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Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe

Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe

Titel: Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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aluminiumfarbene Eisfläche war eine verwunschene, menschenleere Einöde. Der Wind frischte noch immer auf. Ich vermißte meine heizbare Kombination.
    Vor der Baracke blieben wir stehen. Ein Schatten bewegte sich seufzend auf uns zu – aber das war nur die Tür, die im Winde schwang. Die Tür stand auf. Ein böseres Vorzeichen konnte es nicht geben. 
    Romen sagte: »Hallo!«
    Er bekam keine Antwort. Ich hatte es auch nicht erwartet. Romen fluchte und wollte eintreten, aber ich hielt ihn zurück. 
    »Laß das!«
    Er stöhnte vor Elend. 
    »Aber wir können doch nicht einfach …«
    Ich nahm ihm die Lampe aus der Hand und leuchtete durch eines der Fenster. Dahinter lag die Kombüse. Sie war leer. Auf dem Herd stand ein Topf, aus dem heraus der Griff einer Schöpfkelle ragte.
    Ich ging weiter und leuchtete in das nächste Fenster. Danach wußten wir Bescheid. Auf dem Fußboden lagen – in der gleichen verkrümmten Haltung wie die Erste Offizierin – zwei weitere tote Frauen. Hinter mir vernahm ich ein Würgen. Romen wandte sich ab.
    Keine der Toten war Tanja Grusinow, Nats Freundin, die Frau, die ich suchte.
    Ich sagte: »Komm!« – und wandte mich dem Aufstieg zum Ruderhaus zu.
    Kurz davor blieb ich wie angewurzelt stehen. Um ein Haar hätte ich die Lampe fallen lassen. Aus dem Ruderhaus heraus schob sich, knapp über der Schwelle, ein Arm mit einer zerbrochenen Phiole.
    Ich rief: »Tanja!« und wollte schon die eisernen Stiegen hinaufeilen, als Romen mich zu fassen bekam. Seine Hand umklammerte meine Schulter. »Mark, es hat doch keinen Sinn. Du kannst nicht helfen.«
    Er hatte recht. Niemand konnte helfen – aber jeder Schritt weiter mußte den sicheren Tod bedeuten: unerbittlich und qualvoll. Dem Arm folgte ein Gesicht. Tanja Grusinow kam auf Händen und Füßen aus dem Ruderhaus gekrochen. Irgend etwas – eine letzte, wilde, verzweifelte Energie trieb sie auf das Licht und auf unsere Stimmen zu. Ich erkannte sie an ihrem weizenblonde Haar. Auf ihrem Gesicht lag jenes trügerische, verzerrte Lächeln, das ich schon einmal gesehen hatte. Mit letzter Kraft – wie um ihre Anklage zu unterstreichen – hob sie die Phiole. 
    Ich fragte: »Wer hat dir das gegeben?«
    Ihre Lippen bewegten sich. Ihre Antwort ließ mich wissen, daß Tanja Grusinow mich nicht erkannte. Sie vermied den uns beiden vertrauten Kosenamen. 
    »Dr. West!«
    Ihre Hand wurde kraftlos. Die Phiole fiel hin und rollte die Stufen hinab. Ich sprang zur Seite.
    Tanja Grusinow rang nach Luft; ihr Gesicht verzerrte sich. Falls ich noch etwas von ihr erfahren wollte, mußte ich mich beeilen. 
    »Tanja! Hörst du mich? Tanja!«
    Sie bäumte sich auf und griff mit beiden Händen nach ihrem Hals.
    »Tanja, um Himmels willen, gib noch nicht auf! Wo ist Nat? Wohin ist er von hier geflogen?«
    In Tanja Grusinows Augen zeigte sich plötzliches Erkennen. Ein letztes Mal bewegten sich ihre Lippen: »Dal Bor  … dreizehn …«
    Dann kippte sie vornüber und rührte sich nicht mehr. Ich beeilte mich, in den Wind zu treten, möglichst weit vom Ruderhaus entfernt. Romen fragte tonlos: »Nun gut, er war hier. Aber warum hat er sie alle umgebracht? Warum?«
    Ich hatte es längst begriffen, und ich sagte es ihm. Dr. West – von diesem Augenblick an nannte auch ich ihn so: fremd, kühl und distanziert – war auf IT 114 nur zwischengelandet, um auch die letzten Brücken, die ihn mit der Menschheit verbanden, abzubrechen, um alle Spuren hinter sich zu verwischen. Tanja wußte zuviel über ihn und seine Gepflogenheiten. Harris hatte von gewissen charakterlichen Veränderungen gesprochen, denen Dr. West als Folge seiner Krankheit unterworfen war.
    Nun erst verstand ich, was er damit hatte andeuten wollen. Nat – mein Nat – existierte nicht mehr. Der Goodman-Bazillus hatte ihn als Persönlichkeit ausgelöscht. Es gab nur noch das intelligente Monster Dr. West: ein Monster mit verschrobenen, aber nichtsdestoweniger ehernen Grundsätzen, einen teuflischen Missionar des technologischen Rückschritts.
    Was mochte er, als er Tanja Grusinow diese Phiole in die Hand drückte, über ihren Inhalt gesagt haben? Hatte er ihn als ein besonders seltenes Parfüm bezeichnet?
    IT 114 war Schauplatz eines kaltblütigen privaten Mordes.
    »Dal Bor 13«, wiederholte Romen. »Was in aller Welt ist damit gemeint?«
    »Wir werden es herausfinden«, sagte ich. »Und wir werden Dr. West aufstöbern.«
    Mir kam eine vage Erinnerung, als hätte ich die Bezeichnung Dal Bor 13 schon einmal

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