Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor
„Nochmal die Paracelsus! Schnell!" und wechselte hinüber zum LF-Mikrofon.
Der Lautsprecher wurde lebendig. Zum erstenmal vernahm ich die Stimme der Paracelsus selbst.
„Ich höre, Henri Dunant!"
Brandis' Blick ruhte auf dem Diagramm. „Ich werde jetzt versuchen, Sie abzubergen", sagte er, „aber eine Garantie, daß es gelingt, kann ich Ihnen nicht geben, Paracelsus. Ein technisches Problem: Ihre Driftlinie, so wie sie mir durchgegeben worden ist, kann nicht stimmen. Überprüfen Sie das!" Die Antwort des Hospitalschiffs verlor sich im Geknatter der Sterne: „... habe Schwierigkeit, Sie zu verstehen. Bitte, wiederholen Sie!" Brandis kam nicht dazu, denn in diesem Augenblick betrat Commander Busch die Brücke und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er in seiner Eigenschaft als Superkargo das Unternehmen mißbilligte. Busch sagte:
„Sie wollen also das teure Schiff aufs Spiel setzen - und das, wie ich soeben hörte, ohne Garantie, daß die Bergung auch klappt! Brandis, es ist wohl höchste Zeit, daß ich in meiner Eigenschaft als Superkargo deutlich werde..."
Brandis blieb auch diesmal ruhig und gelassen, und seine Stimme klang keinen Deut schärfer als sonst, als er zurückgab: „Später, Mr. Busch! Im Augenblick habe ich keine Zeit für Sie." Im Lautsprecher meldete sich erneut der Kommandant des Hospitalschiffs:
„Henri Dunant - Paracelsus. Ich wiederhole meine Frage ..." Das Gespräch mit der Paracelsus war von kosmischen Störungen überlagert und konnte jeden Augenblick zusammenbrechen. Captess Kato beeilte sich, die Situation zu nutzen. Sie beugte sich vor zum LF-Mikrofon und sagte mit Ihrer anmutigen Stimme:
„Äther, Gesäß und Nähgarn, Paracelsus, berichtigen Sie Ihre verdammte Driftlinie!" Im Lautsprecher ließ sich ein Schnappen nach Luft vernehmen. „Ich habe wirklich Schwierigkeit, Sie zu verstehen, Henri Dunant. Bitte, wiederholen Sie!" Lieutenant Stroganows Baß fuhr dazwischen. „Himmel, Arsch und Zwirn, McKay, wir wollen nur wissen, wohin Sie wirklich driften! Die, letzte Messung, die wir von Ihnen bekamen, können Sie sich an den Hut stecken."
Der Dolmetscherdienst des Sibiriaken trug Frucht. Der Lautsprecher sagte: „Aha!" und: „Roger, Henri Dunant, jetzt habe ich das mitbekommen. Wir messen gleich nochmal. Geben Sie mir fünf Minuten."
Die Paracelsus schaltete sich aus, und in die entsprechende Stille hinein fiel Commander Buschs unverblümte Drohung:
„Das wird Sie Ihre Stellung kosten, Brandis! Die GF hat einen langen Arm. Sie werden überall, wenn Sie sich um ein anderes Kommando bewerben, vor verschlossenen Türen stehen."
Brandis erwiderte: „Die Globe Finance ist momentan meine geringste Sorge, Mr. Busch!" und enterte hoch ins RC zu Lieutenant O'Brien.
Busch räumte das Feld mit allen Anzeichen des Protestes. Eine Weile noch beschäftigte mich die Frage, ob er in diesem Fall lediglich die Interessen seiner Firma vertrat, oder sich nicht bis zu einem gewissen Grad von persönlichen Erwägungen leiten ließ. Ich selbst -mit aller Macht bekam ich es zu spüren: mit Schweißausbrüchen und Kälteschauern, mit Magenkrämpfen und Schwindelgefühlen - war gegen das Phänomen Angst nicht gefeit.
Brandis war bisher nicht dazu gekommen, mir das Manöver, das zu fliegen er beabsichtigte, im einzelnen zu erklären, doch soviel begriff selbst ich, ohne Astronaut zu sein, daß er plante, im Vertrauen auf die Schubkraft des neuen Triebwerks in den Strudel hineinzutauchen.
Mit der Besatzung schien Brandis sich abgesprochen zu haben. Darauf, auch meine Einwilligung einzuholen, verzichtete er. Ich war weniger als ein Passagier. Meine Aufgabe war es: alles zu sehen, alles zu hören, alles zu berichten - ohne mich je störend bemerkbar zu machen. Um mir nicht anmerken zu lassen, in welch elender Verfassung ich war, beschäftigte ich mich mit meiner Kamera. Ich versah sie mit einer 3-D-Optik und legte den dazu passenden Film ein.
Als sich die Paracelsus wieder meldete, kehrte Brandis auf die Brücke zurück.
Die Neuvermessung der Driftlinie hatte ergeben, daß tatsächlich ein Fehler von 1,03 Grad vorgelegen hatte: eine Abweichung, die alles in Frage gestellt hätte.
Brandis erkundigte sich noch nach der Zahl der Kranken an Bord der Paracelsus. Es waren drei: Roberto Meloni, Chefchemiker der Chemiestation Kristall mit einer Gasvergiftung, ein unter Anfällen von Raumblindheit leidender Observator namens Albert Goro; und der Popsänger Owen Sheriff, der seine astrale
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