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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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weiter“, sagte Gundlfinger, während er Hirnchristls Fernschreiben noch einmal durch die Finger gleiten ließ, „daß die gesamte Reichsregierung auf gepackten Koffern sitzt, daß mit dem Abtransport der wichtigsten Geheimarchive via Luftbrücke begonnen wurde und daß auch schon der Rückzug gewisser hoher Herrschaften und ihrer Familien in die Wege geleitet worden ist. Die Goldfasane immer zuerst! Wohin die Reise geht, weiß niemand – nur die Chefpiloten wissen es. Manche meinen, in eine Geheimzone irgendwo am Amazonas, worauf auch der Tarnname der Operation deuten würde; andere wieder sagen, gerade ‚Victoria regia’ sei eine Vexierbezeichnung und weise auf den hohen Norden oder die Antarktis, also auf die Kühlschränke des Reiches, wo seit Jahr und Tag an Tiefbunkern, ja an ganzen Untertagstädten mit Fernheizwerken und allem sonstigen Komfort gebaut wird. Das wissen Sie doch, Alfred?“
    Doktor Senkpiehl, Kummernuß und andere hatten tatsächlich manchmal über diese sagenhafte Nordlandfestung gesprochen – sie war als eine Art Gegenstück zur Alpenfestung des letzten Krieges gedacht. Und seine Heydricher Ingrid, die zu den Damen lokaler Funktionäre frisieren ging, hatte auch davon erzählt. Wer wußte aber wirklich etwas darüber? Einer seiner Kunden in Heydrich, Geschäftsführer der Salinengesellschaft, hatte einmal unter vier Augen erklärt, die berühmte Nordlandfestung sei der gleiche Mumpitz wie die Gralsburg.
    Gundlfinger lehnte sich mit gespenstischer Behaglichkeit in seinem Drehstuhl zurück und fuhr fort: „Der Zeitpunkt ist insofern nicht ungünstig, als ja die Elite der Herrenrasse bloß eine Weile in atomsicheren Regionen zuzuwarten braucht, bis das Menschengeschlecht durch die tödliche Strahlung völlig verseucht ist – die Neutronenladung von Ostrau ist da nur eine bescheidene Angabe. Nach der Entvölkerung des Planeten wird die Herrenrasse, respektive deren überlebende Elite, aus ihren polaren Tiefbunkern herauskriechen und wieder die totale Diktatur errichten. Über wen? Selbstverständlich über einen Teil ihrer selbst. Denn sie wird sich – ich folge hier einem Konzept der von mir besonders geschätzten Gruppe Tau-Omikron – sogleich in zwei Arten, in zwei Klassen aufspalten: in Führer und Geführte, in Freie und Unfreie, in Herren und Sklaven, in Übermenschen und Untermenschen … – – – Es zeigt sich doch ganz klar, daß in dieser Auseinandersetzung zwischen Weiß und Gelb, zwischen Swastika und Shakubuku, die ja nicht nur eine rassische oder geopolitische ist, ein geradezu apokalyptischer Kuddelmuddel eingesetzt hat. Seit gestern gibt es keine klaren Fronten mehr. So kämpfen die Australier zur Zeit, bei größter Hitze, mit Zähnen und Klauen gegen die japanischen Zwingherren und werden dabei von uns unterstützt. Es sind die gleichen Weißen, die in Insulinde gegen uns kämpfen, weil dort wir die Zwingherren sind oder waren – denn Insulinde ist ein verlorener Posten. Aber schon morgen werden die nämlichen Weißen Insulinde gegen die Japse zu verteidigen haben … Natürlich sind das müßige Detailfragen im Schatten des nuklearen Weltkrieges, der sich keinen Deut drum kümmern wird, wer im Augenblick wo regiert. Der Atomkrieg ist nun einmal losgebrochen, hat sich verselbständigt, und territoriale Gewinne oder Verluste, auch wenn es sich um Kontinente handelt, sind unter dem Aspekt des planetaren Todes lachhaft. – Auch dort, wo noch nicht mit Atombomben operiert wird, schafft der totale Krieg politische Leerräume, die man nicht für möglich gehalten hätte. Es ist, als würfe der Aufruhr das Älteste wieder an die Oberfläche, als gäbe es nach der absoluten Tyrannis keine Zukunftsmusik mehr. Wie ich heute früh im Radio hörte, es war keine deutsche Station, ist in Brasilien der Führerrat gestürzt und mangels einer besseren Alternative wieder das Kaiserreich ausgerufen worden. Dom Pedro redivivus! Die ganze Welt würde lachen, hätte sie im Moment nicht andere Sorgen. Seit 24 Stunden hat Brasilien eine Kaiserin, Enkelin der Gräfin d’Eu und Urenkelin Dom Pedro des Zweiten. Was sagen Sie? Vielleicht sollten analog die Hohenzollern oder die Habsburger, soweit es sie noch gibt, die verwaisten Throne besteigen, soweit es solche noch gibt – während die Fenriswölfe in ihren nordischen Eishöhlen sich schon die Fangzähne schleifen. – In Afrika kehren die Schwarzen dort, wo sie die Weißen abgemurkst haben, direkt und mit klingendem Spiel in die

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