Wenn das Schlachten vorbei ist
Cosmopolitan vielleicht? Oder lieber Haus und Garten ? Denn das ist es doch, was wir wollen, oder? Ein Haus, einen Garten?«
»Nein«, sagte sie. »Wir wollen einen schönen Fang.« Sie grinste ihn an und sah ostentativ auf die Uhr. »Und das heißt, dass ich den Kompressor anwerfen und meine Jungs da hinunterjagen muss, wo die stachligen Tiere sind.«
Der Kompressor, den Greg selbst montiert hatte, stand auf der Steuerbordseite gleich hinter der Kajüte, am Schanzkleid, damit er vor Wind und Gischt geschützt war. Sie hasste es, am Seil zu ziehen und das Ding zu starten, weil der Lärm, den es machte – ein immerfort an- und abschwellendes Dröhnen, das klang, als würde das Meer von einer Schwadron Laubbläser bearbeitet –, den Frieden des Morgens und Nachmittags zerstörte. Wenn die beiden unten waren, steckte sie sich Schaumstoffstöpsel in die Ohren, aber die dämpften das Geräusch nur soweit, dass jedes Wort in den eselsohrigen Taschenbüchern und sonnengebleichten Illustrierten zweimal zu erklingen schien: einmal auf ihren Lippen und ein zweites Mal als schwebender Nachhall in den Windungen ihres Gehirns. Der Schalldämpfer des Auspuffs musste erneuert werden, soviel war sicher. Sie hatte Greg damit in den Ohren gelegen, und er hatte die üblichen Versprechungen gemacht, aber sie machten Geld, solange Geld zu machen war, und am Ende eines jeden Tages fühlten sie sich wie nach einem Marathonlauf. Keiner von ihnen wollte über Wartungsarbeiten nachdenken – das war etwas, was in den stürmischen Januar- und Februartagen stattfinden würde, wenn die Seeigel laichten und ganze Wochen angefüllt waren mit rotierenden Spiralen aus nichts.
Der Motor sprang beim ersten Versuch an – Wrrr-rap-rap-rap –, und sie mussten schreien, um sich zu verständigen, während sie die Schläuche ausrollte und Greg und Mickey ihre Anzüge, Flossen, Masken und Bleigewichte anlegten. Und dann sprangen die beiden über Bord in das schwarze Wasser und hingen für einen Augenblick über der dunklen Tiefe, bevor sie verschwanden. Aus Gewohnheit – oder aus Langeweile, denn was gab es sonst schon zu tun? – sah Kat für eine Weile zu, wie die Luftblasen aufstiegen und sich schließlich voneinander entfernten, als jeder seiner eigenen Wege ging, um nach den schwarzen Stachelhäutern zu suchen, die man nur aufklauben und in den Netzbeutel stecken musste und die achtundzwanzig Cent pro Pfund brachten.
Während sie an der Reling lehnte, kam eine leichte Brise auf. Gedankenverloren ließ sie den Blick über die Wasseroberfläche zu der weißen Sichel des fünfhundert Meter entfernten Strandes und den sonnenverbrannten Hügeln dahinter schweifen. Das Boot drehte sich um den Anker. Die kleinen weißen Schaumkappen der Wellen löschten die Luftblasen aus. Der Benzinmotor des Kompressors setzte für einen Augenblick aus, stotterte, fing sich und lief mit einem hohen, jaulenden Ton weiter. Abgase strömten durch die nadelfeinen Löcher, die die salzige Seeluft in den Auspuff gefressen hatte. Der Wind war kühl, er saugte wie eine riesige Klimaanlage die Kälte aus den Wellen, und Kat ging hinunter in die Kajüte, um ihr Sweatshirt zu holen. Auf dem Rückweg schenkte sie sich in der Kombüse ihren dritten Becher Kaffee ein und machte ein Sandwich mit Schinken und Käse, einer Scheibe Zwiebel und viel Senf, das sie in der Pfanne briet, bis der Käse schön zerlaufen war, denn so mochte sie es am liebsten. Dann ging sie wieder an Deck. Die beiden waren jetzt seit zwanzig Minuten unten, so dass sie Zeit hatte, das Sandwich zu essen und in Ruhe den Kaffee zu trinken, bevor sie auftauchten und sie die Beutel mit Hilfe der Winsch an Bord heben musste. Das war immer aufregend, eine Unterbrechung des üblichen Ablaufs: Die im verborgenen lebenden Tiere purzelten auf die Planken, wo ihre Stacheln sich hin und her bewegten und zusammenballten, als wollten sie die Bedrohung durch eine fremde Umgebung einschätzen, eine Umgebung, die aus giftiger Luft anstatt aus lebenspendendem Wasser bestand. Und dann verstaute Kat sie im Laderaum. Wobei sie sich vorsehen musste: Jeder noch so kleine Stich entzündete sich, und wenn sich ein Stachel tiefer in die Haut bohrte und abbrach, waren fünfundzwanzig Dollar fällig, denn man musste zum Arzt gehen, die Spitze entfernen und die Wunde desinfizieren lassen. Erizos del mar , Igel des Meeres, wurden sie von den Mexikanern genannt. Oder manchmal auch einfach heriditas , kleine Wunden.
Das Boot hatte begonnen,
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