Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch
aussieht wie verquirlte Eier mit Mehlklumpen.
Flocke! Backt! Bananenmuffins!
Das sind Balzgeschenke. Für Dana. Deswegen will er die Muffins auch allein machen.
Ist das nicht süß?
Jetzt versucht er gerade, die Butter schaumig zu rühren. Er rührt und rührt und rührt. Ich fürchte, dass der Quirl gleich heiß läuft und in Flammen aufgeht, denn für diese Art von Dauerbetrieb ist er nicht geschaffen. Flocke aber gelingt es einfach nicht, die kalte Butter cremig zu schlagen. Sie hängt in einem dicken Klumpen am Quirl und das Einzige, was hier schäumt, ist mein lieber Bruder.
Keine Ahnung, was er falsch macht. Ich bin ja auch nicht so die Küchenfee.
17.15 Uhr Der Esszimmertisch ist auch aus einem weiteren Grund ein guter Beobachtungsplatz: Ich kann von hier aus durchs Fenster sehen, wie Rosalie und Niklas mit Primel spielen. Das ist richtig niedlich, denn die Rosine gibt alles, um ihrem künftigen Gatten zu imponieren: Sie rennt, sie hüpft, sie klettert, sie redet, lacht und strahlt. Auch Primel ist glücklich, saust mit flatternden Ohren hinter den Bällen her, die die beiden für sie werfen, buddelt Löcher in den Rasen, springt durch Rosalies Hula-Hoop-Reifen und macht sogar Männchen, wenn sie dafür ein Stückchen Wurst bekommt. Niklas sieht mit seinen blonden Haaren und den roten Bäckchen ein bisschen aus wie Michel aus Lönneberga. Er hat sichtlich Spaß mit der Rosine. Na gut, so ganz sicher bin ich mir nicht, ob er nicht vielleicht einfach nur Spaß mit Primel hat. Aber vielleicht kann man das in seinem Alter noch gar nicht so richtig trennen. Rosalie ist für ihn «die mit dem Hund tanzt«, und darauf kommt es an.
17.35 Uhr Eben kam Paps in die Küche. Eine große Hilfe war er Florian aber nicht: Er schlug vor, die Butter mit dem Pürierstab zu bearbeiten. Na, ich fürchte, das wird nix. Aber immerhin senkt es die Explosionsgefahr des Quirls, wenn der mal eine Pause bekommt.
17.40 Uhr Es würde Flockes Explosionsgefahr senken, wenn Papa die Küche wieder verlassen würde. Er lehnt an der Arbeitsfläche und kommentiert alles, was Florian tut, hat aber keine wirklich konstruktiven Vorschläge, wie man den Butterklumpen, der jetzt unten am Pürierstab klebt, mit der Eiermehlklumpensuppe zu einem Teig verarbeiten könnte.
17.43 Uhr Es bleibt spannend: Flocke gießt die Eierpampe durch ein Sieb. Was er wohl mit den Klumpen macht? Papa meint, er solle sie mit einer Gabel zerdrücken. Das will ich sehen!
17.48 Uhr Mama ist eben in die Küche gekommen und hat Fakten geschaffen. Sie hat Butter, Eier und Klumpen in eine Schüssel gekippt, den Pürierstab kurz hineingehalten und, schwupp, war da ein glatter Teig. Wie hat sie das gemacht? Dann hat sie festgestellt, dass Zucker, Kakao und Backpulver fehlen.
18.00 Uhr Paps ist nicht unsensibel. Als Florian eben »Raus!!!«brüllte, verließ er die Küche, zog sich ein Buch aus dem Regal und wollte es sich auf dem Sofa gemütlich machen.
»Stopp! Nicht hinsetzen!«, konnte ich gerade noch schreien. Er hatte nämlich Muffinteig am Hosenboden.
18.05 Uhr In mir steigen Zweifel auf, die ich immer schwerer unterdrücken kann. Zweifel an der seelischen Gesundheit meiner Familienmitglieder, die ich gerade alle im Blick habe. Draußen hat Rosalie gerade ihren künftigen Ehemann angeleint, denn Primel ist mal wieder übergangslos in Tiefschlaf gesunken. Jetzt muss Niklas Männchen machen und bekommt dafür ein Stück Wurst.
Flocke in der Küche hat sich die Pfoten am Backblech verbrannt. Er sagt lauter Wörter, die alle mit A, S oder F anfangen. Ich wusste nicht, dass es so viele davon gibt.
Papa und Mama – uäääh, Szenen einer Ehe: Paps steht mitten im Wohnzimmer, beugt sich vor, stützt die Hände auf die Knie und streckt Mama sein Hinterteil entgegen. Die sitzt auf dem Sofa, einen nassen Lappen in der Hand, und reibt dem Objekt ihrer Begierde Muffin-Teig vom Hosenboden.
Ähm. Ich frage mich wirklich: Sind andere Familien auch so? Oder sollten wir mal einen Spezialisten konsultieren?
»Ist was?« Paps hat wohl meinen irritierten Gesichtsausdruck bemerkt.
»Nö«, sage ich. »Lasst euch nicht stören, ihr Turteltäubchen. Ich beobachte nur dieses Familienrudel der Gattung Homo sapiens. Man sieht hier sehr schön menschliches Liebesleben in unterschiedlichen Stadien: Von den ersten spielerischen Anfängen bis hin zum ausgelatschten Ehe-Trott!«
»L’amour surmonte tout. Die Liebe überwindet alles«, sagt Mama und gibt Paps einen Klaps auf den
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