Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)
englisch.
„Commander! Schwärmt aus und durchkämmt das Schiff! Wir
brauchen vor allem Trinkwasser und Lebensmittel! Beeilung! Der Kahn
hier säuft in ein paar Stunden ab!“
Während Pickett und eine
Handvoll Männer die zerlumpte Schar von Matrosen in Schach hielt,
schwärmte der Rest der Mannschaft in kleinen Trupps aus, und
durchkämmte das stark verwüstete Schiff. Edan, Thomas Slade und der
Gefreite John Warden nahmen sich die hinteren Laderäume vor. Kaum
hatte Edan die Klappe der Deckluke angehoben, die in den Bauch des
hinteren Schiffes führte, da quoll ihm auch schon eine Wolke
bestialischen Gestanks entgegen.
„Verflucht – das stinkt ja
schlimmer wie hundert Schiffsgärten!“, stöhnte Thomas Slade,
während er seine Nase tiefer in seinen Uniformärmel presste und in
gebückter Haltung Edan nach unten folgte. Es dauerte eine kleine
Weile, bis sich ihre Augen an die schummrige Dunkelheit gewöhnt
hatten. Zunächst hörten sie nur leises Stöhnen und das Geklirre
von Eisenketten.
Edan kniff die Augen zusammen, während er
versuchte, sich zu orientieren. Unzählige Hände streckten sich ihm
gierig entgegen und riefen immer wieder mit verzweifelt flehender
Stimme: „Aqua, aqua!“
„Allmächtiger!“, stammelte Thomas
Slade entsetzt, als er die zusammengepferchten und in Eisenketten
liegenden, halbnackten Sklaven sah. Im Bauch des Schiffes war ein
Zwischenboden eingezogen worden, um möglichst viele Sklaven
transportieren zu können. Die Schwarzen waren so dicht aneinander
gekettet, dass sie sich nicht drehen, geschweige denn aufsetzen
konnten, denn die Höhe zwischen Decke und Zwischenboden betrug nicht
mehr als einen halben Meter. Es war dunkel, stickig und heiß und es
stank grauenvoll nach Kot, Urin, Schweiß und Verwesung.
Edan
wies seine Männer an, jede mögliche Luke zu öffnen, um zumindest
etwas Licht und frische Luft herein zulassen.
„Um Himmels
Willen! Wie viele liegen hier?“, fragte John Warden entsetzt,
angesichts der Zustände, unter denen die Menschen transportiert
wurden.
„Meinst du jetzt die Lebenden oder die Toten?“, ätzte
Thomas Slade sarkastisch zurück, als ihn der ausgestreckte Arm eines
toten Sklaven berührte. „Hölle! Bei dem Sturm und dem Wellengang
müssen die sich ja gegenseitig erschlagen haben!“ Schweigend
gingen sie weiter, wobei es ihnen schwerfiel, die immer lauter
werdenden Rufe der Sklaven, die ganz offensichtlich nach Wasser
schrien, zu ignorieren.
„Jedes Schlachtschwein in England wird
besser transportiert, als diese Sklaven!“ Thomas Slade, ließ der
Anblick, der entkräfteten und wie Tiere gehaltenen Menschen, nicht
kalt.
Edan bedeutete seinen Männern weiterzugehen. Im Augenblick
konnten sie nichts für die Sklaven tun. Sobald genug frisches
Trinkwasser und Lebensmittel an Bord der Royal Sun waren, konnte man
auch die Sklaven auf die Royal Sun verladen. Doch so lange mussten
sie aus Sicherheitsgründen noch hier unten ausharren.
„Versteht
hier jemand englisch?“, rief Edan in das Gewirr dunkelhäutiger,
stinkender Leiber.
„Ich!“, meldete sich nach kurzem Zögern,
eine dunkle, tiefe Stimme. Die drei Soldaten schauten angestrengt in
die Tiefe des dunklen Bauchraumes, konnten aber bei besten Willen
nicht erkennen, woher die Stimme kam, oder wem sie gehörte.
„Sag
den anderen Sklaven, dass wir sie in Kürze nach oben bringen und sie
alle etwas zu trinken erhalten werden!“
„Wer seid Ihr?“,
meldete sich der tiefe Bass erneut.
„Britische Kriegsmarine!
Wir beschlagnahmen dieses Schiff und die gesamte Ladung!“
„Was
geschieht mit uns?“
„Wir bringen euch nach Kuba zurück, wo
ihr freigelassen werdet, so wie es der Vertrag von 1808 vorsieht! Ihr
seid freie Menschen!“
Edan hörte ein tiefes, verbittertes
Lachen.
„Dann tötet uns besser gleich!“
„Ist dir deine
Freiheit so wenig wert?“
„Freiheit? Auf Kuba?“ Wieder war
nur dieses zutiefst verächtliche Schnauben zu hören. „Sie mögen
uns dort vielleicht Emancipados nennen, frei sind wir deshalb noch
lange nicht. Wir werden weiterhin wie Sklaven schuften müssen. Der
Staat wird uns genauso ausbeuten und mißhandeln wie die Patrones!“
„Wie heißt
du?“
„Bewembe!“
„Wieso sprichst du so gut
englisch?“
Wieder war ein kurzes, abfälliges Schnauben zu
hören. „Viele Besitzer, viele Sprachen!“
„Du klingst
gebildet. Wie kommst du auf dieses Sklavenschiff?“
„Die
übliche Geschichte. Ich bin davongelaufen, habe mich den
Aufständischen in den Bergen
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