Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
sofort eine Absage schreiben. Kurz und schmerzlos. Dann habe ich es hinter mir und kann endlich wieder unbeschwert in meinem neuen Leben aufgehen.
»Lieber Benno, nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, Dir abzusagen. Eine Tätigkeit in Frankreich passt letztlich nicht in meine Lebensplanung. Trotzdem vielen Dank, für alles. Viele Grüße, Sandra.«
Gut. Das ist die richtige Entscheidung. Nicht ganz leicht – aber richtig. Ich habe wohlüberlegt und verantwortungsvoll gehandelt. Zu meinem und zu Thomas’ Besten, zum Besten unserer altehelichen Verbundenheit und gemeinsamen Zukunft.
Stolz macht sich in mir breit. Und auch eine gewisse Erleichterung. Ich hole tief Luft und drücke auf »Absenden«.
Genau in diesem Moment klingelt das Telefon. Ich schaue auf die Nummer. Renate.
»Von dir hört man ja gar nichts mehr«, maule ich gut gelaunt in den Hörer.
»Musst du gerade sagen! Ich gehöre schließlich zur schwer arbeitenden Bevölkerung, während du nichts weiter zu tun hast, als Rezepte für dein Silvesterbuffet zu wälzen … Mal im Ernst, was machst du eigentlich so den lieben langen Tag?«
»Also heute habe ich zum Beispiel ein Jobangebot abgelehnt«, sage ich stolz.
»Klar, verstehe, an der Absage hast du bestimmt mindestens 14,8 Minuten gesessen, da bleibt natürlich kaum Zeit für Telefonate mit deinen Freundinnen.«
»Jetzt mach mal halblang. Die Absage ging schnell, aber der Entscheidungsprozess, der hat schon ein bisschen gedauert«, erkläre ich huldvoll.
»Ach ja? War’s denn so viel besser als die Meidnerklitsche? Eine Stelle als Verkosterin bei Veuve Clicquot vielleicht?«
»Nee, natürlich nicht. Leider. Aber mit Frankreich liegst du gar nicht so verkehrt, du alte Hellseherin«, erwidere ich und erzähle ihr von dem Jobangebot.
Und auch von Benno. Einem plötzlichen Anfall von Aufrichtigkeit folgend, beichte ich ihr sogar meine kleine Affäre. Wenigstens ein Mensch auf Erden soll mein süßes Geheimnis kennen, bevor ich es für immer im hintersten Verlies meines Gedächtnisses wegsperre.
»Ich hab jedenfalls gerade abgesagt. Diese ganze Frankreichsache und erst recht das mit der Seelenverwandtschaft – das sind doch alles nur Flausen. Ich gehöre zu Thomas, das weiß ich jetzt. Ich hab meine Lektion endlich gelernt«, erkläre ich mit stolzgeschwellter Brust und warte auf überschwängliches Lob für meine Weisheit, Läuterung und Tugendhaftigkeit.
»Also ich weiß nicht«, sagt Renate nachdenklich. »Sandra … ich will dir nicht zu nahe treten und dich erst recht nicht verunsichern. Aber kann es sein, dass du da die falsche Lektion gelernt hast?«
Ich traue meinen Ohren nicht. »Wie kommst du denn da drauf? Du gehörst doch auch zu denen, die immer sagen, dass man mit dem zufrieden sein soll, was man hat, anstatt nach den Sachen zu schielen, die man nicht hat!«, rufe ich entrüstet.
»Das stimmt«, sagt Renate beschwichtigend. Ich kann durch die Leitung spüren, wie sie versucht, die richtigen Worte zu finden.
»Aber ich denke auch, dass man mehr aus seinem Leben machen sollte, als sich mit einem Sack fauler Kompromisse abzufinden«, fährt sie schließlich leise fort.
In ihrem Ton schwingt viel Zuneigung mit, als wolle sie mir möglichst behutsam eine unangenehme Wahrheit nahebringen. Wie eine Krankenschwester, die einen noch mal tröstend an der Schulter streichelt, ehe sie mit einem Ruck das Pflaster abreißt.
»Nach dem, was du mir gerade erzählt hast, sieht das für mich aber genau danach aus. Nur dass du für ein Leben im Lauwarmen noch nicht alt genug bist. Damit kannst du in 20 Jahren anfangen.«
»He, mach dich locker! Nur weil ich ein bisschen länger gebraucht habe, um zu erkennen, was das Beste für mich ist, lebe ich noch lange nicht im Lauwarmen!«, protestiere ich energisch.
Hier muss offenbar einiges richtiggestellt werden. Hat etwa ausgerechnet Renate meine innere Wandlung zur glücklichen, in sich ruhenden Frau nicht mitbekommen?
»Was meinst du überhaupt mit dem Sack fauler Kompromisse?«, frage ich irritiert.
»Ich meine damit, dass du nie richtig glücklich klingst«, erwidert Renate ruhig. »Noch nicht mal nach deiner Entscheidung, mit Thomas aufs Land zu ziehen. Du klingst eher nach ›Was nicht passt, wird passend gemacht‹. Dabei geht’s für dich vielleicht in Wirklichkeit darum, endlich die Kurve zu kriegen und aufzuhören mit solchen Verrenkungen …«
»So ein Schmarrn!« unterbreche ich sie rüde. »Was heißt hier
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