Wenn es daemmert
Gedanken lesen.
»Es gibt Leute, die eine Idee weniger verdienen als eine halbe Million im Jahr«, sagte sie scharf.
»Entschuldigung, ich habe gar nicht …«, begann er hilflos und dachte daran, dass er unmöglich eines dieser Häuser betreten konnte. Umso überraschter war er, als er das Haus der Hepburns in einem wunderbar aufgeräumten und sauberen Zustand vorfand. Die Einrichtung war zwar billig, zeugte aber von Fantasie und Liebe zum Detail.
»Sind Sie hier aufgewachsen, Miss Hepburn?«, fragte er.
»Nein, in Dunfermline. Seit ich bei der Polizei bin, habe ich eine eigene Wohnung in Glenrothes, damit ich es nicht so weit habe. Meine Eltern haben dieses Haus erst vor kurzem gekauft, als sie das Pub übernommen haben. Und es heißt ›Sergeant Hepburn‹, nicht ›Miss‹. Sie können auch Isobel sagen, wenn Sie möchten.«
»Danke. Cedric.«
Sie lächelte endlich und entspannte sich etwas.
»Ich finde es sehr hübsch hier«, fügte er hinzu. Ihr Gesicht verriet ihm, dass sie ihm nicht recht glaubte.
»Meine Eltern sind im Pub, wir können uns offen unterhalten.«
»Wo ist dein Chef, Brady?«
»In Glenrothes beim Chief Super, Lagebesprechung. Er kommt heute auch nicht mehr nach St. Andrews raus.«
»Hat er Familie?«
Sie schüttelte den Kopf. »Seine Frau ist ihm abgehauen.«
»Das überrascht mich gar nicht.«
Isobel holte zwei kleine Flaschen Mineralwasser aus der Küche und gab Cedric eine davon, ohne ihm ein Glas anzubieten. »Du wirst es nicht glauben, aber als er noch verheiratet war, war er fast zu ertragen.« Sie zögerte einen Moment, bevor sie sich an den kleinen Wohnzimmertisch setzte. »Das ist doch richtig so, ich meine mit der Wasserflasche, oder geht das auch nicht?«
»Doch, das ist wunderbar. Ich staune nur, dass du …«
»Ich hätte wohl den Beruf verfehlt, wenn mir das nicht aufgefallen wäre.« Wieder zögerte sie. »Hast du das schon immer?«, fragte sie. »Oh entschuldige, das war dumm von mir. Ignorier die Frage einfach.«
»Nein, nein«, er musste lächeln. »Es ist nur sehr ungewöhnlich, direkt darauf angesprochen zu werden. Die meisten tun so, als bemerkten sie es nicht.«
»Mina scheint auch darauf einzugehen«, erwiderte Isobel.
»Ja, dieser Tage bin ich bei den Frauen sehr hoch im Kurs, ich spreche offenbar Mutterinstinkte an.« Sie lachten beide. »Aber um deine Frage zu beantworten, nein, ich hatte das nicht schon immer. Es fing an, als ich mit der Schule fertig war. Im Grunde schon früher, aber richtig schlimm wurde es erst danach.«
»Und …« Sie unterbrach sich selbst. »Nein, entschuldige. Das geht mich nichts an.«
»Schon gut«, sagte Cedric.
Isobel wechselte das Thema: »Brady hat mich von dem Fall Barnes abgezogen. Von dem Brand in Minas Haus hat er mir auch nichts erzählt. Meine Mutter war dabei, als es anfing zu brennen. Sie sah einige Minuten vor dem Feuer zwei Männer aus dem Haus kommen und erzählte ihm davon, aber er hat es ignoriert und behauptet, Mina hätte das Feuer selbst gelegt. Nachdem ihr mich auf diese Au-pair-Agentur aufmerksam gemacht hattet, habe ich mir die Familie in Leven noch einmal genauer angesehen. Brady wollte das nicht, aber ich habe mich mit ein paar Nachbarn unterhalten, die mir sagten, dass das Mädchen dort nie gewohnt hat. Aber die Frau hat einen alleinstehenden Bruder. Er brachte das Mädchen manchmal mit. Es gab natürlich sofort Gerüchte, er hätte sich eine Frau aus dem Katalog bestellt und geheiratet.«
»Das kommt der Wahrheit relativ nahe«, bestätigte Cedric. »Hast du etwas über die Agentur erfahren?«
Isobel schüttelte den Kopf. »Ich musste aufpassen, dass Brady nichts mitbekommt, also konnte ich weder die Familie direkt noch diesen Bruder befragen.«
»Es kann doch nicht sein, dass Brady …«
»Doch«, sagte sie. »Er versteht sich mit seinen Vorgesetzten auch privat gut. Sie vertrauen ihm, und wenn es drauf ankommt, ziehe ich den Kürzeren. Wenn ich meinen Job los bin, kann ich gar nichts mehr machen. Also bin ich vorsichtig. Was ich aber tun kann, ist, mit meinem früheren Ausbilder zu reden. Er ist jetzt in Edinburgh und war nie ein großer Fan von Brady. Allerdings hat er in Fife nichts zu sagen. Vielleicht weiß er aber, was wir tun können.«
Sie sagte »wir«, was Cedric angenehm irritierte.
»Wenn es um Menschenhandel geht, ist ohnehin die SOCA zuständig.« Als sie sah, dass Cedric nicht wusste, wovon sie sprach, erklärte sie es ihm: » SOCA bedeutet Serious
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