Wende
Kinder habe, dann werde dem Ehemann der Kummer darüber nicht erspart bleiben, dass er sie verlassen werde, bevor sie herangereift seien.
Nein, hält ihm der für die Ehe plädierende Gesprächspartner entgegen, ein Mann in reiferen Jahren könne Unerfahrenheit und Unwissenheit einer jungen Frau ausgleichen; wie Wachs könne er sie nach seinem Willen formen. Er werde ihre impulsive Sinnlichkeit mit weiser Zurückhaltung mäßigen, und wenn sie mit Kindern gesegnet würden, werde er die Ehrfurcht genießen, die diese seinem Alter entgegenbrächten. Warum sollte er fürchten, dass sein Leben zu kurz sein könne? Und ganz abgesehen davon, wie viele Jahre ihm noch blieben, werde er die unaussprechliche Freude erleben, sein Leben mit einem geliebten Menschen teilen zu können, mit einem zweiten Selbst. Das vielleicht überzeugendste Argument fällt, wenn Poggio mit eigener Stimme spricht, schlicht und einfach sagt, er fühle sich sehr glücklich, und den Dialog-Niccoli damit zum Eingeständnis bewegt, es könne ja Ausnahmen von seinen pessimistischen Regeln geben.
Wie sich herausstellt, blühte Poggio in dieser Ehe auf, und das in einer Zeit mit einer nach unseren Maßstäben sehr geringen Lebenserwartung.
Und wie es aussieht, haben er und Vaggia eine glückliche Ehe geführt, fast ein Vierteljahrhundert lang lebten sie zusammen. Vaggia bringt fünf Söhne – Pietro Paolo, Giovanni Battista, Jacopo, Giovanni Francesco und Filippo – sowie eine Tochter, Lucretia, zur Welt; alle Kinder erreichen das Erwachsenenalter. Vier der Söhne wählen eine kirchliche Laufbahn, der fünfte, Jacopo, wird zum anerkannten Gelehrten. (Allerdings hatte er das Pech, sich als Mitglied der Pazzi-Verschwörung zur Ermordung von Lorenzo und Giuliano de’ Medici erwischen zu lassen, und wurde 1478 in Florenz gehenkt.)
Das Schicksal von Poggios Geliebter und ihren vierzehn Kindern ist unbekannt. Seine Freunde beglückwünschten den frisch verheirateten Poggio zu seinem Glück und seiner moralischen Geradlinigkeit; seine Gegner setzten Geschichten über die Gleichgültigkeit in Umlauf, mit der er jene behandelt habe, die er verstoßen hatte. Bei Valla etwa ist zu lesen, wie herzlos und ungerührt Poggio die Prozedur hat rückgängig machen lassen, mit der er zuvor vier der Söhne, die seine Geliebte geboren hat, legitimiert hatte. Dieser Vorwurf kann boshafter Klatsch sein, wie ihn die Humanisten so liebten, doch gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass Poggio die von ihm Verlassenen mit besonderer Freundlichkeit oder Großherzigkeit behandelt hätte.
Als Laie war Poggio nach seiner Heirat nicht gezwungen, den päpstlichen Hof zu verlassen; er blieb in den Diensten von Papst Eugen IV, auch während der langen Jahre der bitteren Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kirchenkonzilien, fiebriger diplomatischer Manöver, Anklagen gegen Ketzer, überstürzten Fluchten aus Rom und offener Kriege. Auch nach Eugens Tod im Jahr 1447, unter dessen Nachfolger Nikolaus V, blieb Poggio weiterhin als apostolischer Sekretär im Dienst.
Nikolaus war dann der achte Papst, dem Poggio in dieser Funktion diente, und nun, weit über sechzig, wird er seines Amtes wohl doch überdrüssig geworden sein; jedenfalls fühlte er sich hin und her gerissen. Seine Schriftstellerei nahm einen immer größeren Teil seiner Zeit in Anspruch, und er hatte sich um die wachsende Familie zu kümmern. Zudem verstärkten die tiefen familiären Bindungen seiner Frau an Florenz auch die Verbindungen, die er zu seiner Geburtsstadt, wie er sie nannte, stets sorgfältig gepflegt hatte; mindestens einmal im Jahr reiste er nun nach Florenz.
Doch muss der Dienst für den neuen Papst in vielerlei Hinsicht auch befriedigend gewesen sein, denn vor seiner Wahl hatte sich Nikolaus V. – sein weltlicher Name war Tommaso da Sarzana – als gebildeter Humanist hervorgetan. Er verkörperte die Art von Erziehung und Ausbildung in klassischer Lehre, damit auch den Geschmack, deren Pflege sich Petrarca, Salutati und andere Humanisten verschrieben hatten.
Poggio, der den zukünftigen Papst in Bologna näher kennen gelernt hatte, widmete ihm 1440 eines seiner Werke, den Dialog Über das Fürstenunglück. In seinem Glückwunschschreiben gleich nach der Wahl beeilte er sich jedoch, dem neuen Papst zu versichern, nicht alle Fürsten müssten unglücklich sein. Natürlich könne er sich in seiner herausgehobenen Position nicht länger den Freuden der Freundschaft und der Literatur widmen, immerhin
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