Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
lächelte. »Normalerweise bin ich es, die die Anweisungen gibt«, sagte sie. »Aber ich kenne euch beide zu gut. Was ihr sagt, ist in Ordnung.«
»Gut«, meinte Jules. »Und jetzt zur Planung der eigentlichen Falle!«
Die meisten Kandidaten hielten sich, wie am Tage von Jules' Ankunft, im Aufenthaltsraum von Schloß Rockhold auf. Jules gesellte sich unauffällig zu ihnen, während Jacques Roumenier neben der nach außen führenden Tür Posten bezog. Dabei hielt er unauffällig die Hand so, daß er im Bruchteil einer Sekunde seine Waffe ziehen konnte. Jules und Yvette hatten sich für die Benutzung von Strahlern entschieden, da die Stürmer gegen einen Roboter nutzlos waren.
Yvette und Yvonne warteten im Nebenzimmer. Die beiden hatten die Waffen schußbereit und waren darauf eingestellt, wenn nötig, sofort loszuschlagen. Die Roumeniers waren eingeweiht und gewillt, dem Treiben des Roboters mit allen Mitteln ein Ende zu bereiten.
Symond und Liu waren noch nicht da, deshalb nutzte Jules die Gelegenheit und setzte seinen Scanner auf die anderen an. Wie er und Yvette vermutet hatten, waren alle unverdächtig und nachweisbar menschlicher Natur – blieben also nur die zwei Hauptverdächtigen.
Liu trat durch die eine Tür beinahe im gleichen Augenblick ein, wie Symond durch die entgegengesetzte. Sie begaben sich in entgegengesetzte Ecken des Raumes. Liu, um wie immer zu meditieren, und Symond, um mit Sean Mulvaney zu plaudern.
Jules entschied sich zunächst für Liu. Er näherte sich dem Mann und sagte so leise, daß nur sie beide es hören konnten: »Eines ist mir bei Ihnen unerklärlich.«
»Ach?« Der Anarianer sah ihn gleichmütig an.
»Bei unserer ersten Begegnung sagte ich, Ihr Händedruck sei viel zu kräftig für einen so zierlich gebauten Menschen, wie Sie es sind, und Sie erklärten damals, das Universum wäre voller Illusionen und niemand wäre ganz das, was er zu sein scheint. Was meinten Sie damit?«
Während des Sprechens stellte Jules seine Sensoren auf den Körper des Anarianers ein. Einer der Sensoren war in seinem Ring versteckt, der andere in der Gürtelschnalle. Beide zeigten nichts Auffälliges an. Liu war kein Roboter.
»Die Wirklichkeit hat ebenso zahlreiche Stufen wie die Illusion«, antwortete der Anarianer. »Ich verfüge über die bescheidene Gabe, gewisse Illusionen zu durchschauen, wenn ich auch manchmal die ganze Wirklichkeit nicht erfassen kann. So weiß ich beispielsweise, daß Sie nicht das sind, was Sie zu sein vorgeben.«
Jules war einigermaßen erschüttert. »Woher wissen Sie das?«
»Ihr Körperbau, die Knochenstruktur, als ich Ihre Hand schüttelte – diese zwei Merkmale sind nicht charakteristisch für einen, der von einer Welt mit normaler Schwerkraft kommt, wie Sie es von sich behaupten. Außerdem befasse ich mich mit Galaktographie und mit Tagespolitik und weiß, daß es keinen Planeten Julea gibt.«
»Warum haben Sie mich nicht als Betrüger entlarvt, wenn Sie es wußten?«
»Die Illusion spielt in der Wirklichkeit eine gewisse Rolle. Eine Illusion zerstören, ohne den Grund für ihr Vorhandensein begriffen zu haben, ist ein unkluges Vorgehen.«
»Gibt es hier noch jemanden, der eine Täuschung ist?« fragte Jules. Er wollte Lius Beobachtungsgabe auf die Probe stellen und in Erfahrung bringen, ob der Anarianer zu demselben Schluß gekommen war wie er selbst.
»Ja«, entgegnete Liu ruhig. »Wir alle, sogar ich. In einer gespannten Situation wie dieser projizieren wir alle eine ideale Version unserer selbst, eine Mischung aus unseren Träumen und Idealen, unseren Hoffnungen und Befürchtungen.« Er hielt inne. »Dennoch gibt es einen, der eine größere Täuschung darstellt als wir alle.«
»Wer ist das und auf welche Weise täuscht er?« drang Jules in ihn.
Choyen Liu sah ihn mit Augen an, deren Tiefen Jules nicht annähernd ausloten konnte. »Warum fragen Sie mich, wenn Sie es ohnehin schon wissen? Man soll einen Lehrer nicht zu einem Papagei entwürdigen.«
Jules neigte den Kopf. Er hatte begriffen. Liu gefiel ihm trotz seiner Absonderlichkeit immer besser. Irgendwie wußte der Anarianer mehr, als er sehen konnte, und redete weniger, als er sah. »Sie haben recht«, sagte er. »Verzeihen Sie.«
Wenn aber Choyen Liu nicht der Roboter war, dann mußte es Paul Symond sein. Symond, der hübsche, freundliche, zugängliche junge Mann, der allen gut gefiel. Symond, der so angenehm zu plaudern verstand und so verläßlich wirkte. Symond, der Roboter.
Wer wäre
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