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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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Steinzeit zurück, zu ihren läppischen Amuletten, Regenzauberern und Menschenopfern. Das scheint mir ja überhaupt eine erstrebenswerte Kulturstufe zu sein – für die Überlebenden der Atomnacht, sofern es solche noch geben wird. – Hirnchristl schreibt, ich möge mich binnen vierzehn Tagen reisefertig machen. Das ist eine lange Frist, wenn man bedenkt, wie rasch die apokalyptischen Plagen reiten – das FS ist aber zu einem Zeitpunkt abgefaßt, wo noch niemand wissen konnte, ob der Atomkrieg sofort beginnen würde. Er wird, sagt er, mir durch Meldegänger mitteilen, wann und wo ich mich für den Abflug bereithalten soll. Sein Angebot bezieht sich auf Diamanten, es ist also Eis gemeint, und lupenreine Diamanten bedeuten die arktische Eisregion. Das Unternehmen Bifröst, die größte Luftbrückenoperation seit Bestehen des RLM, ist somit angelaufen – – – ich habe schon vor einem Jahr davon gehört. Hirnchristl war immer schwer zu durchschauen. Ist er ein von der Partei offiziell Beauftragter für diese Flucht ins Nirgendwo, oder ist er ein Außenseiter, der die Macht hat, sich da und dort einzuschalten? Daß er Anti-Werwolf ist, hat er x-mal bewiesen. Wir können hundertprozentig auf ihn zählen – wenn er noch lebt. Offen gestanden, habe ich erwartet, daß Sie der bewußte Meldegänger sind …“
    Höllriegl richtete sich aus seiner gebückten Haltung auf. Es war Zeit, reinen Tisch zu machen. Axels Retter verdiente ein ehrliches Wort.
    „Professor Gundlfinger“ – er artikulierte deutlich, um dem Schwerhörigen, dem er zum erstenmal mit Sympathie in die Augen blickte, nicht Mühe zu machen –, „ich kenne Obersturmführer Hirnchristl nur von einer einzigen Unterredung her. Über ihn und seine Vertrauenswürdigkeit weiß ich nichts. Ich wurde zu ihm geschickt – auf Grund eines in meinem Wohnort Heydrich ausgestellten Marschbefehls. Mein Name ist Höllriegl, Albin Totila Höllriegl. Ich bin Rutengänger, Heilpendler, Gyromant – was ich schon sagte. Der ostmärkische Romanschriftsteller von Schwerdtfeger –“
    „Oho, Schwerdtfeger!“ warf Gundlfinger ein. „Henricus Arbogast Edler von Schwerdtfeger. Das wird ja immer toller! Wissen Sie, daß ich mit diesem Mann seit dem ersten Weltkrieg bekannt bin? Wir waren Grabenkameraden in Wolhynien, österreichische und deutsche Regimenter lagen damals nebeneinander. Gerieten am selben Tag in russische Gefangenschaft, per Zufall waren wir auch im nämlichen Lager. In den Erdbaracken von Nowo-Nikolajewsk lernte ich ihn richtig kennen – der Typhus machte uns alle zu Brüdern. Brest-Litowsk riß uns wieder auseinander. Wir kamen über verschiedene Lager auf dem Austauschweg in die Heimat, er ging nach Wien zurück, ich nach Nördlingen, und später habe ich den k. k. Fähnrich von Schwerdtfeger aus den Augen verloren. Erst nach der Gründung des Großdeutschen Reiches bin ich ihm gelegentlich wieder begegnet, bei Tagungen, bei Gesprächen auf Ordensburgen, politischen Kundgebungen, einmal auch bei einem Empfang in der Reichskanzlei. Schwerdtfeger hat, soviel ich weiß, den zweiten Weltkrieg als Offizier mitgemacht – irgendwo in der Etappe, bei einem Stab in Frankreich. Ich war u-ka gestellt, dem Wodan sei Dank! Ob Schwerdtfeger einer der Unsern ist? Er gehört bekanntlich zu den Laureaten der Partei …“
    „Ihm verdanke ich Ihre Bekanntschaft, Herr Professor. Hirnchristl war für mich nur ein Mittelsmann – über Weisung Schwerdtfegers gab er mir den Auftrag, bei Ihnen zu pendeln. Auch in Berlin hatte ich einen ähnlichen Auftrag. Ich bin jetzt auf der Rückfahrt nach Heydrich, muß schnell wieder nach Haus – werde vielleicht dringend gebraucht.“
    „Ja, ich erinnere mich nun genau, Schwerdtfeger hat einmal von Ihren … Zauberkunststücken erzählt. Der Einfluß der Erdstrahlen scheint mir plausibel. Ich kenne die Werke von Benedikt, Heermann und Lakhovsky. Wenn Sie der Alarm nicht stört, so beginnen Sie mit Ihrer Arbeit – drüben in der Villa.
    Seit Monaten leide ich an Schlaflosigkeit und … äh … Irritationszuständen. Vielleicht finden Sie die Ursache mit dem Pendel – wenn es überhaupt noch Sinn hat, solche Lappalien wie Erdstrahlen aufzudecken.“
    Gundlfinger erhob sich, und auch Höllriegl stand auf. „Warten Sie bitte, ich rufe Axel. Er wird Ihnen meine Zimmer zeigen.“ Nach einem Blick auf die Uhr und die Besucherliste: „Großer Gott, noch fünf Personen!“
    Der Professor rief durch die geöffnete Tür: „Axel, Axel, komm

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