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Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Titel: Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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sprach dagegen. Alles sprach dafür, daß wir es nicht schaffen würden. Bereits nach zwei, drei Minuten wußte ich Bescheid. Es war in der Tat unmöglich. Es war fast unmöglich.
    Ein Siebenkilometermarsch auf der Erde ist eine Sache. Ein Siebenkilometermarsch auf dem Phoebe ist eine völlig andere Sache.
    Daß man dabei behindert wird durch die klobige Ausrüstung, die auf fröhliches Wandern nun einmal nicht zugeschnitten ist, kann man mit einem Achselzucken abtun. Von allen Übeln ist das das kleinste.
    Eines von den ins Gewicht fallenden Übeln, mit denen wir zu kämpfen hatten, hing mit der Orientierung zusammen. Auf dem Hinweg waren wir einer unsichtbaren Standlinie gefolgt, ohne zu jenen zeitraubenden, beschwerlichen und verwirrenden Umwegen genötigt zu sein, zu denen uns die Bodenbeschaffenheit nun immer wieder zwang – Umwege, die uns kreuz und quer durch ein chaotisches Labyrinth aus unbezwingbaren Felsen und gähnenden Kraterschlünden führte. Wir konnten lediglich versuchen, die Generalrichtung zu halten, ohne zu wissen, nach welcher Seite wir drifteten: zwei einsame, vertriebene Schiffe auf einem unbekannten Meer.
    Dazu kam die Schwierigkeit, das verminderte Körpergewicht mit den ausgeführten Bewegungen in Einklang zu bringen. Man mußte bei den Känguruh-Sprüngen höllisch aufpassen, wohin man die Füße setzte. Solange man Schutt und Geröll unter den Füßen hatte, war das Gehen noch einigermaßen erträglich. Zur Qual wurde es, wenn man bis an die Knie im zähen Staub versank.
    Eine wertvolle Hilfe wäre es gewesen, wenn uns die Explorator mittels eines Peilstrahles die exakte Richtung gewiesen hätte. Infolge der starken Oberflächenkrümmung, bedingt durch die Kleinheit des Phoebe, waren unsere UKWSender jedoch praktisch lahmgelegt. Die Verbindung ließ sich nicht herstellen. Wir waren und blieben völlig auf uns allein gestellt.
    Es war eine bittere Tatsache: Auf dem heimtückischen Gelände eines fremden Himmelskörpers, unter gravitatorischen Bedingungen, die den Organismus aufs höchste beanspruchten, in pechschwarzer Dunkelheit und in unbarmherziger Kälte, die sich, je schwächer unsere Batteriesätze wurden, mehr und mehr an die Haut heranfraß, waren Lieutenant Minulescu und ich genötigt, unsere Marschrichtung mit Mitteln zu bestimmen, die allenfalls für das Geländespiel einer Pfadfindergruppe genügen mochten.
    Und um die Zahl der Übel vollzumachen, saß uns die Zeitnot im Nacken: die elende Sorge, zu spät zu kommen und keine Gelegenheit mehr zu haben, mittels des unter Opfern und Strapazen beschafften Moduls die Probe aufs Exempel machen zu können.
    Irgendwann blieb Lieutenant Minulescu stehen.
    »Sir, es hat doch keinen Sinn!«
    Ich trieb ihn an.
    »Weiter, weiter! Nicht anhalten! In Bewegung bleiben!« Die Temperatur in unseren Kombinationen sank langsam, aber sicher ab und näherte sich dem Nullpunkt, so daß jedes Verweilen mit Frieren und Zähneklappern bezahlt werden mußte. Der Augenblick war in Sicht, an dem der durchfrorene Organismus mit Mutlosigkeit und Apathie reagieren würde und diesen Augenblick galt es hinauszuschieben. Solange der Körper und mit ihm der Blutkreislauf in Bewegung war, ließ sich die Kälte einigermaßen ertragen. Ein frischer Batteriesatz für die Kombinationen lag zwischen den Trümmern des Dingis. Ihn daraus hervorzuklauben, ohne geeignetes Werkzeug wie Schneidbrenner und Brechstange, hatte sich als unmöglich erwiesen.
    Die Regel, daß ein Unglück selten allein kommt: auf dieser Reise lernte ich sie kennen. Und dieser Marsch über den Phoebe war dahinter der Schlußpunkt.
    Meinem Gefühl nach mußte die Explorator längst in Sicht sein – aber so sehr ich auch Ausschau hielt: Nirgendwo in der phoebischen Nacht, die vor uns herwanderte, war das Glimmen einer Topplaterne auszumachen. Ich begann, den Überblick zu verlieren. Es war nicht länger auszuschließen, daß wir in die falsche Richtung gingen.
    » Explorator – bitte melden!«
    Die Antwort blieb aus. In den Kopfhörern des Helmes war nur das gleichgültige Knistern der Sterne zu hören – vor dem monotonen Rauschen der Unendlichkeit.
    Als ich den Kopf wandte, stellte ich fest, daß Lieutenant Minulescu nicht mehr an meiner Seite war.
    »Lieutenant Minulescu!«
    Er antwortete ebensowenig wie die Explorator . Ich blieb stehen und leuchtete den Grund ab. Seine Spuren fehlten. Ich fand ihn erst, nachdem ich zwanzig oder dreißig Meter in meinen eigenen Fußstapfen zurückgegangen

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