Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille
lachte.
»Nun, grundsätzlich ist es mir gleichgültig, was ein Zivilist wie Sie über mich denkt oder nicht denkt. Andererseits, glaube ich, sollten Sie wissen, daß Sie mir Unrecht tun.«
Seebeck fühlte sich herausgefordert.
»Ich habe gesagt, Major, aus Ihnen würde ich nicht klug.Warum auch benehmen Sie sich wie ein Automat? Sind Ihnen menschliche Gefühle wirklich so fremd?«
Major Degenhardt leerte sein Glas.
»Mr. Seebeck, Sie sind ein unverbesserlicher Zivilist – ein Dichter von mir aus, ein Träumer, ein Mensch, der überall das Gute sucht. Ich hingegen bin ein Offizier, der seine Pflicht tut …«
Seebeck neigte ein wenig den Kopf – zum Zeichen, daß er aufmerksam zuhörte.
Major Degenhardt suchte nach Worten.
»Pflicht, Mr. Seebeck!« wiederholte er. »Das einzige, was uns retten kann. Wir leben in einer gefährlichen Zeit. Da sind die VOR mit ihren Menschenmassen – fleißig, intelligent, technisch begabt und, vor allem, besessen von der Idee, uns zu unterwerfen.«
Seebeck fühlte sich auf sicherem Boden. Mehr als einmal hatte er die Vereinigten Orientalischen Republiken bereist, war in Peking zu Gast gewesen bei Dichtern, Künstlern und führenden Staatsmännern.
Seebeck widersprach.
»Ich möchte doch eher sagen, Major, in den Vereinigten Orientalischen Republiken stößt man auf das gleiche Vorurteil: uns gegenüber.«
Major Degenhardt schüttelte energisch den Kopf.
»Geschwätz, Mr. Seebeck. Wenn ich sage: ›So ist es!‹, dann stütze ich meine Behauptung auf Zahlen, Daten und Fakten. Die VOR sind drauf und dran, uns den Rang abzulaufen – politisch, wirtschaftlich, militärisch. Und damit komme ich auf das, was ich als die Gefahr bezeichne: die Nachgiebigkeit, die Unentschlossenheit, die Schlappheit unserer Politiker … unfähige, verblendete, um nicht zu sagen korrupte Leute … Leute, die fast schon vergessen haben, daß es nur eine Sprache gibt, die in einer solchen Lage verstanden wird!«
»Und die wäre?«
»Ich meine die Sprache der Macht, Mr. Seebeck, die klare, unmißverständliche Sprache der Militärs. Man darf nicht aufhören, die VORs in ihre Schranken zu verweisen. Rücken wir einen Zoll zurück, rücken sie zwei Zoll vor. So war es immer, so ist es auch heute. Nun, zum Glück bin ich keiner von diesen traumtänzerischen Politikern. Ich weiß, was meine Pflicht ist.«
Seebeck drehte sein Glas zwischen den Händen.
»Sie glauben also nicht, Major, daß die VORs Menschen sind wie wir – mit den gleichen Ängsten und Befürchtungen, mit der gleichen Sehnsucht nach Frieden?«
Major Degenhardt warf den Kopf in den Nacken.
»Ich glaube, daß es mir nicht zusteht, darüber nachzudenken, Mr. Seebeck. Meine Aufgabe ist es, die VORs in Schach zu halten – wann und wo immer ich auf sie stoße. Und wenn mir einer von ihnen wie unlängst durch die Lappen geht, dann ist das ein schwarzer Tag für mich.«
Seebeck fröstelte.
Absichtslos oder auch mit kühler Berechnung tat ihm Major Degenhardt sein Credo kund – das Credo eines kompromißlosen Mannes, für den die Treue zu seinem Vaterland über alles ging. Und dieses Vaterland war in Gefahr. So jedenfalls stellte es der Kommandant dar – mit seinen dürren Worten, die keinen Widerspruch duldeten.
»Nun gut«, sagte Seebeck, »Sie haben da gewiß Ihre Erfahrungen, Major. Andererseits, wenn es wirklich zu einer solchen Begegnung kommen sollte – wie weit würden Sie gehen?«
In den Augen des Kommandanten lag ein kalter Glanz. Major Degenhardt brauchte nicht erst zu überlegen, bevor er Seebecks Frage beantwortete. Für sich selbst hatte er sie längst ein für allemal beantwortet.
»Wie weit? Mr. Seebeck, wie weit ich gehen müßte, läge dann ganz im Ermessen des VOR-Kommandanten. Sie verstehen, was ich meine?«
Major Degenhardt erhob sich und sammelte die leeren Gläser ein; auch die noch nicht vollends geleerte Flasche nahm er wieder an sich.
»Mir scheint, ich habe Sie lange genug mit meinen Problemen gelangweilt. Gute Nacht, Mr. Seebeck.«
4.
Als in der Kammer das Licht anging, wurde Seebeck wach. Schlaftrunken richtete er sich auf, und das erste, was er mit Bewußtsein wahrnahm, war die automatische Kalenderuhr.
Es war die Nacht vom 2. auf den 3. März, wenige Minuten vor Mitternacht – oder was immer man Nacht und Mitternacht nennen mochte in einem Raum ohne Tageszeiten. Datum und Uhrzeit waren nichts anderes als künstliche Markierungen in einer Welt ohne Maß und ohne Veränderung.
Lieutenant
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