieutenant Stroganow musterte den von mir ins Auge gefaßten Berg.
„Ich nehme an, Sir, Sie haben beschlossen, dort oben ein Kreuz auszulegen.“
Er hätte - im Besitz der zusätzlichen Patente - einen hervorragenden Commander abgegeben: besonnen, unerschrocken und listenreich. Ohne daß ich über meine Absicht ein Wort hatte fallen lassen, war sie von ihm erraten worden.
Sowohl auf der Venus als unlängst auch auf dem Uranus war diese Methode, einen Standort zu signalisieren, von notgelandeten Piloten mit Erfolg praktiziert worden; es kam dabei nur darauf an, das Kreuz groß und deutlich genug auszulegen, daß es sich für die Fotoaugen der observierenden Satelliten unübersehbar und unmißverständlich markierte.
„Manchmal, Lieutenant“, erwiderte ich, „sind die primitivsten Hilfsmittel die zuverlässigsten.“
„Stimmt, Sir“, bemerkte neben mir Lieutenant Xuma trocken. „Besonders wenn es sich um Löwenfelle und Firechairs handelt.“
Ich blickte hoch.
Im Abendrot stand - in sicherer Entfernung - unbeweglich ein Pulk Fliegender Löwen.
Sie hatten uns aufgespürt.
Es war ein verzweifelter Augenblick.
Was tun? Was befehlen? Dem Berg waren wir entkommen. Diesmal jedoch war jede Flucht vergebens. Zu Fuß, an die Erde gefesselt, waren wir Malembos flinken, schwerbewaffneten Kriegern ganz hoffnungslos unterlegen. „Sir!“ Lieutenant Xuma stieß mich zurück. Stolpernd drehte ich mich um.
Aus der aufziehenden tropischen Dunkelheit heraus, über die scharf-gratigen Felsen hinweg, hatte ein einzelner verwegener Krieger zum Angriff angesetzt. Es war der überraschende, ungestüme Angriff eines Falken, der urplötzlich seine luftige Höhe verläßt, um sich wie ein todbringender Pfeil auf seine Beute zu stürzen.
Lieutenant Xuma rettete mir das Leben: der bleiche Knochenfinger aus der aufflackernden Waffe streifte nur noch meinen Helm; es gab einen kurzen zischenden Laut, und der Helm füllte sich mit dem heißen Geruch von Verschmortem.
Zehn Meter über mir
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