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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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miteinander
gesprochen wurde.
    Solange die Flaute anhielt,
waren die täglichen Arbeiten an Bord schnell verrichtet, es gab
wenig zu tun und wer nicht zur Wache eingeteilt war oder zu arbeiten
hatte, saß müßig herum. Die Langeweile und das Nichtstun, fachte
die Spannung und das gegenseitige Misstrauen nur noch weiter an.
Die
Tötungsaktion hatte die Kluft zwischen Offizieren und Mannschaft
weiter verschärft. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen legten die
Offiziere ihre Waffen auch nachts nicht mehr ab und gingen nur noch
zu zweit oder zu dritt auf die Decks der Mannschaft, um die Arbeiten
zu überwachen.
Den größten und unübersehbarsten Riss gab es
jedoch zwischen dem Captain und seinem ersten Offizier. Hatte es
zuvor schon immer unterschwellige Spannungen zwischen den beiden
gegeben, so waren sie jetzt für jedermann offensichtlich. Edan
Chandler war durch seine Grösse schon immer eine imposante
Erscheinung gewesen, doch seit zwei Tagen war er nicht mehr derselbe.
Er war wie ausgewechselt. Ihn umgab plötzlich etwas Beängstigendes,
etwas Beunruhigendes, das niemand so richtig in Worte fassen konnte.
    Die Matrosen fröstelten
unter seinem starren Blick und der Eiseskälte, die plötzlich von
ihm ausging. Er sprach nur noch das Notwendigste. Seine Befehle waren
leise, kurz und präzise. Um seinen Mund lag ein harter,
entschlossener Zug, der vor zwei Tagen noch nicht dagewesen war.
Äußerlich wirkte Chandler seltsam ruhig und gefasst. Doch jeder
konnte spüren, dass unter seiner Oberfläche etwas unglaublich
Gefährliches zu schwelen begonnen hatte. Etwas, das er im Zaum
hielt, das aber nur darauf wartete los gelassen zu werden. Der
Commander wirkte wie eine gereizte Viper, die angespannt, aber
geduldig wartete, bis ihr Opfer nah genug herangekommen war, um dann
urplötzlich zuzustossen und den tödlichen Fang in sein Opfer zu
bohren!
Auch Captain Pickett war die Verwandlung seines ersten
Offizieres nicht entgangen. Mit zunehmendem Unbehagen stellte er
fest, dass er seinen Commander völlig falsch eingeschätzt hatte.
Eigentlich hatte er erwartet, dass das Mordkommando aus seinem ersten
Offizier einen gebrochenen Mann und einen gefügigen Handlanger an
seiner Seite machen würde. Einen, der von nun an willenlos und
ergeben all seine Befehle ausführen würde und von dem er von da an,
nichts mehr zu befürchten hatte. Doch das genaue Gegenteil war
eingetreten. Chandlers Oberfläche war wie immer glatt und ruhig. Zu
ruhig! Dieser Mann verbreitete eine derart tödliche Ruhe, dass
Picketts Nackenhaare sich immer häufiger zu sträuben begannen, wenn
der Commander sich ihm näherte. Dieser junge Mann war ihm nicht mehr
geheuer und das beunruhigte ihn zutiefst.
    Der Commander führte zwar
wie gewohnt alle Befehle vorbildlich aus, er widersprach auch nicht
und dennoch gelang es diesem jungen Bastard auf unerklärliche Weise,
ihm, dem Captain, unmissverständlich klarzumachen, welch tiefe
Abscheu und Verachtung er für ihn empfand. Die ganze Mannschaft
bekam das mit und zollte Chandlers stummem Protest Beifall, obwohl
auch an den Händen des Commanders, das Blut ihrer Kameraden klebte.
Pickett wertete den stillen Beifall der Mannschaft insgeheim als
Angriff auf seine unumschränkte Autorität. Was den Captain jedoch
am meisten ärgerte war, dass er kein Mittel fand, um Chandlers
stummen Protest zu stoppen. Erst nach längerem Grübeln wusste
Pickett endlich, dass es Chandlers Augen waren, in denen zu lesen
stand, welche tiefe Verachtung und Abscheu er für ihn, den Captain,
empfand. Es machte Pickett rasend, dass er Chandler für seine
anklagenden Augen nicht bestrafen konnte. Chandlers Gesicht war
ansonsten eine undurchdringliche, starre Maske, die keinerlei
Gefühlsregung verriet. Nur seine dunklen, lodernden Augen sandten
eine unmissverständliche Botschaft: Er hielt seinen Captain für den
schlimmsten, menschlichen Abschaum, den es auf Gottes Erdboden gab!
Das Unbehagen des Captains gegenüber Chandler wuchs von Stunde
zu Stunde. Er beschloss, seinen ersten Offizier ab sofort nicht mehr
aus den Augen zu lassen und ihm auf keinen Fall mehr den Rücken
zuzudrehen.
    Die Männer der Royal
Sun kämpften bis an den Rand der totalen Erschöpfung gegen den
verheerenden Sturm an, der sich erst in den frühen Morgenstunden
langsam zu legen begann. Als die ersten zaghaften Sonnenstrahlen
durch die noch immer bedrohliche Wolkenwand brach, brandete Jubel
auf. Die Royal Sun hatten dem Teufel erfolgreich einen weiteren

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