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Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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und Spekulanten, die vor den scharfgratigen Steilwänden des Montes Cordillera ihr neuzeitliches Babylon namens Las Lunas aufgetürmt hatten zu einem exterritorialen Eldorado der Spieler, Glücksritter und anderer halbseidener Existenzen. Die gute Kehrseite dieser Medaille bestand darin, daß die beiden terrestischen Mächte EAAU und VOR ihren Streit um den Besitz des Mondes auf diese Weise endgültig begraben hatten. Las Lunas war immer noch tausendmal besser als eine von unseren oder von ihren Garnisonen.
    Mein Blick kehrte zurück zum staubigen Beton, über dem Kraft eines auf dreißig Jahre geschlossenen Vertrages die weiße Flagge mit dem roten Johanniterkreuz im gelben Sonnenball wehte. In der Gründerzeit von Las Lunas war hier die Versorgerrampe gewesen, über die der dringend benötigte Nachschub floß. Inzwischen verfügte die Stadt über einen modernen Raumflughafen mit allen Schikanen, und das an das Netz der Ozonerien nicht angeschlossene alte Gelände diente als autonome Enklave der im vergangenen Jahr ins Leben gerufenen Unabhängigen Gesellschaft zur Rettung Raumschiffbrüchiger (UGzRR) als landfester Stützpunkt. Zugleich war es die ständige Position des Flaggschiffs. In dem verwitterten Gebäude, das zum Tower gehörte, war die von Mike Berger geleitete Raumnotwache untergebracht.
    Die Henri Dunant, das Flaggschiff, stand nur zweihundert Meter von uns entfernt. Groß, plump und gedrungen zeichnete sie sich gegen den goldgesprenkelten schwarzen Samt des Himmels ab - aber sie war längst nicht so riesig, wie ich sie noch immer vor mir sah, sobald ich die Augen schloß. Ich liebkoste sie mit den Augen: dieses unverwüstliche Schiff, das uns zurückgetragen hatte in eine Welt vertrauter Dimensionen und Proportionen. Vor ein paar Tagen war sie vermessen worden. Das Loch hatte keine Spuren hinterlassen; der Faktor war normal.
    Das Loch war mittlerweile in den Karten vermerkt. Einmal im Monat mußte die Eintragung erneuert werden. Das Loch war in Bewegung. Seine Gesetzmäßigkeit freilich mußte erst noch erforscht werden. Bisher wußte man lediglich, daß es vor sechzehn Jahren, als Enrico Varga in Verschollenheit geriet, schon einmal aufgetaucht war.
    Commander Busch, der neben mir saß, stieß mich an. „Ich glaube, das gilt Ihnen, Mr. Seebeck!"
    Aus dem Gebäude neben dem Tower war ein Mann im silbernen Raumanzug getreten. Er blickte zu uns herüber und winkte. Zu seinem Anzug trug er den Goldhelm eines Commanders.
    Ich preßte mein Gesicht gegen die Scheibe und winkte zurück.
    Wahrscheinlich sah er das nicht. Im übrigen war es wohl auch nicht seine Art, einen Abschied in die Länge zu ziehen. In der Frühe hatte ich mich von ihm verabschiedet.
    „Zufrieden mit der Story?" hatte Brandis gefragt.
    Und ich hatte erwidert: sie wäre nicht ganz das, was mir eigentlich vorgeschwebt hatte.
    Brandis hatte mir beide Hände auf die Schultern gelegt und gelacht.
    „Man bekommt nie ganz das, was einem vorschwebt, Martin. So ist nun mal das Leben."
    Nun sah ich ihm zu, wie er schwerfällig durch den knöcheltiefen lunaren Staub stapfte - zurück zu seinem Schiff zur Henri Dunant. Dem Rang nach war er der Erste Vormann der Gesellschaft: der Erste unter Gleichen. In Wirklichkeit war er die Gesellschaft in Person. Sie war sein Werk, und solange er ihre Fahne hochhielt, würde es sie geben: dieses aus sechs Schiffen bestehende absonderliche Staatsgebilde unter den Sternen, das nur dem einen Zweck diente - zu retten und zu bergen. Wäre er bei der VEGA geblieben, hätte er Karriere machen können. Harris, der Direktor, hatte in ihm bereits seinen Nachfolger gesehen.
    Brandis klomm an Bord, und hinter ihm schloß sich die Schleuse.
    Im Lautsprecher meldete sich erneut die Stimme des Ophir- Kommandanten.
    „Meine Damen und Herren, ich bitte noch um etwas Geduld. Unser Start verzögert sich um einige Minuten, da zunächst die Henri Dunant abheben wird. Sie eilt einem havarierten Frachter zur Hilfe."
    Wenig später hob die Henri Dunant mit röhrendem Triebwerk ab.
    Ich sah ihr nach, als sie stieg und stieg. Ein paar Sekunden lang war sie noch als Schiff zu sehen, danach noch eine Weile als rotgelber Feuerball, schließlich als ein flimmernder Stern unter vielen.
    Und dann war sie fort, war sie eingetaucht in die unendliche Leere des Raumes.
    Irgendwann würde ich wieder dabei sein: falls Brandis mich ein weiteres Mal willkommen hieß.
    Dort, wo die Henri Dunant gestanden hatte, kam der aufgewirbelte lunare Staub

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