Wenn das Schlachten vorbei ist
und sich durch die Korridore drängten, immer in der Angst, das Wasser könnte sie einholen und unter Deck einschließen – die Füße waren bereits nass, Fremde klammerten sich aneinander, während sie über unsichtbare Beine und Stiefel und Gepäckstücke stolperten, ins Taumeln gerieten, stürzten, wieder aufstanden, zur Eile getrieben durch das beständige grimmige Rauschen –, hörte man ein gewaltiges tiefes Mahlen und spürte ein lang anhaltendes Beben, als der Rumpf an dem Felsen scheuerte. Schreie und Flüche hallten durch die Dunkelheit. Ein Kind rief nach seiner Mutter. Irgendwo bellte ein Hund.
Das bleiche Gesicht des Wachoffiziers auf der Brücke schien wie eine Glühbirne in der Luft zu hängen und war nur schemenhaft zu erkennen. Er gab Alarm, und der entsetzte Kapitän befahl volle Kraft zurück, damit das Schiff von dem Hindernis loskam und weiterer Schaden verhindert wurde. Die Maschinen mühten sich, beißender Rauch quoll aus den Schornsteinen, bis man an Deck kaum noch atmen konnte, die großen Schaufelräder fuhren durch das Wasser, als wollten sie den Ozean mit Eimern ausschöpfen, alles stand auf Messers Schneide – der Kapitän verharrte wie festgenagelt, die Offiziere flüsterten Stoßgebete, auf Deck schrie die Menge –, bis das Schiff unter lautem Seufzen und dem krachenden Splittern von Holz zurücksetzte. Die Winfield Scott war frei. Sie bebte, sie schlingerte, aber sie war frei und schwamm. Für Mannschaft und Passagiere muss es ein erhebender Augenblick gewesen sein, doch er währte nur kurz, denn im nächsten Moment lief das Heck des Schiffs auf Grund. Das Ruder riss ab, und das Schiff war manövrierunfähig. Beinahe sofort bekam es Schlagseite, und alles, was nicht befestigt war, rutschte auf die unsichtbaren Felsen und die weißgesäumten Wellen vier Decks tiefer zu.
Kapitän Blunt war in schweren Nöten: Menschenleben standen auf dem Spiel, seine Karriere war ruiniert, seine Hände zitterten, seine Kehle war wie ausgetrocknet. Er gab Befehl zum Verlassen des Schiffs. Im Licht der verbliebenen Laternen ließ er Offiziere und Mannschaft antreten, um eine geordnete Evakuierung zu gewährleisten, doch dies wurde erschwert durch Gruppen zu allem entschlossener Männer – Goldsucher, die monate- und in einigen Fällen jahrelang Hunger, Durst und Mühsal auf sich genommen, auf weibliche Gesellschaft und die Segnungen der Zivilisation verzichtet und den Lohn für diese Strapazen schließlich auf die Rücken ihrer nach Schweiß stinkenden Maultiere geladen hatten –, die auf dem Oberdeck herumliefen, ihre prallen, schweren, abgewetzten Satteltaschen hinter sich her zerrten und um einen Platz in einem der Rettungsboote kämpften, ohne an irgend etwas anderes zu denken als daran, wie sie ihr Gold an Land bringen könnten. Der Kapitän war gezwungen, seine Pistole zu ziehen, um die Disziplin zu wahren. Das Heck war jetzt von Wasser überspült, und immer mehr Passagiere drängten in wilder Flucht auf das Oberdeck, zappelnde Gestalten, getrieben von schreienden Mündern und fuchtelnden Händen. Er feuerte in die Luft. »Ruhe bewahren!« rief er immer wieder, bis er heiser war. »Frauen und Kinder zuerst. Es gibt genug Platz für alle. Keine Panik.«
Die Boote wurden zu Wasser gelassen. Die Menschen an Deck konnten sehen, dass sie nicht mehr in unmittelbarer Gefahr waren, und das wirkte sich sehr beruhigend aus. Es ging nun darum, die Leute zu dem dunklen, zerklüfteten Felsen überzusetzen, gegen den das Schiff im Dunkeln geprallt war, und dazu brauchte es nur Geduld, mehr nicht. Niemand würde ertrinken. Niemand würde seine Habe verlieren. Ruhe. Bewahrt Ruhe. Wartet, bis ihr dran seid. Und so geschah es: In den folgenden zwei Stunden fuhren die Boote hin und her, bis alle evakuiert waren, dann folgten die Besatzung und der Kapitän. In der sehr feuchten und kühlen Nacht mit aufkommender Flut und sich verdichtendem Nebel, der alle Proportionen verzerrte, merkten sie nicht, dass der Fels, auf dem sie gelandet waren, etwa zweihundert Meter von der Hauptinsel entfernt war, so dass sie am Morgen ein zweites Mal durch die Brandung rudern mussten.
Sie wurden erst nach einer Woche gerettet. Bevor das Schiff unterging, barg man Proviant, doch dieser reichte nicht annähernd für alle. Es gab Kämpfe, sowohl um die zugeteilten Rationen als auch um Gold, so dass Captain Blunt schließlich gezwungen war, zwei Golddiebe vor den Augen der versammelten Passagiere an einen Felsen binden und zur
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