Wenn das Schlachten vorbei ist
Kühlschrank gelegt. Auf dem Tisch sind drei Plastiktüten und drei Rucksäcke für den Transport. Er hat das Funkgerät ausgeschaltet, die Stille ist ihm lieber. Er nippt an seinem Kaffee und sieht über das Meer. Das Boot liegt ruhig im Wasser, die Oberfläche ist kaum gekräuselt.
Wilsons Freundin – sie heißt Alicia Penner und fährt fünfmal die Woche den ganzen Weg von Goleta nach Ventura, weil sie als Sekretärin beim National Park Service am Harbor Drive im Yachthafen arbeitet, wo die Sonne durch die Fenster scheint und die NPS-Bürokraten mit Papier rascheln und den ganzen Tag überlegen, was sie als nächstes töten könnten –, Wilsons Freundin also hat, in ihrer bescheidenen Nebenrolle als Freundin der Tiere, den Tag herausgefunden, an dem das Gift abgeworfen werden soll. Dieser Termin wird nämlich nicht öffentlich gemacht. Trotz all der Vorträge und Diskussionsveranstaltungen interessieren sich diese Leute gar nicht für das, was die Öffentlichkeit dazu sagt, und ganz bestimmt wollen sie nicht gestört werden, nicht im Museum, nicht auf dem Parkplatz und ganz besonders nicht am Ort des Schlachtens, da draußen, jenseits des Bauchs aus grauen, plätschernden Wellen.
Es ist der Tag vor Thanksgiving, ein Tag, an dem alle nur an Truthahn mit Kastanienfüllung und Football und Champagner denken und die Inseln, sofern sie überhaupt wahrgenommen werden, nichts als ein verschwommener Fleck im Dunst sind. Während die Leute bei Von’s und Ralph’s und im Lacy Acres Market Schlange stehen, während sie blaumachen, um in Bars einen zu heben, während sie zum Flughafen fahren, um Grandma und Tante Leona abzuholen, während sie Truthähne, Gänse, Enten in die Röhre schieben, will sich der Park Service zunächst Ost-Anacapa vornehmen, und zwei Wochen später, wenn dieselben Leute mit Weihnachtseinkäufen und der Planung der Betriebsweihnachtsfeier beschäftigt sind, sollen die mittlere und die westliche Insel bombardiert werden. Geheimhaltung. Abschirmung. Aus den Augen, aus dem Sinn. Dabei haben diese Sesselfurzer aber nicht bedacht, dass manche Leute eben weder Truthähne noch Gänse oder Enten oder sonst irgendein Fleisch essen, denn Fleisch ist Mord, und jedes Lebewesen besitzt einen Lebensgeist und hat ebensoviel Recht zu leben wie die Menschen, die ihm das Leben nehmen, die es schlachten und in ihre großen gierigen Mäuler stopfen und die Knochen in den Abfall werfen, als hätte es das Ding, dem sie gehörten, nie gegeben. Und diese Leute geben acht. Sie geben sehr gut acht.
Als die Insel aus dem Dunst hervortritt und sich, etwa fünfzehn Minuten entfernt, über den südlichen Horizont ausbreitet, stoppt er den Motor und geht hinunter in die Kajüte, um Anise zu wecken. Sie schläft immer tief, liegt wie hingegossen da, so komatös, als hätte man sie mit einem Hammer niedergeschlagen, und er beugt sich behutsam zu ihr, streicht ihr das Haar aus dem Gesicht und küsst sie auf den Mundwinkel. Ihre Lippen sind leicht geöffnet, die Lider geschlossen und mit einem zarten Lidstrich versehen. In diesem Augenblick umfängt ihn ihre Wärme, eine starke, aufsteigende Aura von Fleisch und Flüssigkeiten, der leise Duft ihres Parfüms und des Jojoba-Shampoos, das sie benutzt, ihr Atem ist süß und feucht und schwer von Schlaf. »He«, flüstert er, »Anck-Su-Namun, wach auf, Imhotep ist da.«
Sie braucht einen Moment, denn sie kommt von sehr weit her, und dann öffnet sie ohne irgendein Zeichen von Überraschung die Augen, als hätte sie die ganze Zeit gewusst, dass er da ist. Ihre Lippen sind warm, weich, ohne Lippenstift. Sie hat ein zu großes T-Shirt an, in einem blassen Blau, das zu ihren Augen passt. Auf der Brust steht in Schreibschrift ihr Name, auf dem Rücken ist eine Liste der Daten und Orte – Lompoc, Santa Maria, Nipomo, Buellton, Santa Ynez – ihrer letzten bescheidenen, selbstfinanzierten Tournee, mit der sie für ihre neueste bescheidene, selbstfinanzierte CD geworben hat. »Ich will meine Mummie«, sagt sie und streckt die Arme nach ihm aus, und das Ganze ist ein Ritual, das auf ihren ersten gemeinsamen Ausflug zurückgeht, einen Ausflug nach Paseo Nuevo, wo sie sich ein Remake des alten Boris-Karloff-Films angesehen haben.
Er drückt sie kurz an sich, eine Morgenumarmung, mehr nicht, und dann löst er sich von ihr und richtet sich auf. Er spürt, wie das Koffein in ihm arbeitet, wie das Boot schaukelt, als wäre es eine Wiege, wie die Seeluft von oben hereindringt. Er erinnert sich
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