Wenn die Dunkelheit kommt
und die Kinder im Wagen, die nicht anzuhalten wagten, um nicht in eine Falle der Kobolde zu geraten, und er sagte: »Macht es denn etwas aus, ob ich bedachtsam oder tollkühn bin? Ich meine, Lavelle kann mir doch nichts anhaben?«
»Es ist wahr, daß die Götter Ihnen Schutz vor der Magie gewährt haben, vor allen Mächten der Dunkelheit. Lavelles Fähigkeiten als Bocor werden ihm nichts nützen. Aber das heißt nicht, daß Sie unsterblich sind. Es heißt nicht, daß Sie gegenüber den Gefahren dieser Welt immun sind. Wenn Lavelle das Risiko eingehen will, für das Verbrechen verhaftet zu werden, wenn er riskieren will, vor Gericht gestellt zu werden, dann kann er immer noch eine Pistole nehmen und Ihnen eine Kugel durch den Kopf schießen.«
8
Rebecca war auf der Fifth Avenue, als das Pochen und Rattern im Fahrgestell wieder anfing. Diesmal war es lauter, laut genug, um die Kinder aufzuwecken. Und es war auch nicht mehr nur unter ihnen; nein, es war auch vorne zu hören, unter der Motorhaube.
Davey richtete sich auf und hielt sich am Vordersitz fest, und Penny blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und fragte: »He, was ist das für ein Geräusch?«
»Vermutlich irgend etwas mit dem Motor«, beschwichtigte Rebecca sie, obwohl der Wagen ganz ruhig lief.
»Es sind die Kobolde«, sagte Davey, und seine Stimme war halb von Entsetzen und halb von Verzweiflung erfüllt.
»Sie können es nicht sein«, sagte Rebecca.
»Sie sind unter der Motorhaube«, sagte Penny.
»Nein«, widersprach Rebecca. »Wir sind ständig herumgefahren, seit wir die Garage verlassen haben. Sie hatten keine Möglichkeit, in den Wagen zu kommen, ausgeschlossen.«
»Dann waren sie schon in der Garage drin«, sagte Penny. »Nein. Dann hätten sie uns doch gleich dort angegriffen.«
»Es sei denn«, meinte Penny, »sie hatten vielleicht Angst vor Daddy.« Rebecca wußte, daß sie recht hatten. Sie wollte es sich nicht eingestehen, aber sie wußte es. Das Rattern im Fahrgestell und das Pochen und Klappern unter der Haube wurden stärker, fast hektisch.
»Sie reißen etwas auseinander«, sagte Penny.
»Sie werden den Wagen anhalten«, sagte Davey.
»Sie werden reinkommen«, sagte Penny. »Sie kommen rein zu uns, und wir können sie nicht aufhalten.«
»Hört auf damit!« sagte Rebecca. »Wir kommen schon raus, keine Sorge. Sie kriegen uns nicht.« Am Armaturenbrett leuchtete eine rote Warnlampe auf,in deren Mitte das Wort >Ö1< stand.
Der Wagen war keine sichere Zuflucht mehr.
Jetzt war er eine Falle.
Ihre Überlebenschancen waren plötzlich genauso trostlos wie die Winternacht, die sie umgab.
Vor ihnen, im dichten Schneetreiben, weniger als eine Straße weiter, ragte die St.-Patricks-Kathedrale aus dem tobenden Sturm, wie ein großes Schiff auf kalter, nächtlicher See. Es war ein massives Bauwerk, das einen ganzen Block einnahm.
Rebecca überlegte, ob Voodoo-Teufel es wohl wagen würden, in eine Kirche einzudringen. Oder waren sie wie die Vampire in den Romanen und Filmen? Scheuten sie voll Entsetzen und Schmerz vor dem bloßen Anblick eines Kruzifixes zurück?
Eine zweite rote Warnlampe leuchtete auf. Der Motor lief heiß.
Trotz der beiden Warnanzeigen auf dem Armaturenbrett trat sie aufs Gaspedal, und der Wagen schoß vorwärts. Sie fuhr schräg über die Fahrbahn auf die Front von St. Patrick zu.
Der Motor stotterte.
Die Kathedrale war nur eine kleine Hoffnung. Vielleicht eine falsche Hoffnung. Aber es war die einzige Hoffnung, die ihnen noch blieb.
9
Für die Reinigungszeremonie war ein völliges Untertauchen in einem von dem Houngon vorbereiteten Wasser erforderlich.
In Hamptons Badezimmer zog Jack sich aus. Er war nicht wenig überrascht von seinem neugefundenen Glauben an diese bizarren Voodoo-Praktiken. Er hatte erwartet, daß er sich lächerlich vorkommen würde, als das Ritual begann, aber er empfand nichts dergleichen, weil er diese Höllengeschöpfe gesehen hatte.
Die Badewanne war ungewöhnlich lang und tief. Sie nahm mehr als die Hälfte des Badezimmers ein. Hampton sagte, er habe sie eigens für rituelle Bäder einbauen lassen.
Hampton rezitierte in einem fremdartigen Singsang, mit einer Stimme, die für einen Mann seiner Größe zu zart erschien, Gebete und Anrufungen in einem Patois aus Französisch, Englisch und verschiedenen afrikanischen Stammessprachen und zeichnete mit einem Stück grüner Seife Veves über die ganze Innenfläche der Wanne. Dann füllte er sie mit heißem Wasser, dem er eine Reihe von
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