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Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Titel: Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wieder umschlug in Hysterie und unkontrollierte Weinkrämpfe. Die Bilder verlieren sich im Nebel. Einige andere haben sich mir eingeprägt: unverlierbar. Einiges weiß ich noch, als sei es gestern gewesen.
    Eine Weile sprach keiner ein Wort. Es gab Wichtigeres zu tun. Mit Jan Minkowski war ein Schwall belebender Luft in das stickige Verlies hereingedrungen. Wir atmeten uns voll und spürten mit erwachenden Sinnen, wie wir mit jedem Atemzug mehr wieder zu normalen Menschen wurden.
    Minkowski warf einen Blick auf den Spaten, der vor seinen Füßen lag, dann nahm er mir mit sanfter Gewalt den Eichenprügel aus der Hand.
    „Das brauchen Sie nicht mehr, Sir“, sagte er. „Es ist vorbei.“
    Waren die verharschten Risse und Schrunden, die sein Gesicht entstellten, der Preis für unsere Freiheit? Wer hatte ihn so zugerichtet? Als er mir die Hand reichte, zögerte ich. Er machte eine müde Bewegung.
    „Ich kann Ihren Groll verstehen, Sir“, erwiderte er, „aber Sie tun mir unrecht.“ Er berichtete von Tamara, seiner jungen Frau: daß Piet Gumboldt sie als Geisel benutzte, um ihn zu erpressen. „Sie sehen“, schloß er, „mir blieb nur übrig, mich zu fügen. Aber dann ging Gumboldt zu weit…“
    All das hatte Zeit. Ich fiel Minkowski ins Wort.
    „Wo sind die anderen?“
    Minkowskis Daumen signalisierte einen stattgefundenen Start.
    „Douglas und Bubnitsch sind wir los. Sie verloren die Nerven und setzten sich ab.“
    „Mit welchem Schiff?“
    „Barrakuda. “
    Lieutenant Stroganow, der bislang geschwiegen hatte, hakte ein. Er stellte die Frage, die mir bislang nicht in den Sinn gekommen war, die elementare Frage, die uns alle anging. Und er stellte sie auf seine Weise: knapp und prägnant.
    „Warum?“
    Minkowski seufzte.
    „Weil die Freiheit, die Sie soeben wiedererlangt haben, Iwan, den Geschmack einer Henkersmahlzeit hat. Vertreten Sie sich getrost noch mal die Beine, bevor Sie gehängt werden! Die Verlagerung ist schiefgegangen. Gumboldt wollte den Ikarus hinter dem Merkur verstecken. Im ASTROMATEN war der Wurm drin, ein Schaltfehler. Wir liegen mit totem Triebwerk auf Sonnenkurs.“
    Minkowski dramatisierte nichts, er verharmloste nichts. Er sprach aus, was war. Und wir, Lieutenant Stroganow und ich, die wir einem Beruf nachgingen, der uns immer wieder aufs Neue zwang, in kosmischer Gesetzmäßigkeit zu denken und mit universalen Faktoren zu rechnen, bedurften keiner weitergehenden Erläuterung, um die Situation zu begreifen.
    Wie und warum das Unglück geschehen war, darauf kam es nicht an. Nur daß es geschehen war, zählte. Für die Heißluft, die aus den Düsen strömte, gab es plötzlich eine ebenso einfache Erklärung: das Klimasystem reagierte auf die Überhitzung durch die Sonnenkollektoren, indem es verrückt spielte.
    Minkowski hatte noch etwas hinzuzufügen.
    „Gumboldt versuchte, die Panne auszubügeln, aber mitten im Manöver war der Treibstoff alle. Jetzt will er mit Ihnen verhandeln. Ich soll’s Ihnen ausrichten.“
    Lieutenant Stroganow kam dem, was sich mir auf die Zunge drängte, zuvor.
    „Piet Gumboldt will verhandeln?“
    Minkowskis Blick enthielt eine Warnung.
    „Unterschätzen Sie ihn nicht, Iwan. Er ist immer noch gefährlich, auch wenn er im Augenblick die linke Hand nicht benutzen kann.“
    Ich überlegte.
    Minkowski hatte recht: Da Piet Gumboldt auf dem Ikarus zurückgeblieben war, konnte man nicht umhin, bei allem, was man tat, mit ihm zu rechnen. Bevor man sich um den Planetoiden kümmerte, mußte das Problem Gumboldt bereinigt werden. An seiner Bell führte kein Weg vorbei. Solange man nicht in Erfahrung gebracht hatte, worum es ihm ging, tat man besser daran, alle weiteren Pläne zurückzustellen und seiner Aufforderung nach Verhandlung Folge zu leisten.
    „Wo finden wir ihn?“
    „Als ich ihn verließ, war er im Schaltraum damit beschäftigt, seine Hand zu verarzten.“
    „Haben Sie ihn…“
    Minkowski schüttelte den Kopf.
    „Leider nicht, Sir. Als es geschah, war ich bewußtlos. Ich wollte ihn überwältigen, aber er war schneller. Ivan Addams war’s, der IkarusIngenieur.“
    Ich überlegte weiter.
    Gumboldt war von seinen eigenen Leuten im Stich gelassen, und er war - aus welchem Grund auch immer - verletzt. Das machte ihn unberechenbar. Er stand mit dem Rücken zur Wand: ein Mann, der nichts mehr zu verlieren hatte.
    Minkowski schien meine Gedanken erraten zu haben.
    Er sagte:
    „Er stellt die Bedingung, daß Sie allein zu ihm kommen, Sir.“
    Noch immer

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