Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...
erreichbarer Industrieplanetoid genau vor der Haustür. Und eines Tages würde er nur noch ein Ärgernis sein: ausgebeutet und überflüssig geworden. Aber so wollte es nun einmal der Fortschritt, und für die meisten Leute, die sich auf dem Ikarus ihr Geld verdienten, würde die Verlagerung in Erdnähe ja auch ein Segen sein.
Hamilton wandte sich ab und setzte sich vor das Mikrofon, und nachdem er die Verbundtaste gedrückt hatte, hallte seine Stimme durch alle Stollen, Schächte, Gänge und Räume des ikarischen Labyrinths.
„Hier spricht der Direktor…“
Hamilton zögerte. Große Worte waren ihm verhaßt. Doch an dem, was es den Frauen und Männern der Belegschaft mitzuteilen gab, ließen sich keine Abstriche mehr vornehmen. Hamilton sprach weiter.
„Heute ist ein historischer Tag. Wieder einmal gestaltet der Mensch mit der Kraft seines Verstandes das Universum um, setzt er an die Stelle der zufälligen Ordnung der Schöpfung seine Ordnung der Zweckmäßigkeit. Wir alle sind davon betroffen, denn mit der Verlagerung unseres Planetoiden ändern sich unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen…“
In der abgeschlossenen Abteilung Förderung war Ivan Addams, der dort auf seinem Kontrollgang wie üblich eingekehrt war, ein schlechter Zuhörer. Addams hatte Ärger mit der Nummer Elf.
Im allgemeinen waren die Blechschimpansen, wie man die Arbeitsroboter im Hausjargon nannte, verträgliche Gesellen, und solange ihre Programmierung keinen Schaden nahm, wühlten sie sich gehorsam als fleißige Maulwürfe durch das ikarische Gestein, zerkleinerten es und klaubten die freiwerdenden Diamanten auf.
Unfälle, die leider nicht immer zu vermeiden waren, vermochten die Programmierung zu erschüttern. John Stewart, der Schachtmeister, flickte die lädierten Monster zwar immer wieder so weit zusammen, daß sie wieder arbeitsfähig wurden, doch blieben nach einer solchen Reparatur oft genug Verhaltensstörungen zurück.
Die Nummer Elf war ein typischer Fall. Bei einem Stolleneinbruch verschüttet, hatte sie einen schweren psychomechanischen Schock davongetragen und neigte seitdem zu Aggressionen. Gelegentlich ging sie wegen einer lächerlichen Geringfügigkeit auf die anderen Blechschimpansen los, so daß sie abgeschaltet werden mußte. Oder sie gab sich störrisch und stur.
An diesem Tag weigerte sich die Nummer Elf, Addams den funkelnden Diamanten auszuhändigen, den sie vor seinen Augen aus dem Gestein gebrochen hatte.
Addams hielt der Nummer Elf seine offene Hand hin; dabei skandierte er wütend: „Du - sollst - mir -den - Stein - geben!“
Der Blechschimpanse zeigte sich unbeeindruckt. Statt Addams den Stein zu geben, gab er ein fauchendes Geräusch von sich. Addams kochte vor Wut.
Der haselnußgroße Diamant in der stählernen Klaue des Arbeitsroboters war von bestechender Schönheit. Jedesmal, wenn er in das Licht der Grubenlampe geriet, verwandelte er sich in einen gleißenden Regenbogen, in ein sprühendes Feuerwerk aus abertausend Blitzen. Kein irdischer Diamant konnte damit konkurrieren. Erst mit den Diamantfunden auf dem Ikarus war es den Militärs und Waffentechnikern möglich geworden, ihr Zeitalter des Kalten Lichts einzuleiten.
Addams zwang sich zur Ruhe.
„Du - sollst - mir - den - Stein - geben!“ wiederholte er. „Her -damit - du - verdammtes - Miststück!“
Im Innern des Arbeitsroboters rumorte es. Addams kam es vor, als lachte ihn der Blechschimpanse aus. Er sah rot.
„Na warte!“
Addams bückte sich plötzlich, hob einen Gesteinsbrocken auf und warf ihn der Nummer Elf an den Kopf. Das half. Der Blechschimpanse ließ den Diamanten fallen und zog sich eilig zurück. Addams Steinwürfe verfolgten ihn.
Als John Stewart nikotingesättigt aus dem Lift kletterte, steckte der umkämpfte Edelstein längst in Addams Tasche.
Einen Atemzug lang blieben die Lautsprecher stumm. In seinem Büro warf Dr. Hamilton einen Blick auf die Uhr. Der entscheidende Augenblick rückte näher. Hamilton räusperte sich und wurde konkret.
„Und nun, meine Damen und Herren, die Verhaltensregeln! Im Namen des Findorff-Teams ersuche ich Sie darum, die Ruhe zu bewahren und weiterhin Ihrer Arbeit nachzugehen. Der Energiestoß, den Sie zu Beginn des Manövers verspüren werden, ist völlig ungefährlich. Ich wiederhole: Der Energiestoß ist völlig ungefährlich… “
Jan Minkowski hörte Dr. Hamiltons Schlußwort, als er, nachdem er im Leitstand Maschine ein letztes Mal die Kontakte überprüft hatte, aus
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