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Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Titel: Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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hölzernen Reifen in die Hand. Aus den Gesten von Herrn Maier konnte man schließen, dass Tom den Reifen am ausgestreckten Arm neben sich halten sollte. Der gehorchte. Dann rief Herr Maier Jakob zu sich, platzierte ihn ein paar Meter vor Tom, legte ihm einen Ball vor die Füße und zeigte auf den Reifen.
    Jakob zielte.
    Er nahm Anlauf.
    Er ließ den Fuß mit aller Kraft auf den Ball donnern.
    Im nächsten Augenblick brach Tom zusammen und krümmte sich am Boden. Jakob hatte ihn an der empfindlichen Stelle in seiner Körpermitte getroffen.
    Herr Maier lief auf Tom zu, kniete sich neben ihn und legte seine Hand auf Toms Schulter, aber der wälzte sich weiter am Boden. Ich sprang auf und wollte zur Tür rennen, da sah ich Vicky. Sie war schon draußen. Als sie Tom erreicht hatte, half sie ihm auf die Beine, legte ihren Arm um seine Schulter und führte ihn zu einer Bank im Schatten.
    Süß von ihr. Ganz rührend. Nee, echt.
    Jakob sah gar nicht zerknirscht aus. Seltsam. Manchmal glaube ich: Die mögen sich nicht.
    11.10 Uhr Dana hat sich gefreut, als sie hörte, dass Florian heute Abend kommt. Maiken auch.
    12.00 Uhr, Erdkunde. Wir sehen einen Film über Brandrodungswanderfeldbau bei den Yanomami. Das gibt mir Zeit zum Schreiben. Eigentlich. Aber Maiken neben mir kann heute einfach nicht die Klappe halten. Dauernd will sie irgendwas zum Thema Balz wissen. Jakobs Vorführung in Sport hat sie wohl ziemlich beeindruckt. Die anderen Mädels übrigens auch. Ich bin jetzt hier die Oberhenne.
    «Balz? Das ist nichts für dich«, habe ich eben zu Maiken rübergezischt.
    »Wieso das denn?« Sie war echt beleidigt.
    »Na, das hast du doch neulich selbst gesagt! Du wolltest in Zukunft ganz du selbst sein, kein Herdentier mehr. Und zumBalzen braucht man die Herde. Das ist Balzregel Nummer 1: Ohne Herde geht es nicht.«
    Danach war Maiken still. Endlich.
    Aber nur kurz. Gerade wollte ich weiterschreiben, da puffte sie mich in die Seite, um mich auf einen Zettel aufmerksam zu machen, der vor mir lag. Darauf stand: »Und die anderen Regeln?«
    Ich schrieb darunter:
    Balzen für Anfänger:
    1. Ohne Herde geht es nicht. Konkurrenz belebt das Geschäft.
    2. Fit und gesund aussehen.
    3. Auffallen!
    4. Aber unauffällig!!!
    5. Abwarten.
    6. Mehr ist es nicht.
    Es dauerte keine Minute, da war der Zettel wieder bei mir. Unter meiner Liste stand: »Nummer drei und vier kapier ich nicht.«
    Ich seufzte tief, dann gab ich es ihr schriftlich. »Rein äußerlich darfst du nicht aus der Menge herausstechen, sonst picken alle nur mit den Schnäbeln nach dir und du bist schnell unten in der Hackordnung. Aber während du scheinbar unscheinbar mit den anderen mitläufst, musst du dich auch mal was trauen, um die Männchen auf dich aufmerksam zu machen.« Maiken runzelte die Stirn und dachte nach.
    »Denk an meine Kusswette«, kritzelte ich darunter. Sie nickte langsam. Jetzt hatte ich endlich Ruhe, denn Maiken war ganz in Gedanken versunken.
    Das gibt mir Zeit, ein bisschen über mein Leben nachzudenken. Seit meinem Geburtstag hat sich da ja wirklich einiges getan.
    Eigentlich hatte ich einen dreistufigen Plan gefasst: Ich hatte Benny als Testobjekt ausgewählt und wollte küssen üben. Ich wollte wissenschaftlich fundierte Balztechniken entwickeln. Ich wollte sie anwenden und damit Jakob erobern. Dabei hatte ich mich auf einen Übungszeitraum von ein paar Wochen eingestellt. Aber dann kam mir die Blitzidee mit der Kusswette, und die war so eine Art Funken, mit dem ich eine Zündschnur in Brand gesetzt habe. Drei Tage später waren Jakob und ich zusammen und ich kann es immer noch nicht so richtig fassen.
    Seitdem läuft es aber nicht wirklich gut. Eigentlich besteht unsere Beziehung aus Warten: auf Anrufe, auf SMS , auf Treffen, die nicht stattfinden. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich dachte, jetzt geht es los mit der Romantik. Jetzt laufen wir in Zeitlupe Hand in Hand über blühende Wiese oder so, wie im Film. Aber in echt haben Jakob und ich uns noch kein einziges Mal allein getroffen.
    Und irgendwie gibt es dauernd Turbulenzen mit Tom. Manchmal denke ich …
    Ach, egal.
    Die Grillfete im Wald heute Abend, das ist jetzt mal der nächste Schritt. Nachts im Wald, na, wenn das nicht romantisch ist!
    17.00 Uhr , zu Hause. Ich sitze gerade am Esszimmertisch und beobachte durch die geöffnete Tür unauffällig eine Szene, die sich in der Küche abspielt: Da steht Florian und panscht etwas zusammen, das er Teig nennt, auch wenn es für mich eher

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