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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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war er Legionär. Doch ihm fehlte die Derbheit des gemeinen Soldaten, und sein zierlicher Freund hatte überhaupt nichts Soldatisches an sich. Er blickte auf den Sockel der Statue und runzelte die Stirn beim Anblick der Buchstaben und Kreuzzeichen. »Siehst du, Oribasius?«, sagte er und deutete darauf. Dann wandte er sich an mich. »Wir waren schon hier, als du kamst. Du hast uns erschreckt, sonst hätten wir uns bemerkbar gemacht.« Als ich nichts erwiderte, fragte er: »Bist du mit dem Heer gekommen, Freund?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Dann bist du von hier?«
    »Auch nicht.« Meine Antworten waren kühl, beinahe unfreundlich. Ich war nicht in der Stimmung für belanglose Plaudereien. Außerdem war ich wütend, weil die Männer mich heimlich beobachtet hatten, während ich mich allein wähnte. Überdies hatten sie etwas Verstohlenes an sich, als hielten sie irgendetwas vor mir verborgen oder als wollten sie sich über mich lustig machen.
    Ich deutete mit dem Daumen auf den von Hammerschlägen gezeichneten Fries und fragte schroff: »Seid ihr Christen?« Wenn sie auf Streit aus sind, sagte ich mir, können sie ihn haben.
    »Das ist nicht unser Werk«, antwortete der Stämmige vorsichtig, ohne mich aus den Augen zu lassen. »So etwas würdeich nicht tun. Das ist ein Sakrileg.« Er hielt kurz inne. »Aber sag … Wenn du nicht mit dem Heer gekommen bist, zu wem gehörst du dann?«
    Um das Gespräch zu beenden, antwortete ich: »Wenn du es unbedingt wissen willst: Ich bin Gast eines gewissen Eutherius, ein Freund des Cäsars Julian. Von dem habt ihr gewiss schon gehört.«
    Der Stämmige zog die Brauen hoch, und ich sah, wie er einen verstohlenen Blick mit seinem zierlichen Gefährten wechselte. »Das haben wir in der Tat«, erwiderte er dann. Der andere, den er Oribasius genannt hatte, sagte: »Wir meinen es wirklich nicht böse. Wie heißt du? Es könnte sein, dass wir schon von dir gehört haben.«
    Das bezweifelte ich zwar, aber da ich nicht sah, was es schaden könnte, antwortete ich: »Ich heiße Drusus.« Zu meiner Überraschung fragte Oribasius daraufhin: »Dann hast du vielleicht einen Freund namens Marcellus?«
    Ich starrte ihn sprachlos an. Doch sein stämmiger Freund lachte und sagte: »Du siehst, wir sind ebenfalls mit Eutherius befreundet … Aber der Präfekt gab an, ihr hättet die Zitadelle verlassen.«
    »So ist es. Er hat uns vor die Tür gesetzt. Angeblich gab es keinen Platz mehr für uns.«
    »Tatsächlich?« Er runzelte die Stirn, und wieder wechselten die Männer einen Blick. »Und was werdet ihr jetzt tun?«, fragte er dann.
    Achselzuckend erwiderte ich, wir hätten gehört, dass der Cäsar nach guten Männern suche, und würden vielleicht unser Glück versuchen, sobald Eutherius zurückgekehrt sei.
    »Nun, das ist wohl wahr, doch Eutherius wird noch einige Zeit fortbleiben.«
    »Dann werden wir warten müssen.«
    Er überlegte und rieb sich das Stoppelkinn. »Vielleicht ist das gar nicht nötig«, meinte er dann. »Ich könnte etwas für euchtun. Bist du bereit, morgen zu mir in die Zitadelle zu kommen, du und dein Freund?«
    Ich schmunzelte verstohlen. Dieser Mann war zweifellos ein junger Offizier, der sich wichtig machen wollte und glaubte, bei seinem Kommandanten ein offenes Ohr zu finden. Allerdings hatte er ein ehrliches Gesicht, und da wäre es flegelhaft gewesen, abzulehnen. Ich erklärte mich also bereit, am nächsten Tag bei ihm vorzusprechen, brachte es aber nicht über mich, laut anzuzweifeln, dass man uns überhaupt durchs Tor lassen werde, da der Präfekt uns feindlich gesinnt war.
    Er nickte und bedachte mich mit einem knappen, würdevollen Lächeln. Offensichtlich war er ein Mann, der nur selten lächelte.
    »Gut«, sagte er. »Dann also bis morgen.« Er wandte sich zum Gehen.
    »Warte!«, rief ich. »Nach wem soll ich fragen?«
    Meine Frage überraschte ihn offenbar. Ratlos schaute er seinen schlanken, dunkelhaarigen Freund an. Der antwortete schließlich: »Sag, du willst Oribasius sprechen. Ich werde bei ihm sein.«
    Bis ich das Gehöft erreichte, war es Nacht. In unserem Schuppen brannte keine Lampe mehr, und zuerst dachte ich, Marcellus sei nicht da. Aber als ich hineinging, traf ich ihn im Dunkeln sitzend an, auf einem dreibeinigen Hocker vor dem Ofen. Er stützte das Kinn in die Hand und starrte düster in die Glut.
    »Marcellus!«, rief ich aus und wollte sogleich erzählen, was ich erlebt hatte.
    Erschrocken hob er den Blick. Seine Wangen waren von der Hitze des Feuers

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