Wenn aus Verlangen Schicksal wird
Lektion in Sarantos’scher Familiengeschichte noch irgendwohin?“
„Lassen Sie mich ein paar Jahre vorspulen“, sagte Aris. „Denn meine Geschichte hat sich an dem Tag verändert, an dem ich zum ersten Mal Ihrer Familie begegnet bin. Was habe ich Sie alle um Ihren Vater beneidet! Ich wollte ihn unbedingt beeindrucken. Aber letztendlich habe ich nur erreicht, dass er mich verabscheute.“
„Er hat Sie nicht verabscheut, Sarantos“, warf Lysandros ein. „Was wahrscheinlich der Hauptgrund dafür ist, dass wir Sie so hassen. Es hieß immer nur ‚Sarantos dies, Sarantos das, nehmt euch ein Beispiel an Sarantos‘. Jahrelang immer dieselbe Leier.“
Für Aristedes war das genauso neu wie für Selene. „Theos!“ , rief er. „Aber warum hat er dann …?“
Diesmal war es Nikolas, der antwortete. „Ich habe es auch erst verstanden, als ich nach Vaters Tod seine Tagebücher gelesen habe. Offenbar hat er geglaubt, dass Sie mit den Jahren immer rücksichtsloser und abgeklärter geworden sind. Er hat sich Ihnen gegenüber als Ersatzvater gefühlt und hielt es für seine Pflicht, Sie in Schach zu halten und Sie davon abzubringen, den falschen Weg einzuschlagen. Er hat übrigens auch gewusst, wie sehr sich Selene zu Ihnen hingezogen fühlte. Deswegen wollte er einen Mann aus Ihnen machen, dem er guten Gewissens seine Tochter anvertrauen konnte.“
Ihr Vater hat es gewusst? Das hatte er nie auch nur angedeutet!
„Und er wusste schon viel länger als Sie selbst, was Sie für Selene empfanden“, fuhr Nikolas fort.
Zumindest in diesem Punkt hatte ihr Vater sich geirrt. Denn sie war sich ganz sicher, dass Aris’ Leidenschaft für sie erst in der Nacht nach der Beerdigung entflammt war.
Doch Aris’ Antwort belehrte sie eines Besseren. „Oh, aber ich wusste es doch von Anfang an! Ich habe Selene seit unserer ersten Begegnung begehrt. Aber ich war mir sicher, dass Hektor mich nie als Schwiegersohn akzeptieren würde. Und sie selbst zeigte überhaupt kein Interesse an mir. Also habe ich reagiert wie jeder kluge Geschäftsmann und gar nicht erst versucht, mich auf ein Unternehmen einzulassen, das keine Erfolgschancen hatte. Aber dann ist ein Wunder passiert, und sie hat mir eine Chance gegeben. Als sie dann einfach ging, war für mich sonnenklar, dass sie unsere Affäre bereute. Ich hätte nie gedacht, dass sie mir irgendwann eine zweite Chance geben würde. Doch als ich sie wiedersah, begriff ich, dass ich es einfach versuchen musste. Selene hat mich damals so entschlossen abblitzen lassen, dass der bloße Gedanke daran heute noch wehtut. Und dann habe ich herausgefunden, dass es Alex gibt. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie solche Angst gehabt wie damals. Plötzlich brauchte ich diese zweite Chance unbedingt, aber Selene wollte sie mir nicht geben. Stattdessen sagte sie mir ins Gesicht, was sie von mir hielt – und jedes einzelne Wort war wahr.“
Auch jetzt noch schien die Erinnerung ihn zu schmerzen, denn Selene hörte, wie seine Stimme brüchig wurde.
„Aber dann geschah noch ein Wunder. Selene entschied sich, mir doch noch eine Chance zu geben. Irgendwie schaffte es Ihre Schwester, das Beste aus mir herauszuholen. Plötzlich war ich nicht mehr der eiskalt berechnende Mann, für den ich mich selbst immer gehalten hatte. Manchmal ist meine Liebe zu Selene und Alex so überwältigend, dass ich kaum noch atmen kann. Ohne die beiden kann ich nicht mehr leben. Ich würde lieber sterben, als auf sie zu verzichten. Und das größte Wunder von allem war, dass sie mich auch liebte. Bis heute verstehe ich nicht, womit ich das verdient habe. Als ich dann hörte, dass Sie den Vertrag an sich gerissen hatten, dachte ich sofort, dass Selene mich in Wirklichkeit nie geliebt und sich gegen mich und für ihre Familie entschieden hatte.“
„Sie dachten, dass sie Sie verraten hat?“, fauchte Damon. „Und Sie lieben sie trotzdem?“
Nicht weniger aggressiv warf Lysandros ein: „Genau, gesagt ist das leicht, Sarantos. Sie lieben sie, Sie würden Ihr Leben für sie geben, aber Sie vertrauen ihr kein bisschen.“
„Aber doch nur aus Unsicherheit! Bis zu Alex’ Unfall konnte ich mein mangelndes Selbstvertrauen noch in Schach halten. Aber als ich begriff, wie zerbrechlich unser Glück ist, fing meine Selbstsicherheit langsam an zu bröckeln. Und als Sie drei mich dann in Selenes Wohnung mit der Übernahme konfrontiert haben, wurde ich vom Schmerz überwältigt und bin geflüchtet. Gleich darauf wollte ich wieder
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