Wenn das Schlachten vorbei ist
Soundcheck selbst gemacht. Werden Sie nach dem Vortrag Fragen beantworten?«
Der Grizzly mit den Glasaugen, der früher zur Ausstellung gehörte, jetzt aber aufgrund ungenannter Vergehen in diesen Raum verbannt ist, überragt sie und fletscht stumm die Zähne. Es gibt hier noch andere Ausstellungsstücke: In einer Ecke steht ein großer, steifer Kamm aus Walbarten, auf einem Eichentisch sind Mammutknochen ordentlich aufgereiht und sehen den ins Unwahrscheinliche vergrößerten Resten eines Kentucky Fried Chicken beunruhigend ähnlich, Pfeilspitzen und Tonscherben von Chumash-Gefäßen liegen in einer verstaubten Vitrine, die schräg in den Raum steht – Museumsplunder, der auf die Spenden wartet, die ihn vor dem Schicksal eines ewigen Depotdaseins bewahren sollen. »Ja. Ich meine, deswegen sind die doch gekommen. Die meisten jedenfalls.«
Frieda sieht sie an. »Wenn irgend jemand, ich weiß nicht, streitlustig wird, entziehen Sie ihm einfach das Wort. Und Bill Braithwaite steht an der Tür, nur für alle Fälle …«
Das ist der Punkt, wo sie sagen sollte: Keine Angst, ich komme schon zurecht – ich hab so was schon tausendmal gemacht. Aber sie sagt es nicht.
Hoch aufgerichtet, mit blitzenden Brillengläsern und verschreckten taubengrauen Augen, faltet Frieda die Hände und dreht sich um, unter dem leisen Quietschen von Gummi oder Kunststoff oder was immer es ist, aus dem man heutzutage Joggingschuhe macht. »Na, dann lasse ich Sie jetzt allein. Ich hole Sie in« – sie hebt die Hand und sieht blinzelnd auf eine flache goldene Uhr an einem schnürsenkeldünnen Armband – »sagen wir siebeneinhalb Minuten ab.«
Es ist warm im Saal, sehr warm. Auch die Stehplätze sind gefüllt, was bedeutet, dass mindestens dreihundert Zuhörer gekommen sind, und die drängen sich auf engem Raum. Die meisten haben bereits gegessen und verdauen jetzt, wandeln Proteine und Kohlenhydrate um und erzeugen Wärme. Und es ist feucht, der Regen prasselt unaufhörlich auf das Dach und läuft mit peristaltischem Gluckern und Gurgeln durch die Regenrinnen. Außerdem ist es November, und darum ist die Klimaanlage des Museums längst abgeschaltet. Während Frieda eine Liste von Ankündigungen verliest – Veranstaltungen, Seminare, Spendensammlungen, Exkursionen, Filme und Diavorträge –, sitzt Alma in der Mitte der ersten Reihe und spürt, wie ihr der Schweiß aus den Poren tritt, sich im Nacken unter der Heizdecke ihrer Haare sammelt und tropfenweise das Rückgrat hinunterrinnt, wo ihr die Bluse bereits an der Haut klebt. Als sie durch den linken Seiteneingang gegangen ist und sich auf ihren Platz gesetzt hat, war sie abermals erstaunt, wie viele Leute erschienen sind, besonders an einem so verregneten Abend, aber sie hat ihren Blick nur schweifen lassen, so dass sie keine einzelnen Gesichter erkannt hat, auch nicht das von Tim, der wohl im überwiegend männlichen Teil des Publikums am hinteren Ende des Saals steht, das sich keine Hoffnung auf einen Sitzplatz machen kann. Vor ein paar Minuten, in dem grünen Raum mit Frieda und dem Grizzly, war sie noch nervös, aber das ist jetzt vorbei. Sie wünscht sich nur – sie hofft –, dass Friedas Begrüßung kurz und knapp ausfällt, damit sie zum Podium gehen und diese Sache hinter sich bringen kann.
Aber Frieda fasst sich nicht kurz. Nach den ersten stockenden Worten kommt sie in Schwung und genießt die rauschhafte Erfahrung, ihre Stimme durch die Drähte eines mit Schaumstoff ummantelten Mikrofons und die unter der Decke aufgehängten Lautsprecher zu jagen und die Aufmerksamkeit von dreihundert Zuhörern zu fesseln, ohne sich zu verhaspeln, zu versprechen oder sich auf andere Weise zum Narren zu machen. Ihre Einführung – Alma Boyd Takesue, Bachelor in Biologie an der University of Hawaii, Master und Promotion in Ökologie an der University of California in Berkeley, drei Jahre Feldforschung über Braunschlangen auf Guam und dann der ganze Rest bis hin zur Auflistung ihrer Publikationen in Fachjournalen, aller Publikationen in allen Journalen – ist ebenso langwierig wie langweilig, und als Frieda endlich vom Mikrofon zurücktritt, mit einer Hand das Scheinwerferlicht abschirmt und die andere in einer Willkommensgeste ausstreckt, ist das Publikum ungeduldig. Pflichtschuldiges, spärliches Klatschen ertönt, als Alma aufsteht, und erstirbt, noch bevor sie im Scheinwerferlicht angekommen ist und sich müht, das Mikrofon, das Frieda ihr hinterlassen hat, so einzustellen, dass es
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