Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...
Überlappung, jenen kaum meßbaren Moment der Instabilität.
„Der Himmel weiß“, erwiderte ich, „daß wir auf diesen Besuch selbst gern verzichtet hätten. Das wäre dann meine Auslegung der Realphilosophie gewesen.“
Gumboldt brüllte vor Lachen.
„Sie haben unseren kleinen Plausch also nicht vergessen. Großartig! Aber jetzt kommt die Lektion Nummer Zwei.“
Ich sah ihn an, und der Pirat in ihm setzte das verwegene Grinsen auf, das zu fragen schien: Was kostet die Welt?
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, Brandis.“
Stroganow gab sich trocken.
„Die Lektion müssen Sie mir schon erklären, Mr. Gumboldt. Im Gegensatz zum Commander bin ich als Rätselrater eine Niete.“ Gumboldt klemmte sich eine Zigarre zwischen die Zähne und nahm sie wieder heraus. Die kleine Geste verriet ihn. Seine polternde Herzlichkeit, sein verwegenes Grinsen, sein burschikoses Salbadern waren lediglich Fassade. Dahinter war er nervös bis auf die Knochen. Mein Fehler war es, die Ursache dieser Nervosität zu mißdeuten, und er tat das Seine, um mich und Stroganow auf die falsche Spur zu locken.
„Das soll heißen: für mich steht eine Menge auf dem Spiel, Mr. Stroganow. Das Findorff-Team ist zum erstenmal an eine wirklich große Rosine herangekommen. Wenn wir diesen Job nicht vermasseln, gehören wir zur Spitzenklasse. Man wird sich um uns reißen.“ „Sie werden ihn nicht vermasseln, Piet“, sagte ich. Jeder weiß, daß Sie ein As sind.“
Gumboldt schüttelte den Kopf.
„Brandis, ich muß mich konzentrieren können. Ich will offen zu Ihnen sein. Ihre Anwesenheit macht mich unsicher. Sie sind der Mann, der Astropolis auf Location gebracht hat. Mit Ihnen verglichen, bin ich ein Anfänger.“
Ich glaubte, ihn zu verstehen, und ich beeilte mich, ihn zu beruhigen. „Wenn es Ihnen lieber ist, Piet, werden wir uns vom Schaltraum fernhalten.“
Er atmete hörbar auf.
„Das war’s, worum ich Sie bitten wollte, Brandis. Sie nehmen mir die Worte aus dem Mund. Wenn alles überstanden ist, feiere ich gern ein rauschendes Fest mit Ihnen. Aber ich nehme doch an, zu dem Zeitpunkt werden Sie längst über alle Berge sein.“
„Wir werden uns darum bemühen, Mr. Gumboldt“, sagte ich. „Das Fest können wir dann immer noch feiern - spätestens, wenn wir uns in der Andromeda-Bar wieder über den Weg laufen.“
„Abgemacht!“ sagte Gumboldt.
Lieutenant Stroganow befand sich schon auf dem Weg zum Fahrstuhl. Ich holte ihn ein.
„Ein aalglatter Bursche, Sir“, bemerkte er.
„Aalglatt“, bestätigte ich. „Aber in punkto Verlagerung ist er ein Könner.“
Der Lift kam herauf, und Jan Minkowski stieg aus. Er wollte sich mit einem gemurmelten „Pardon“ an uns vorüberdrängeln, blieb dann aber abrupt stehen. Einen Atemzug lang war sein Gesicht eine offene Bühne. Freude war ebenso darin zu sehen wie jähes Erschrecken. Dann fiel der Vorhang.
Wahrscheinlich war ich noch mehr überrascht als er. Er hatte doch Gumboldt einen Korb gegeben? Und danach war er mit meiner Libelle in die Flitterwochen gestartet!
Minkowski faßte sich.
„Mark“, sagte er, „starren Sie mich nicht an wie ein Gespenst. Es ist dann doch anders gekommen. Gumboldt… hat mich… überzeugt. Lassen Sie sich von Ruth bestätigen, daß die Libelle wohlbehalten an sie zurückgegeben worden ist.“
Die Libelle interessierte mich im Augenblick nicht. Ich war sein Trauzeuge gewesen. Das gab mir gewisse Rechte.
„Und Tamara?“
Er machte eine Geste, die alles mögliche bedeuten konnte. Alles ebenso wie nichts.
„Fragen Sie nicht, Mark! Vielleicht erzähle ich es Ihnen einmal. Im Augenblick habe ich Schaltsalat und weiß nicht, wo mir der Kopf steht.“
Minkowski stürzte davon.
Stroganow sah ihm nach, während wir in den Liftkorb stiegen.
„Auch einer, Sir“, bemerkte er, „dem das eheliche Glück nicht eben aus den Augen strahlt…“
Wir blieben arglos, auch nach dieser Begegnung, und dann belegte die Reparaturarbeit uns mit Beschlag. Addams, der 2. Ingenieur, stand schon wartend vor der Schleuse, und seine geröteten Wieselaugen blickten uns im Zustand chronischer Übermüdung entgegen.
9. Bericht des 1. UGzRR-Vormannes Mark Brandis
Die Hafenanlage des astralen Zwerges konnte sich sehen lassen. Die Rampe enthielt alle Anschlüsse, die von uns benötigt wurden. Nachdem Addams uns geholfen hatte, das Schiff mit Energie sowie mit Luft und Wärme zu versorgen, verabschiedete er sich und kehrte an seinen Arbeitsplatz im
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