Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
rückten näher. In welcher Verfassung würde ich meinen alten Lehrer vorfinden? Und würde es mir gelingen, ihn zu überzeugen? Was, wenn Sir Oleg über die besseren Argumente verfügte?
    Wieder hatte ich nicht aufgepaßt.
    Der Bug des Schleppers ragte plötzlich schräg hinter mir auf. Mit beiden Händen stieß ich mich ab. Der Schlepper rauschte an mir vorüber.
    Irgendetwas an der Berechnung stimmte nicht. Der Schlepper war zu schnell. Wohl oder übel mußte ich den Rucksack noch einmal zünden. Falls ich zu sehr zurückfiel, würde ich den Schiffsverband nicht wieder einholen.
    Ich streckte die Hand aus, griff nach dem Triebwerksgestänge des Schleppers und zog mich an die Bordwand heran. Dann ließ ich den Rucksack anspringen.
    Der Feuerstrahl riß eine lohende Bresche in die Nacht.
    Es ging nicht an, daß sie das nicht sahen!
    Der Rucksack tat seine Schuldigkeit. Der Zug an meiner Hand wurde schwächer. Ich begann aufzuholen. Als ich die Hand schließlich zur Probe löste, bewegten sich der Schlepper und ich mit gleicher Geschwindigkeit durch den Raum. Ich schaltete den Rucksack ab. Die Geschwindigkeit blieb gleich. Ich sah mich um. Nirgendwo geisterte ein Suchscheinwerfer. Keiner der Taurus -Zerstörer hatte seinen Kurs geändert, um auf mich zuzuhalten. Das jähe Lichtphänomen war der Aufmerksamkeit der Eskorte tatsächlich entgangen.
    Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel.
    Der erste Schritt war getan; der nächste durfte nicht auf sich warten lassen. Lange konnte ich mich mit dem Schiffspulk nicht mittreiben lassen. Mein Vorrat an Luft und Wärme war nicht unerschöpflich. Ich brauchte keinen Blick auf das Außenthermometer am linken Oberarm zu werfen, um zu wissen, wie mein Ende sein müßte. Vom absoluten Kältenullpunkt trennten mich gerade noch ein paar Grad.
    Ich zog die Knie an, ließ mich gegen den Schlepper treiben und stieß mich ab. Der Stoß katapultierte mich in den freien Raum zurück. Ich schickte mich an, der nachfolgenden Plattform den Weg zu verlegen.
    Plötzlich war ich in großartiger Stimmung. Am liebsten hätte ich gesungen. Die Schwerelosigkeit war wie ein Rausch, prickelnd und begeisternd. Alle gewohnte Gesetzmäßigkeit war aufgehoben. Es gab kein Oben, kein Unten. Ich stieg und ich fiel und ich wandte mich seitwärts fast ohne jede körperliche Anstrengung. Mitten im eisigen Raum, in unwirtlicher Leere, tanzte ich mit den Sternen ein atemberaubendes Ballett, und der Schlepper, die Taurus -Zerstörer, der Schwere Kreuzer und die Plattform samt Spinni leisteten mir dabei Gesellschaft, feuerten mich an, klatschten mir Beifall.
    Niemand außer mir hörte meinen Aufschrei.
    Etwas Hartes schrammte an meinen Rippen entlang. Der Schmerz bewirkte schlagartig Ernüchterung.
    Um ein Haar hätte ich mich in die ewigen Jagdgründe getanzt.
    In meinem Rausch hatte ich tatsächlich fast vergessen, wo ich mich befand, und nicht länger auf den schartigen Schleppdraht geachtet, an dem P-kop hinter dem Schlepper herzockelte.
    Ich schalt mich einen verantwortungslosen Narren und überprüfte Atmung und Heizung. Die Luft floß ungebrochen, die Wärmeabgabe der Batterien ließ sich regeln. Das ganze Malheur bestand aus ein paar blauen Striemen, unter denen ich eine Weile zu leiden haben würde. Der Raumanzug selbst hatte keinen Schaden genommen. Im wahrsten Sinne des Wortes war ich gerade noch einmal davongekommen.
    Der Schmerz war heilsam. Fortan hielt er mich nüchtern. Der Rauschzustand stellte sich nicht wieder ein. Ich wußte wieder, weshalb ich unterwegs war, und überprüfte, wie es sich gehörte, jede meiner Entscheidungen und Handlungen.
    Als ich nun nach dem Schleppdraht griff, tat ich das mit kühler Vorbedacht. Eine Minute lang war er für mich so etwas wie der Faden der Ariadne. Hand über Hand ließ ich mich an ihm entlang achteraus sacken. Die dunkle Bordwand der Plattform rückte näher und verwandelte sich mehr und mehr in ein lastendes Gebirge, das mich unter sich zu begraben drohte.
    Ich war auf der Hut und achtete darauf, den gefährlichen Schleppdraht nur mit den Handschuhen zu berühren. Knapp vor dem Schlepphaken ließ ich los, trieb zwei, drei Sekunden vor der Plattform, die mir plötzlich riesig und unbezwingbar erschien, einher und warf dann plötzlich die Arme nach vom, während ich mich zugleich auf die Seite rollte.
    Als ich nach einer Weile den Kopf hob, befand sich die Plattform über mir, und ich mußte aufpassen, daß mein Rucksack nicht an ihrem rostigen Boden

Weitere Kostenlose Bücher