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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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Das weißt du.« Und dann, mit einem Grinsen, weil mir das alles viel zu ernst gewesen war: »Aber du darfst den Stammhalter nicht vergessen, sonst bin ich am Ende schuld.«
    Das war ein alter Scherz zwischen uns. Er lächelte, lachte schließlich und versetzte mir einen Stoß an der Schulter, dass ich in den Berg aus Decken fiel.
    Und dann, als hätte ich ihm ein unerwartetes Geschenk gebracht, küsste er mich.
    Später überquerten wir die Brücke zur Zitadelle.
    Am Tor nannte ich Oribasius’ Name und erwartete, abgewiesen zu werden. Stattdessen straffte der Wächter die Schultern, nannte mich »edler Herr« und rief seinen Vorgesetzten. Ein livrierter Diener führte uns durch den Innenhof mit seinenüberdachten Säulengängen, den Buchsbaumhecken und Pflaumenbäumen und dann einen breiten, lichten Gang entlang, dessen Wände mit Garten-und Jagdszenen bemalt waren. Marcellus berührte mich am Arm und murmelte: »Hast du nicht gesagt, dein Freund sei ein Niemand?«
    Achselzuckend verzog ich das Gesicht. Ich hatte geglaubt, man werde uns ins Soldatenquartier bringen.
    Schließlich gelangten wir in einen hellen Raum mit hohen Fenstern und Kassettendecke. Niemand war da. Bevor der Diener uns allein ließ, sagte er: »Der Cäsar wird sogleich kommen.«
    »Augenblick!«, rief ich und wäre ihm beinahe hinterhergerannt. »Wieso Cäsar? Das muss ein Irrtum sein. Ich bin nicht gekommen, um den Cäsar zu sprechen. Er kennt mich gar nicht. Ich möchte zu Oribasius.«
    Der Diener musterte mich, als würde ich wirres Zeug faseln. Ehe ich noch etwas sagen konnte, näherten sich Stimmen. Ich überlegte, wie ich dem Vetter des Kaisers meine Anwesenheit erklären sollte. Anstelle eines kaiserlichen Prinzen sah ich jedoch inmitten seines Gefolges denselben Mann, dem ich im Jupitertempel begegnet war.
    »Drusus!«, rief er aus und kam sofort auf mich zu. »Siehst du, Oribasius? Er ist gekommen, wie ich gesagt habe. Und du musst Marcellus sein. Seid gegrüßt. Ich freue mich, dass ihr endlich da seid.«
    Er wandte sich ab, um dem Diener eine Anweisung zu geben, und erst als dieser mit »Ja, Cäsar« antwortete, wurde mir die Wahrheit deutlich. Er hatte sich zurechtgemacht, wenn auch nicht allzu sehr; er trug eine abgetragene hellbraune Tunika mit rotem Mäandermuster und war auf kunstvolle Weise frisiert. Er sprach mit Marcellus, fragte ihn, ob man uns unverzüglich vorgelassen habe, und erklärte, wir müssten sofort wieder in der Zitadelle wohnen. Marcellus, selbstsicher wie immer, antwortete mit der gewohnten wohlerzogenen Höflichkeit – er war durch Autorität und Titel nie eingeschüchtert.
    Inzwischen füllte der Raum sich mit Höflingen, Dienern und Offizieren. Plötzlich wurde es laut im Vorzimmer, und dann kam auch schon der Präfekt zu uns herein.
    Seine kastanienbraunen Haare waren in kleine kunstvolle Locken gelegt. Er trug einen feinen dunkelblauen Mantel, der an der Schulter mit einer edelsteinbesetzten Brosche aus Goldfiligran zusammengehalten wurde. Die Anwesenden unterbrachen ihre Gespräche und betrachteten ihn. Man hätte tatsächlich meinen können, er sei der Cäsar. Er sprach mit seinem Sekretär, dem Mann, der uns aus der Zitadelle geworfen hatte, wobei er den Blick in die Runde schweifen ließ, um festzustellen, wer anwesend war. Als er in meine Richtung schaute, stockte sein schweifender Blick für einen winzigen Moment, und ich wusste, dass er mich erkannt hatte, obwohl er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Er ging auf Julian zu, der von einer Beamtenschar umringt war; doch bevor er zu ihm durchkam, wandte Julian sich ab und rief mir und Marcellus zu: »Kommt, gehen wir an einen ruhigeren Ort, wo wir uns unterhalten können!«
    Ich sah, wie Florentius abrupt innehielt, ehe er sich wieder seinem Sekretär zuwandte. Julian bemerkte davon nichts.
    Wir begaben uns in ein angrenzendes Zimmer. Oribasius folgte uns und schloss die Tür. Der Raum war klein und schmucklos. Unter dem Fenster standen ein Tisch und ein paar schlichte Eichenstühle; an der Wand sah ich einen Bücherschrank mit Gittertüren. Bis auf die Bücher hätte dies ein Raum in einer Schenke sein können.
    »Ich hoffe, du verzeihst mir wegen gestern Abend«, sagte Julian. »Vermutlich hast du uns mehr erschreckt als wir dich. Es gefiel mir gar nicht, mich im Schatten zu verbergen, während du dich allein wähntest. Es war schändlich, das gebe ich zu, aber ich musste vorsichtig sein.« Er blickte Oribasius an; dann fügte er mit dem

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