Wenn das Schlachten vorbei ist
wird.«
Sie spürt Wut in sich aufwallen. »Ich entschuldige mich nicht. Es gibt nichts, wofür wir uns entschuldigen müssten. Wir sind Wissenschaftler. Wir fertigen Studien an. Wir sind nicht wie diese Tierschutzfanatiker, diese PETA-Idioten, die nur kommen, um einen niederzubrüllen, weil sie nichts Besseres zu tun haben – und die sind so uninformiert, so dumm. Die haben nicht die leiseste Ahnung, worum es eigentlich geht. Nicht den Hauch einer Ahnung. Wenn sie nur mal –«
»Dann klär sie auf.«
Sie ist jetzt erbittert, erbittert und empört. » Aufklären? Viel Glück! Diese Leute wollen keine Fakten, sie wollen nichts wissen von der Biogeographie von Inseln, von den Auswirkungen invasiver Spezies, von den Folgen eines Zusammenbruchs des Ökosystems und allem anderen. Sie wollen sich nur einmischen. Und herumschreien. Das tun sie nämlich am liebsten.«
»Ich weiß«, sagt er, »ich weiß«, und jetzt kommt Bewegung in den Stau, die Bremslichter erlöschen, Reifen drehen sich, rollen voran, die Ausfahrt rückt näher. »Ich stehe ja auf deiner Seite. Du musst nur gelassen bleiben. Sei freundlich. Aber bleib fest. Sei professionell. Denn das bist du doch, oder – ein Profi?«
Die Schnellstraße entlässt sie auf städtische Straßen: Am Bordstein parken Wagen, Schaufensterscheiben reflektieren gleißende Scheinwerferlichter, Bäume werfen Schatten. Leute kommen aus Restaurants, schließen mit Fernsteuerungen ihre Wagen auf, stehen ohne erkennbaren Grund in Gruppen auf dem Bürgersteig herum, sind unterwegs zu Veranstaltungen. Ein Bus verlässt die Haltestelle und reiht sich, bebend wie ein Schiff auf hoher See, in den Verkehr ein. Sie fahren an einem ehemaligen Laden vorbei, in dem jetzt Kung-Fu unterrichtet wird, und Alma sieht für einen kurzen Augenblick Gewänder, Gesichter, synchronisierte Bewegungen. Es ist Viertel vor sieben. Sofern es keine weiteren Überraschungen gibt, werden sie fünf Minuten vor Beginn des Informationsabends dasein, und irgendwie ist das besser, als noch eine halbe Stunde Zeit zu haben und in einem Hinterzimmer herumsitzen zu müssen, wo man dann den drei Meter großen ausgestopften Grizzly anstarrt, der dort steht, und nervös auf und ab geht und der Uhr zusieht, wie sie die Sekunden abzählt. Sie hebt die Hand, um das Haar aus dem Gesicht zu streichen, und legt sie wieder auf den Schnellhefter. Der Regen, der sich schon den ganzen Nachmittag angekündigt hat, wählt diesen Augenblick, um die Windschutzscheibe und die dunkle Zunge der Straße vor ihnen mit zischenden Tropfen zu besprengen. »Ja«, sagt sie schließlich, als die Frage längst vergessen ist, »das bin ich. Ein Profi.«
Sie ist überrascht, wie viele Wagen auf dem Parkplatz stehen. Alle Plätze scheinen besetzt zu sein, jedenfalls die in der Nähe des Eingangs, und andere Autofahrer fahren pirschend, lauernd durch die Reihen. Der Regen ist stärker geworden, prasselt auf den Asphalt und reflektiert das Licht der Scheinwerfer mit einem wächsernen Schimmer. »Sieht so aus, als hätten sich deinetwegen eine Menge Leute auf die Beine gemacht«, sagt Tim, beugt sich, beide Unterarme auf dem Lenkrad, vor und späht in die Nacht, während er darauf wartet, dass der Fahrer des Wagens vor ihnen, eines schwarzen BMW mit hektisch pulsierendem linkem Blinker, sich endlich entschließt: links, rechts oder geradeaus. Diese Verzögerung nervt. Es ist genau das, was sie wahnsinnig macht: Unentschlossenheit, Unaufmerksamkeit, die Faulheit der Leute, die nicht bis zum Ende des Parkplatzes fahren wollen, weil der Weg dann vielleicht zehn Meter länger ist, die auf der Couch sitzen, eine Tüte Chips in der einen und eine Cherry Coke in der anderen Hand, und sich fragen, warum Amerika fetter und fetter wird. Sie beugt sich nach links und will auf die Hupe drücken – Was sind das bloß für Leute? –, zieht die Hand aber wieder zurück. Sie kann es sich nicht leisten, unhöflich zu sein. Nicht hier. Nicht heute abend. Wie verheerend wäre es, als Ehrengast und Hauptrednerin in einen Streit auf dem Parkplatz verwickelt zu werden?
»Da muss irgendwo noch eine andere Veranstaltung sein«, sagt sie.
»Weiß nicht. In der Zeitung stand jedenfalls nichts davon.« Der Wagen vor ihnen kriecht weiter, das hektische Blinken links erstirbt, nur um auf der rechten Seite reanimiert zu werden. Dann leuchten die Bremslichter, und der Wagen bleibt stehen. Schon wieder. Davor sieht sie die von den Scheinwerfern beleuchteten Gestalten von
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