Wenn es daemmert
ihn gerne hätte, und wahrscheinlich gehörte der Umstand, dass er einen Hauskauf in der unmittelbaren Nachbarschaft einfach verschwieg, auch auf skurrile Weise zu diesem Unterfangen.
Unweigerlich musste Cedric nun wieder an Pepa denken und daran, wie er Sonntagnacht im Bett gelegen und versucht hatte einzuschlafen. In der Aufregung hatte er sie für eine Weile vergessen. Er schlief über diesen Gedanken ein, wurde aber nur kurze Zeit später schon wieder wach, weil ihm ein modriger Geruch in die Nase stieg. Geradezu panisch richtete er sich auf und tastete nach dem Lichtschalter. Doch noch bevor er das Licht angemacht hatte, sah er im schwachen Dämmerlicht eine helle, fast weiße Gestalt. Sie stand am Fußende seines Betts und verströmte den Geruch.
»Keine Angst, ich bin’s, Pepa«, flüsterte sie und kam näher. Ein Gespenst wäre mir lieber, dachte Cedric, denn als sich seine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten und er wieder ruhiger atmete, sah er, wie schmutzig sie war. In ihren Haaren hingen Spinnweben. Sie hatte sich in eine alte, weiße Tischdecke gewickelt, der Himmel wusste, warum.
»Was – was soll das?«, fragte Cedric verwirrt. »Ich hab dir gesagt, du darfst nicht in mein Zimmer! Und wie siehst du überhaupt aus?«
Sie deutete an die Zimmerdecke.
»Du warst auf dem Speicher?«
Sie nickte.
»Warum?«
Pepa wollte sich auf sein Bett setzen, aber er konnte es gerade noch verhindern. Er sprang aus dem Bett, suchte und fand eine Plastiktüte in seinem Schrank, die er auf einen Stuhl legte, und bedeutete ihr, sich dorthin zu setzen. Sie gehorchte, nahm die Tischdecke von ihren Schultern und faltete sie zusammen. Dann legte sie sie in ihren Schoß.
»Warum hast du dich versteckt?«
»Matt«, sagte Pepa und zeigte in die Richtung von Matts Haus. Dann zog sie ein winziges Büchlein, vermutlich ein Wörterbuch, aus ihrer Hosentasche und blätterte darin herum. Was sie ihm zu sagen versuchte, ergab nur mit Mühe Sinn. Offenbar hatte sie Angst vor der Polizei, aber auch Angst vor Matt.
»Ich muss weg«, sagte sie. »Edinburgh.«
»Kennst du dort jemanden?«
Sie nickte.
»Gut, dann nimmst du morgen den Zug nach Edinburgh. Die Polizei ist jetzt weg. Und Matt kann dir auch nichts tun. Warum hast du Angst vor ihm?«
»Nicht Angst vor Matt«, sagte sie. »Ich war im Haus. Gestern.«
Cedric verstand langsam. »Als er ermordet wurde?«
Sie nickte.
»Hast du gesehen, wer ihn …«
Sie starrte ihn nur an, riesige Augen in einem kleinen, weißen Gesicht, das unter den langen, dunklen Haaren verschwand.
»Das musst du der Polizei sagen!«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein! Keine Polizei! Ich …« Sie blätterte wieder in ihrem Wörterbuch. »Illegal«, sagte sie.
Wahrscheinlich hatte sie irgendwo etwas geklaut und traute sich deshalb nicht, mit der Polizei zu reden. »Dann sag mir, wer es war«, sagte Cedric.
Pepa schüttelte wieder den Kopf. Cedric sah, dass es aus ihrem Haar staubte und dass sich die Spinnweben langsam daraus lösten. Nicht auf meinen Teppich, bitte, dachte er, und ihm wurde übel.
»Keiner darf mich sehen. Ich muss weg. Ich kann nicht sagen, wer.«
Wäre Cedric halbwegs ausgeglichen und annähernd stabil gewesen, hätte er sie in diesem Moment überredet, ihm zu sagen, vor wem sie sich fürchtete – und wer Matts Mörder war. Cedric war sich dessen sogar bewusst, aber er konnte nicht anders. Er sah nur den Staub, die Spinnweben, den Dreck, roch den Moder, der von der alten Tischdecke ausging. Er musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszuwimmern oder zu würgen. Er wollte wegrennen, sich im Bad einschließen, vor alledem flüchten, und er wusste, es gab jetzt nur noch eine Möglichkeit für ihn, die Nerven zu bewahren: Pepa musste sich waschen.
Er schickte sie in sein Badezimmer und sagte ihr mindestens fünf Mal, dass sie hinterher alles ganz sauber machen musste. Es durfte kein Haar irgendwo herumliegen.
Als sie fertig war, sprühte er noch einmal alles mit Desinfektionsspray ein. Er bat sie, die Handtücher, die sie benutzt hatte, in ihren Koffer zu stecken, auch wenn sie noch nass waren. Pepa tat alles, was Cedric ihr sagte. Manchmal zögerte sie kurz, weil sie den Grund für seine Anweisungen nicht verstand. Aber Cedric merkte schnell, dass in diesem Fall eine Erwähnung der Polizei half und sie dazu brachte, ihr Tun zu beschleunigen.
Warum Pepa ihm vertraute und nicht den beiden anderen, wusste er nicht. Schließlich konnte keiner der drei etwas mit dem
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