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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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aufs Ohr zu
legen. Gerade als er sich in Bewegung setzte, um sein Quartier im
Achterdeck aufzusuchen, hörte er den Ausguck rufen: „Schiff
backbord voraus“.
    Instinktiv schaute er nach
backbord, konnte jedoch noch nichts am Horizont erkennen. Er griff
nach seinem Fernrohr und spähte hindurch. Wenig später entdeckte er
einen großen, schwarzen Punkt am Horizont, der die typische Kontur
eines Schiffes hatte.
Edan hörte Pickett Kommandos rufen.
Sämtliche Männer liefen zu ihren Gefechtsstationen, während die
Royal Sun beidrehte und langsam Kurs auf das fremde Schiff nahm. Nach
etwa einer halben Stunde waren sie soweit an das andere Schiff
herangesegelt, dass sie Einzelheiten mit dem Fernglas erkennen
konnten.
    „Eine Brigg“, murmelte
Pickett, der angestrengt durch sein Fernglas starrte. „Die sitzen
in der Falle! Der Sturm hat ganze Arbeit geleistet. Fock- und
Großmast sind gebrochen. Das Schiff ist manövrierunfähig!“
„Welche
Flagge, Sir?“, fragte Thomas Slade, der ebenfalls interessiert an
den Horizont starrte.
„Keine. Aber ich verwette meinen
Dreispitz darauf, dass es ein spanisches Sklavenschiff ist!“
Erleichtert schob er sein Fernrohr zusammen und grinste zufrieden.
„Die schickt uns der Himmel! Heute abend werden wir fürstlich
speisen, meine Herren! Wir fahren geradewegs auf unser Dinner zu!“
Er warf einen vergnüglichen Blick in die Runde.
„Die
verfluchten Sklavenhändler sind so nahe an Kuba, dass sie
keinesfalls länger als zwei Tage auf See sein können! Das heißt,
sie haben jede Menge frisches Wasser, frische Lebensmittel und eine
frische Mannschaft an Bord!“ Picketts Blick haftete auf dem immer
größer werdenden dunklen Punkt. Mittlerweile waren sie so nahe
heran gesegelt, dass sie die Mannschaft der havarierten Brigg mit
bloßem Auge erkennen konnten.
„Kanonen an backbord bereit
machen! - Nur für den Fall, dass die Sklavenschmuggler wahnsinnig
genug sind, uns mit ihren drei rostigen Kanonen anzugreifen!“
Die
Kanoniere beeilten sich die 38-Pfünder an backbord einsatzbereit zu
machen. In der Zwischenzeit ließ Pickett die Mannschaft mit
Entermessern ausstatten. Er war wild entschlossen, die spanische
Brigg aufzubringen und im Notfall zu zerstören, falls sie Widerstand
leisten sollte.
„Hisst den Union Jack! Mal sehen was ihre
Antwort ist!“, lachte er grimmig, während er beobachtete wie die
Fahne des britischen Empires nach oben gezogen wurde.
Fünf
Minuten später wurden auf dem feindlichen Schiff, weiße Segelfetzen
geschwenkt.
„Sie ergeben sich! Nun, das könnte auch eine Falle
sein! Langsam längs beidrehen. Zeigt ihnen unsere beeindruckende,
kanonenbestückte Breitseite!“
Das wäre jedoch gar nicht
notwendig gewesen. Je näher die Royal Sun heran segelte, umso klarer
wurde, welch verheerende Schäden der Sturm der vergangenen Nacht auf
der Brigg angerichtet hatte. Ihre Schieflage war bereits gewaltig.
Groß- und Fockmast waren geborsten und hingen linksseitig über
Bord. Die schwere Takelage sorgte mit ihrem Gewicht dafür, dass es
nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Brigg endgültig
Schlagseite bekommen und kentern würde. Offenbar war auch die Ladung
verrutscht, denn der Rumpf an steuerbord schaute bereits mehr als
einen Meter aus dem Wasser.
Die Mannschaft der spanischen Brigg
wußte um ihre tödliche Lage und begrüsste das feindliche
Kriegsschiff mit verhaltener Freude. Natürlich wussten sie, welches
Schicksal sie bei den Briten erwartete. Aber Gefangenschaft oder
Pressdienst waren immer noch besser, als mit der Brigg in den
sicheren, nassen Tod gezogen zu werden.
Die spanischen Matrosen
fingen eifrig die Taue auf, die ihnen die Briten zuwarfen, um die
Royal Sun näher an das havarierte Sklavenschiff heranzuziehen.
Bis
an die Zähne bewaffnet enterten die Briten die spanische Brigg, wo
sie von der Mannschaft bereits mit erhobenen Händen empfangen
wurden. Niemand leistete Widerstand. Kurze Zeit später wusste
Pickett auch warum. Die herabstürzende, tonnenschwere Takelage hatte
nicht nur das halbe Schiff beschädigt, sondern auch einen Großteil
der Mannschaft erschlagen, darunter auch den Kapitän und seine
Führungsmannschaft. Denn vom Kapitänsdecks war nur noch ein
Trümmerhaufen übrig.
„Spricht einer von euch englisch?“,
raunzte Pickett in die Runde. Vor ihm standen etwa zwanzig, zerlumpte
Männer, die ihn nur verständnislos angrinsten. Pickett schnaufte
unzufrieden. Von dem Rattenpack verstand offenbar niemand

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