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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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und die funkelnden dunklen Augen ließen ihn wie für die Rolle geschaffen erscheinen. Der mutwillige Geist, der ihr Kleid stibitzt hatte, schien auch seinen Rock, seine Weste und seine Stiefel mitgenommen zu haben. Denn er trug nur sein weißes Leinenhemd und die elfenbeinfarbenen Hosen. Sein Halstuch hing lose um seinen Hals.
    Er warf ihr die Decke mit einem entschuldigenden Achselzucken zu. »Ich hätte Feuer im Kamin gemacht, aber ich fürchte, das übersteigt meine Fähigkeiten.«
    Das konnte Portia gut verstehen. Besonders da ein einziger verirrter Funke ihn in Flammen setzen konnte.
    Als sie sich die Decke um ihre Schultern legte, ließ er sich auf einem vergoldeten Stuhl mit gepolsterten Armlehnen nieder, der ein paar Schritte neben dem Bett stand. Wenn die Vergoldung nicht abgeblättert wäre und die Füllung nicht aus den Polstern gequollen, hätte er einen schönen Thron abgegeben.
    »Wo sind wir?«, fragte sie und schaute nervös in die dunklen Ecken des Raumes.
    »Ich dachte, es sei am besten, wenn wir für ein paar Stunden untertauchen. Glücklicherweise ist Chillingworth Manor nicht das einzige verlassene Herrenhaus in der Gegend hier. Von den Laken her zu urteilen, mit denen die Möbel verhängt sind, planen die Bewohner dieses Hauses sicherlich, irgendwann zurückzukehren. Ich hoffe nur, dass sie das nicht für heute Nacht vorhaben.«
    »Wie sind wir hereingekommen?«
    »Durch ein frisch zerbrochenes Fenster.« Er lächelte, als er ihre Miene sah. »Du musst nicht so entsetzt aussehen. Lass dir versichern, Einbruch in ein unbewohntes Haus ist die geringste unter all meinen Sünden.«
    »Nun, dem kann ich nicht widersprechen.« Ihre Blicke trafen sich, verfingen sich, dann aber musste Portia ihren abwenden. »Ich dachte, Vampire könnten ein Haus ohne Einladung nicht betreten.«
    Er hob die Augenbrauen. »Das gilt nur, wenn jemand zu Hause ist.«
    Auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Falte. »Warum kann ich mich nicht erinnern, wie ich hergekommen bin?«
    »Wenn du nichts von dem aus Raphaels Ställen gestohlenen Pferd weißt und der waghalsigen Flucht vor unseren Verfolgern, dann mag das daran liegen, dass du wie ein Sack Kartoffeln in meinem Schoß lagst. Du bist ohnmächtig geworden.«
    Sie stöhnte. »Wie peinlich! Ich habe schon ein paar Mal in meinem Leben so getan, als sei ich ohnmächtig, aber ich bin es noch nie in Wirklichkeit gewesen.« Sie hob die Decke und betrachtete ihre ungewöhnliche Aufmachung. »Es ist schon seltsam, aber ich scheine mich auch nicht daran erinnern zu können, wie es kommt, dass mein Kleid nicht auffindbar ist. Ist es vielleicht von mir gerutscht, während wir über das Moor galoppierten?«
    »Nein, aber es war mit Weihwasser bespritzt, und ich war es leid, mich bei jeder flüchtigen Berührung zu verbrennen.« Er schob die Manschetten seines Hemdes nach oben, um ihr die schwarzen Brandflecke auf seinen muskulösen Unterarmen zu zeigen.
    »Oh!«, hauchte Portia ehrlich bestürzt. Sie verspürte den abartigen Wunsch, zu ihm zu eilen, ihre Lippen auf die Wunden zu legen und seinen Schmerz zu lindern.
    Julian zuckte die Achseln. »Das heilt wieder. Natürlich nicht so schnell wie eine Schusswunde, aber mit etwas Zeit.« Er lehnte sich im Stuhl zurück, legte seine Beine an den Knöcheln übereinander. »Als du gemerkt hast, dass dein Kleid fehlt, hast du da Angst bekommen, meine Absichten dir gegenüber seien nicht unbedingt ehrenwert?«
    Portia ging auf seinen spöttischen Ton ein. »Wenn ein Mann eine Frau in seine Arme reißt und mit ihr flieht, geschieht das gewöhnlich mit einem schändlichen Hintergedanken.«
    »Ich habe versucht, dein Leben zu retten. Nie würde ich dich zwingen, mit mir nach Gretna Green durchzubrennen.«
    Sie hob den Kopf, musterte ihn unter gesenkten Augenlidern. »Ich dachte, du hättest eventuell wirklich vor, dich häuslich niederzulassen — mit mir als deinem Kätzchen.«
    »Wenn ich ein Haustier wollte, dann lieber einen Hund. Deren Krallen sind nicht annähernd so scharf, und ihre Zuneigung ist leichter zu gewinnen.«
    »Das war unfair, findest du nicht? Besonders da ich dir die erste Zeit unserer Bekanntschaft wie ein übereifriger junger Hund überallhin gefolgt bin.« Mit einer Hand berührte sie ihren Hals. »Vielleicht hättest du mir das Halsband und die Kette lassen sollen, damit du mir beibringen kannst, wie man sich unterwürfig benimmt.«
    »Denk nicht, ich wäre nicht in Versuchung geführt gewesen. Ich habe sogar kurz in

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