Wenn Alkohol zum Problem wird
Ersatzmittel.
Wenn man den Alkohol benutzt hat, um unangenehme Gefühle, Probleme oder Konflikte »wegzutrinken«, stellt sich die Frage, was man nun stattdessen tun kann. In der Entwöhnungsbehandlung werden entsprechende neue Verhaltensweisen erlernt, aber wenn man dann tatsächlich wieder zu Hause sitzt, hat man sie nicht unbedingt gleich parat. Denn auch diese alternativen Verhaltensweisen müssen eingeübt werden. Da ist es also nicht verwunderlich, wenn man bei Ängsten, Unruhe oder Nervosität zunächst etwas sucht, was man ähnlich wie Alkohol einfach konsumieren kann. Bei solchen Ersatzmitteln gibt es jedoch Unterschiede in ihrer Gefährlichkeit.
Gefährliche Ersatzmittel: Es versteht sich von selbst, dass wir Ihnen von dem Gebrauch von Medikamenten, die selbst abhängig machen, dringend abraten (manche Psychopharmaka,vor allem Beruhigungs- und Schlafmittel, aber auch Schmerzmittel, siehe → S. 40 ff .). Viele Alkoholabhängige rauchen zusätzlich und verstärken ihren Zigarettenkonsum, wenn sie aufhören zu trinken.
Ungefährliche Ersatzmittel: Eher ungefährlich ist es, wenn Sie zunächst auf Dinge »umsteigen«, die Ihnen gut schmecken (z. B. Kuchen, Schokolade) oder einfach auf nichtalkoholische Getränke (z. B. Wasser, Kaffee, Limonaden). Natürlich spielen auch hier Konsummenge und -häufigkeit eine wichtige Rolle, denn selbst ungefährliche Ersatzmittel in zu großen Mengen und zu häufig genossen führen zu körperlichen Schäden, z. B. Übergewicht (Süßigkeiten).
Neben dem oben beschriebenen Effekt, mit diesen Mitteln den vorhandenen Unruhezustand zu bekämpfen, dürften auch Aspekte einer körperlichen und psychischen Gewöhnung eine Rolle spielen. Flüssigkeits- und Kohlehydratzufuhr gleichen Mangelerscheinungen aus, die durch Alkohol selbst oder durch sein schnelles Absetzen entstanden sind. Psychologisch gesehen, stellen »viel Essen« oder »viel Trinken« am ehesten Verhaltensweisen dar, die aufgrund von Gewohnheiten entstanden sind.
Muss man tatsächlich auf jeglichen Alkohol verzichten?
Grundsätzlich kann kein Mensch einem anderen, ob alkoholkrank oder nicht, vorschreiben, was er essen muss bzw. nicht essen darf. Wenn also ein Alkoholkranker mit Alkohol zubereitete Speisen essen will, wird ihn daran niemand hindern können. Hindern kann er sich lediglich selbst, indem er einfach darauf verzichtet.
Sicher wird es manchmal vorkommen, dass ein jetzt abstinenter (ehemals) Alkoholkranker Speisen oder Soßen kostet,ohne zu wissen, dass diese mit Alkohol zubereitet wurden – rückfällig ist er deshalb nicht. Auch verdampft der Alkohol in Speisen bei ca. 80 Grad Celsius, und so kann sich keine ausgeprägte Alkoholwirkung einstellen.
In jedem Fall ist all jenen, die Angst vor einem Rückfall empfinden, wenn sie mit Alkohol zubereitete Speisen essen, dringend vom Genuss solcher Speisen abzuraten.
Häufig machen sich aber Alkoholkranke keinerlei Gedanken darüber, ob irgendwelche Speisen Alkoholzusätze beinhalten, und essen bedenkenlos auch Kuchen und Pralinen die durchaus Alkohol enthalten könnten. Im Gespräch vermitteln sie dabei den Eindruck, ihr kritikloses Essverhalten stelle einen mehr oder minder bewussten Versuch dar, auszuprobieren, ob sie nicht doch ein wenig Alkohol zu sich nehmen könnten, ohne gleich exzessiv rückfällig zu werden. Letztlich bedeutet dieses Verhalten, dass sie nicht abstinent leben, sondern eigentlich Alkohol konsumieren wollen, sich aber (noch nicht) getrauen, dies in der früher üblichen Form zu tun. Dass damit der Rückfall programmiert sein dürfte, ist klar.
Ist alkoholfreies Bier geeignet?
Bei »alkoholfreiem« Bier handelt sich um echtes Bier, das auch im Herstellungsverfahren weitestgehend dem »normalen« Bier entspricht. Jedes Bier, das weniger als 0,5 Vol.-% Alkohol enthält, darf als »alkoholfrei« bezeichnet werden. Denn dieser geringe verbleibende Alkoholgehalt reicht nicht aus, um sich damit zu betrinken und für Menschen, die kein Alkoholproblem haben, ist es daher ein völlig unbedenkliches Getränk, vor allem hinsichtlich der Fahrtauglichkeit.
Für trockene Alkoholiker sieht die Sache etwas anders aus. Es besteht die Gefahr, dass man damit wieder »auf den Geschmack kommt«, denn das »alkoholfreie« Bier unterscheidet sich in Geschmack, Geruch und Farbe kaum von höherprozentigem alkoholhaltigem Bier. Das Suchtgedächtnis könnte aktiviert werden, was zu dem erneuten Verlangen, Alkohol zu trinken, führen kann. Daher lautet der
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